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Donnerstag, 29. Dezember 2022

Kindred


Hallo meine Lieblingsleser,

vorgestern habe ich euch von einem Buch berichtet, von dem ich dachte, dass es ein neues Lieblingsbuch wird, aber dann war es leider nicht so. Heute allerdings kommen wir zu einem Buch, das das geschafft hat. Denn hier hatte ich sehr hohe Erwartungen und sie wurden erfüllt. Von den fünf Autoren, die ich dieses Jahr ausprobieren wollte, hat mich Octavia E Butler am meisten überzeugt, und ich werde definitiv mehr von ihr lesen.

Die Fakten:

  • Autor: Octavia E Butler
  • Titel: Kindred (dts. Kindred - Verbunden)
  • Erschienen: 2018 (zuerst 1979)
  • Verlag: Headline
  • Seiten: 295
  • Preis: 9,19 Euro
  • Klappentext: "When Dana first meets Rufus on a Maryland plantation, he's drowning. She saves his life - and it will happen again and again. Neither of them understands his power to summon her whenever his life is threatened, nor the significance of the ties that bind them. And each time Dana saves him, the more aware she is that her own life might be over before it's even begun."

Zur Handlung: Dana ist eine junge Frau in den 70er Jahren, die gerade mit ihrem Partner zusammengezogen ist. Auch wenn sie schwarz und er weiß ist, haben sie eine moderne, respektvolle Beziehung, in der Hautfarbe keine Rolle spielt. Doch dann beginnt Dana seltsame Anfälle zu bekommen, die sie Jahrzehnte zurück in der Zeit transportieren. In dieser Welt wird sie als Sklavin gesehen.

Ihre Aufgabe scheint dabei zu sein, den jungen Rufus zu retten, denn immer wenn sie zurückgerufen wird, befindet er sich in Lebensgefahr. Zurückkehren kann sie allerdings erst, wenn sie selbst in Lebensgefahr gerät, und ihre Aufenthalte in der Vergangenheit werden immer länger. Dana hat Angst, dass ihr wahres Leben ihr entgleitet, und sie weiß nicht, ob es richtig ist, dass sie einen weißen Sklavenbesitzer immer wieder rettet...

Dieses Buch wird als Sci-Fi-Klassiker gehandelt, da es hier um Zeitreisen geht, allerdings werden diese nicht wirklich erklärt oder haben irgendetwas mit Science zu tun. Ich wäre hier mit den Erwartungen also vorsichtig. Vielmehr ist es eine ganz eigene Art von historischem Roman, denn wir sehen hier aus der Perspektive der 70er Jahre auf die Zeit der Sklaverei in Amerika zurück. Dabei gelingt es der Autorin durch die moderne Hauptfigur bisher ungestellte Fragen aufzuwerfen und uns diese Welt durch einen vertrauten Blick zu zeigen.

Dana als Hauptfigur hat mir außerordentlich gut gefallen. Sie ist eine moderne junge Frau, die ihren Selbstwert weiß und schlau und ehrgeizig ist. Sie befindet sich in einer liebevollen Beziehung mit einem weißen Mann und hat einen guten Job. Doch die Reisen zurück in der Zeit stellen sie vor große Aufgaben, denn mit ihren modernen Werten riskiert sie hier ihr Leben. Sie wird in einevöllig andere Rolle gesteckt, die sie auch immer mehr annehmen muss, je länger sie in der Vergangenheit verbleibt. Trotzdem sind wir als Leser ja in ihrem Kopf und sehen, dass Dana dadurch nicht schwächer oder dümmer wird, sondern es geht ums Überleben.

Als Gegenstück zu Dana erleben wir Rufus. Auch dieser ist eine interessante Figur. Wir lernen ihn als kleinen Jungen kennen, der eher schwächlich ist und eigentlich eine gute Beziehung zu den Sklavinnen seines Vaters hat, denn diese haben ihn aufgezogen. Auch zu Dana entwickelt er eine Art Freundschaft, denn sie ist seine Retterin. Doch wir sehen, wie die toxische Umwelt diesen Jungen zu einem Ekel werden lässt. Wir sehen die schrecklichen Dinge, die dieser Junge tun kann, wenn er derjenige mit Macht ist. Und lange glaubt Dana, dass sie hier einen Einfluss hat, aber am Ende müssen wir mit ihr feststellen, dass ein Mann mit solcher Macht über andere kein guter Mensch sein kann. Diese Komplexität der Entwicklung fand ich wahnsinnig gut nachgezeichnet, sodass einem manchmal wirklich schlecht wird.

Wenn sich ein Buch mit Sklaverei beschäftigt, dann wissen wir, dass es sehr schwierige Szenen geben wird. Das bleibt auch in diesem Buch nicht aus, und gemeinsam mit Dana erleben wir schlimme Dinge. Manche davon beobachtet sie nur, andere passieren ihr selbst. Hier solltet ihr also bei Bedarf auch Content Warnings anschauen, vor allem mit Bezug zu körperlicher und sexueller Gewalt.

Die Handlung dreht sich dann um Danas Zeitreisen. Während sie in der Vergangenheit viele Jahre zubringt, vergehen in der Gegenwart nur wenige Tage. Tatsächlich beginnen wir das Buch mit dem Ende: wir erfahren, dass Dana schwer verletzt wurde und im Krankenhaus ist. Ihr Partner wird verdächtig ihr etwas angetan zu haben. Dann bekommen wir die Geschichte von Beginn erzählt. Ich mochte auch die Darstellung der Gegenwart, wie Dana versucht ihr Leben irgendwie unter Kontrolle zu halten, während sie absolut keinen Einfluss auf die Zeitreisen hat. Interessant fand ich auch, dass ihr Partner sie auf einer dieser Reisen begleitet, und wie das im Roman aufgearbeitet wird. 

Das Ende ist dann der Anfang. Wir erfahren, wie Dana tatsächlich verletzt wurde und wie sie das Problem der Zeitreisen schließlich beenden kann. Wir sehen, wie Dana sich durch diese Erfahrung verändert hat. Besonders gefallen hat mir auch der Umgang mit ihrer Beziehung am Ende. Ich hatte sehr Angst, wie eine Beziehung mit einem weißen Mann in so einem Buch behandelt werden könnte, aber das war unberechtigt. Insgesamt schafft es das Buch einfach, dass wir Danas Ringen mit sich absolut verstehen können. Die Komplexität des Themas wird so gut aufgearbeitet. Man kann es meiner Meinung nach nicht besser machen.

Alles in allem bekommt dieses Buch von mir eine absolute Leseempfehlung. Es hat mich wirklich begeistert, auch wenn das Thema natürlich kein schönes war. Die Komplexität des Themas, wie es hier dargestellt wird, geht so weit über schwarz und weiß hinaus. Dennoch zeigt es, wie toxisch diese Welt für alle Beteiligten war, wie es die Menschen vergiftet hat und heute viele noch von Gedanken der White Supremacy vergiftet sind. Es zeigt, dass alle Menschen unter einer solchen Gesellschaft der Unterdrückung und Versklavung leiden. Und es beleuchtet auch, wie viele Schattierungen Mut in einer solchen Welt haben kann. Das hat mir am besten gefallen.

Habt ihr das Buch schon gelesen? Es ist ja nicht umsonst ein moderner Klassiker.

Bis bald,
Eure Kitty Retro





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