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Samstag, 30. September 2023

Die Nacht der Könige


Hallo meine Lieblingsleser,

heute kommen wir zu einem etwas mysteriösen Buch, und deswegen müsst ihr meine Meinung auch mit etwas Augezudrücken lesen. Ich habe dieses Buch ohne Schutzumschlag in einem Bücherschrank gefunden, vor vielen Jahren. Jetzt habe ich es gelesen, und wie ich auf der letzten Seite bin, sehe ich, dass das Buch beschädigt ist und potentiell auch Seiten fehlen. Es kann also sein, dass ich nicht das richtige Ende gelesen habe, aber wenn, dann fehlen höchstens 1-2 Seiten. Ich denke, ich kann daher trotzdem meinen Eindruck berichten.

Die Fakten:

  • Autor: Stefan Beuse
  • Titel: Die Nacht der Könige
  • Erschienen: 2002
  • Verlag: Piper
  • Seiten: 212
  • Preis: 18,oo Euro
  • Klappentext: "Eine, höchstens zwei Wochen hofft Jakob Winter für diesen Auftrag zu brauchen. Dann will er seiner Familie in den Sommerurlaub folgen. Doch die Begegnung mit der rätselhaften Lilly führt ihn an die Abgründe seiner Existenz. Wer ist sie? Und warum versucht Jakob Winter verzweifelt, ihr näherzukommen?"

Zur Handlung: Unser Protagonist ist Werbetexter und während seine Familie in den Ferien ist, muss er noch einen wichtigen Auftrag für seine Firma an Land ziehen. Doch als er mit seiner attraktiven Kollegin bei dem Auftraggeber ankommt, ist er verwundert über die Assistentin des Mannes. Sie scheint völlig fehl am Platz, starrt aus dem Fenster und trotzdem zieht sie ihn wie magisch an.

Am Abend beim Essen in einem Restaurant sieht unser Protagonist sie wieder, und sie gibt ihm ein geheimes Zeichen. Daraufhin findet es eine Videokassette versteckt im Herrenklo, und damit beginnt für ihn eine Reise in die Vergangenheit zu einem Seminar für Führungspersonen, an das er sich nicht mehr erinnern kann. Was kann die Assistentin damit zu tun haben?

Dieses Buch beginnt erstmal sehr seltsam, irgendwie mit diesem komischen Mann und komischen Szenen mit toten Tauben, die vermutlich Stimmung erzeugen sollen. Aber alles braucht echt eine Weile, bis Spannung aufkommt. Die besteht dann mit der Videokassette auch kurz, bis dann plötzlich sehr viel semi-konsentioneller Sex dazukommt und irgendwie alles.... einfach endet? Es wirkte alles sehr zusammengestückelt, und unser Protagonist als Erzähler, dem wir offensichtlich nicht vertrauen können, weil sein Gedächtnis große Lücken hat, das hat auch nicht richtig funktioniert oder für Spannung gesorgt.

Jakob Winter, der im Buch die meiste Zeit nur Winter genannt wird, was mich unwillkürlich an Mr Winter in Rebecca erinnert hat, ist irgendwie halt ein Mann. So mittelmäßig, aber denkt sich größer als er ist. Er hat komische, sexuell aufgeladene Beziehungen zu den Frauen auf seiner Arbeit. Aber irgendwie auch nicht? Er hat auf jeden Fall eine Schraube locker. Er wirkt neurotisch. Sein charakteristischstes Merkmal ist sein Asthma. Könnte sonst jeder sein.

Drumherum haben wir dann seine Kollegin Tatjana, die irgendwie was Besseres verdient hat als Teil dieses Romans zu sein, die Assistentin Lilly, die die seltsamste Art von Manic Pixie Dreamgirl ist, was auch irgendwie Sinn macht, aber vielleicht auch nicht, und Dr Korff, der Auftragsgeber, der vielleicht auch mehr ist. Keiner der Charaktere bleibt einem im Kopf. Morgen werde ich sie alle vergessen haben.

Eigentlich entscheidend für das Buch ist dann ja eher der Thrill, oder die Handlung, die zumindest irgendwie spannend sein will. Aber wie gesagt, die Spannung kann es nicht lange halten. Am Ende wird auch eigentlich nichts aufgeklärt - sofern nicht ein substanzieller Teil in meiner Ausgabe gefehlt hat. Aber es scheint mir eher, als solle beim Leser ein ominöses Gefühl zurückbleiben, dass man am Ende eben einfach nicht schlauer ist als vorher. 

Und so verfolgt man in diesem Buch einfach den seelischen Abstieg von Jakob, ohne so richtig zu verstehen warum, oder was es nun eigentlich ausgemacht hat. Gibt es Konsequenzen für ihn? Wer weiß das schon. Eigentlich bleibt es für mich dann zum Großteil eher eklig, wie seine Gefühle zu der Assistentin und die verschiedenen sexuellen Handlungen beschrieben werden. Mädels, wenn euch jemand mal so behandelt, nehmt die Beine in die Hand. 

Alles in allem empfehle ich euch, von diesem Buch einen möglichst großen Abstand zu halten. Es ist es wirklich nicht wert, auch wenn man es an einem verregneten Nachmittag weglesen kann. Ich gehe mir nachher auf jeden Fall mal die Augen auswaschen. Das war es dann glaube ich für dieses Jahr auch mit meinem Ausflug zu den deutschen Autoren, irgendwie komme ich da (zumindest bei Fiktion) einfach nicht klar.

Habt ihr das Buch gelesen? Hat es mehr als 30 Kapitel? Würde mich interessieren.

Bis bald,
Eure Kitty Retro






Meine Bewertung:



Freitag, 29. September 2023

Chlorine


Hallo meine Lesefreunde,

gehen wir jetzt wieder etwas weiter zurück zu einem Buch, das ich im August für den Magical Readathon gelesen habe. Dieses Jahr sind gleich zwei Meerjungfrauen-Bücher erschienen, die mich sehr interessieren, und mit Chlorine besprechen wir jetzt das erste davon. Es ist eine Mischung aus Literary Fiction und Horror, wobei es sprachlich durchaus derb zugeht.

Die Fakten:

  • Autor: Jade Song
  • Sprecher: Catherine Ho, Imani Parks
  • Titel: Chlorine
  • Erschienen: 2023
  • Verlag: HarperAudio
  • Dauer: 8 Std 9min (ungekürzt)
  • Preis: 9,95 Euro (im Abo)
  • Klappentext:

    "Ren Yu is a swimmer. Her daily life starts and ends with the pool. Her teammates are her only friends. Her coach is her guiding light. If she swims well enough, she will be scouted, get a scholarship, go to a good school. Her parents will love her. Her coach will be kind to her. She will have a good life. But these are human concerns. These are the concerns of those confined to land, those with legs. Ren grew up on stories of creatures of the deep, of the oceans and the rivers. Creatures that called sailors to their doom. That dragged them down and drowned them. That feasted on their flesh. The creature that she’s always longed to become: the mermaid. Ren aches to be in the water. She dreams of the scent of chlorine, the feel of it on her skin. And she will do anything she can to make a life for herself where she can be free. No matter the pain. No matter what anyone else thinks. No matter how much blood she has to spill."

Zur Handlung: Ren und ihre Familie sind in die USA ausgewandert, als sie noch ein kleines Kind war. Alle haben ihr gesagt, wie viel Glück sie hat, doch sie fühlte sich einsam und fremd. Doch ein Buch half ihr durch schwere Zeiten, ein Buch voller dunkler Geschichten über sagenumwobene Wesen, die ihre Eltern vermutlich eher mit der Kleinen Meerjungfrau in Verbindung gebracht haben als mit den wahren Sagen.

Als Ren das Schwimmen für sich entdeckt, scheint sie ihrem Traum immer näher zu kommen. Ihr Körper scheint wie dafür geschaffen, schnell und geschickt durch das Wasser zu gleiten. Der Coach erkennt schnell, was für ein unglaubliches Talent sie hat. Ren steckt alle Energie ins Schwimmtraining, doch ihr wahrer Traum ist anders: in Wahrheit will sie endlich eine Meerjungfrau sein können.

Dieses Buch passt perfekt in einen Hot Girl-Summer, wenn ihr diesen Trend verfolgt. Natürlich ist der Sommer jetzt vorbei, aber blutig und dunkel geht es ja auch noch im Herbst zu. Diese Geschichte ist durchaus wütend, derb und gewaltvoll. Wir beobachten Ren dabei, wie sie ihre Obsession immer mehr vertieft und auslebt. Und teilweise wird es auch echt ein bisschen eklig.

Wie gesagt, die Sprache ist ziemlich derb und kann so auch abschreckend wirken. Ich denke aber, wenn ihr es durch die ersten Kapitel schafft, in denen es recht ausführlich und detailliert beschrieben um Rens erste Periode geht, dann kann euch das Buch nichts mehr. Ich bin da eher auf der prüden Seite, und war davon schon auch etwas herausgefordert. Gleichzeitig fand ich einige Beschreibungen auch durchaus passend, denn schließlich hat niemand gern seine Periode. 

Das Buch greift dann verschiedene Themen auf: der extreme Druck auf Teenagern in Amerika, die Leistungssport in der Schule betreiben, die Migrationsgeschichte der Familie, die Trennung der Eltern, nachdem der Vater beschließt nach China zurückzukehren, eine toxische Freundschaft mit Potential zu mehr, gleichzeitig das Außenseitersein in der Schule und im Schwimmteam, erste sexuelle Erfahrungen, und schließlich der obsessive Glaube, dass Ren eigentlich eine Meerjungfrau ist. Ich finde, dass das Buch es gut schafft, diese Themen miteinander zu verbinden und zu bearbeiten. Es entsteht ein guter Ton durch das gesamte Buch, den man entweder mag oder nicht. Für mich hat es funktioniert.

Wir bekommen neben Rens Erzählung aus dem Rückblick auch Briefe von ihrer besten Freundin präsentiert, die nach Rens Transformation in eine Meerjungfrau geschrieben sind. Daher wissen wir, was am Ende geschehen wird, aber es bleibt trotzdem auf eine gewisse Weise unklar, ob sie nun eine Meerjungfrau geworden ist - pder doch alles nur in ihrem Kopf war. Ich fand es interessant, wie wir durch die Briefe diese andere Sicht auf Ren und auch auf diese Freundschaft bekommen. Beim Thema sapphic love würde ich hier aber nicht zu viel erwarten, das bleibt sehr am Rande der Geschichte.

Was für mich dann nicht mehr ganz so gut funktioniert hat, war tatsächlich das Ende. Ich bin dann auch manchmal einfach nicht schlau genug, um die metaphorische Bedeutung hinter bestimmten Aspekten der Geschichte zu deuten. Deswegen fällt es mir auch schwer zu sagen, worum es nun eigentlich in diesem Buch geht. Ich denke, in gewisser Weise geht es vor allem darum, wie viel Druck auf Teenagern (mit Migrationsgeschichte) lastet, vor allem wenn sie Mädchen sind oder im Leistungssport tätig, und was so ein Druck mit einem machen kann. Aber die Feinheiten, da fehlt mir dann manchmal der Grips. 

Alles in allem empfehle ich euch das Buch, wenn ihr solche Hot Girl Summer-Bücher mögt, es auch mal brutal und blutig werden kann, wenn alltägliche Dinge berichtet werden, und ihr einem wütenden und derben Schreibstil etwas abgewinnen könnt. Auch ein offenes Ende sollte euch nicht stören, wenn ihr dieses Buch lesen wollt. Ich denke, dass hier schon viel Interessantes gemacht wurde, und ich bin mal gespannt, was die Autorin als nächstes schreibt.

Wie steht ihr denn zu den Meerjungfrauen? Ich wollte als Kind auch immer eine sein.

Bis bald,
Eure Kitty Retro





Meine Bewertung:



Donnerstag, 28. September 2023

Radikale Zärtlichkeit


Hallo meine Lieblingsleser,

ich stelle euch schon wieder ein Buch vor, direkt nachdem ich es beendet habe. Wer bin ich? Dieses Buch war ein Geschenk und das Cover allein ist schon so toll. Ich war sehr gespannt darauf, wie die Themen Zärtlichkeit, Liebe und romantische Beziehungen hier aufgearbeitet werden. Von der Autorin hatte ich noch nichts gehört oder gelesen, also eine Überraschung.

Die Fakten:

  • Autor: Şeyda Kurt
  • Titel: Radikale Zärtlichkeit
  • Erschienen: 2021
  • Verlag: Harper Collins
  • Seiten: 216
  • Preis: 18,00 Euro
  • Klappentext: "What is love? Ist die Liebe Sinn des Lebens, eine politische Allianz, Illusion oder Selbstzweck? Oder ist sie gar unmöglich, weil wir uns zwischen Zukunftsängsten, überhöhten Ansprüchen und diskriminierenden Strukturen völlig zerreiben? Şeyda Kurt nimmt unsere allzu vertrauten Liebesnormen im Kraftfeld von Patriarchat, Rassismus und Kapitalismus auseinander - und erforscht am Beispiel ihrer eigenen Biografie, wie traditionelle Beziehungsmodelle in die Schieflage geraten, sobald sich bei sicher geglaubten Wahrheiten Zweifel auftun. Wie also wollen wir wirklich lieben? Wen und wie viele? Wie kann er aussehen, ein radikaler Neuentwurf der Zärtlichkeit?"

Es handelt sich hier also um ein nichtfiktionales Werk, dass sich mit Zärtlichkeit und Liebe aus der Sichtweise einer umfassenden Kapitalismuskritik beschäftigt. Es ist keine wissenschaftliche Auseinandersetzung (auch wenn im Klappentext von Forschen geschrieben wird), aber es wird auf viele wichtige Texte und Autorinnen Bezug genommen, vor allem aus dem philosophischen und sozialwissenschaftlichen Bereich. Dadurch kann das Buch auch gute Anreize geben, wo man weiterlesen kann, wenn man denn möchte.

Die Autorin ist in Deutschland geboren, doch ihre Großeltern stammen aus der Türkei. Dadurch schreibt sie nicht nur aus einer weiblichen Sichtweise, sondern auch mit einem besonderen Fokus auf Rassismus. Sie lässt ihre eigenen Erfahrungen zum Thema einfließen, sowohl aus ihrer eigenen Beziehung als auch aus der Beziehung ihrer Eltern. Dabei war vor allem die Scheidung der Eltern für sie ein Moment, in dem viele feste Wahrheiten zu Liebe und Beziehung plötzlich ins Wanken gerieten. Es ist eine sehr spannende Perspektive, um sich diesem Themenfeld zu nähern, und ich habe gern darüber gelesen.

Neben dem Blick auf die Eltern lässt die Autorin aber auch einige Beispiele aus der türkischen Popkultur einfließen, so zum Beispiel Filme, die in den 60/70er Jahren in Istanbul gedreht wurden. Ich fand diese Beispiele sehr erfrischend, weil sie auch einen interessanten Kontrast zu heutigen Hollywood-Produktionen bilden und teilweise ganz offen gefragt haben, was Liebe denn nun eigentlich ist. 

Das Buch hat insgesamt neun Kapitel mit einigen Unterkapiteln. Die Struktur hat sich für mich allerdings nicht immer so klar ergeben. Besonders stark fand ich den Anfang des Buches, wo es um eine historische Einordnung unserer heutigen Vorstellungen von Liebe vor allem auch anhand von philosophischen Strömungen ging. Da war auch einiges dabei, das ist nicht wusste. Auch ihr Blick auf Monogamie und die rassistischen Vorstellungen zu Nicht-Monogamie fand ich sehr interessant. Danach fing das Buch dann aber an etwas auszufizzeln, ohne dass ich am Ende so den großen Knall erlebt habe, den das neue Konzept der radikalen Zärtlichkeit hätte auslösen können.

Ich glaube, die zweite Hälfte des Buches hat für mich dann einfach nicht mehr genug Neues gemacht, wie ich es mir gewünscht hätte. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass sie sich bei diesem Buch sehr stark auf einige wenige andere Schriften bezieht, sodass man sich teilweise beim Lesen fragt, warum man dann nicht einfach zu dieser anderen Schrift gegriffen hat. Da ist einerseits All About Love von bell hooks, und andererseits Warum Liebe Weh Tut von Eva Illouz. Ich habe beide Werke nicht in Gänze gelesen und kann deswegen hier keinen Vergleich anstellen, aber die Nummer der Bezüge und Zitate dazu war schon sehr auffällig.

Alles in allem hat mir das Buch aber gut gefallen. Ich habe einiges Neues gelernt, und werde sicher auch in Zukunft hier und da mal ein Kapitel nochmal lesen. Auch ist meine Neugier auf die anderen beiden genannten Bücher gestiegen. Ich finde, dass Şeyda Kurt hier ein sehr lesbares, durchaus radikales, aber trotzdem nachvollziehbares Buch über Liebe und Romantik geschrieben hat, das uns vermutlich allen gut tun würde zu lesen. Von mir gibt es also eine Leseempfehlung, wenn es euch interessiert.

Bis bald,
Eure Kitty Retro





Meine Bewertung:



Montag, 25. September 2023

Heimat - Deine Sünder


Hallo meine Lieblingsleser,

nachdem wir letzte Woche schon sowas Verrücktes gemacht haben und ein Buch direkt nach dem Beenden auf dem Blog besprochen haben, machen wir das heute direkt nochmal. Dieses Buch habe ich am Wochenende beendet für einen kleinen Readathon, wo man deutsche Autoren lesen soll. Ich habe in der Vergangenheit leider wenig Erfolg mit deutschen Autoren gehabt, aber durch einige Geschenke hatte ich ein paar Bücher parat. Dieses Buch war ein Geschenk von meiner Oma - und es hat ganze 0 Bewertungen auf Goodreads. 

Die Fakten:

  • Autor: Horst Lapp
  • Titel: Heimat - Deine Sünder
  • Erschienen: 1989
  • Verlag: Bertelsmann Club
  • Seiten: 240
  • Preis: gebraucht noch erhältlich
  • Klappentext: "Horst Lapp erzählt sein Leben. Es ist die Geschichte eines Außenseiters, der in seiner Jugend nur Hunger, Kälte, Prügel kannte, geschildert mit der Gelassenheit des naiven Beobachters und der Leidenschaft des Gepeinigten. Es ist die Geschichte eines Mannes, der es trotzdem schaffte."

Zur Handlung: In diesem Buch erzählt der Autor seine Lebensgeschichte so ziemlich von der Geburt bis zum Kennenlernen seiner zukünftigen Ehefrau. Wir denken damit ein paar Jahrzehnte ab, von mitten im Zweiten Weltkrieg bis in die 50er oder sogar 60er Jahre hinein, da bin ich gerade nicht ganz sicher. Sein Leben ist geprägt von großer Armut, da die Familie aus der Nähe von Straßburg in den Schwarzwald fliehen musste.

Der Autor hat dabei keine wirkliche Bildung erfahren. Ich bin kein Psychologe oder Sozialpädagoge, aber heute hätte er vermutlich eine Lern- oder anderweitige Entwicklungsstörung diagnostiziert bekommen, aber damals gab es sowas nicht. So ist er dann auch unvorbereitet in einer Welt, die immer mehr von ihm erwartet als er geben kann. Er gerät in viele Situationen, wo ich aus heutiger Sicht dachte, das muss man doch kommen sehen.... aber das ist immer leicht gesagt.

Dass der Autor erst spät im Leben Lesen und Schreiben lernte, und das Buch auch schon ein paar Jahrzehnte auf dem Buckel hat, merkt man dem Schreibstil leider sehr an. Die Süddeutsche Zeitung schrieb damals über den "literarisch unbeholfene[n]" Stil der Geschichte, da braucht ihr euch also keine großen Erwartungen machen. Ich muss gestehen, so oft das Wort "lieb" genutzt wurde, da ist mir schon übel von geworden. Alle sind, waren, schauen oder lächeln lieb. Die ganze Zeit. Vor allem Tiere. 

Neben den lieben Feinden (er versteht das Konzept überhaupt nicht und hat mit den französischen Kindern gespielt, von denen er sich fernhalten sollte) und den lieben Tieren gibt es dann viele gar nicht liebe Menschen in diesem Buch. Der Autor wird aufgrund seiner Naivität und seinem fehlenden Argwohn häufig ausgenutzt und ausgebeutet. Zweimal kommt er ins Gefängnis, das zweite Mal dann wirklich auch dämlich, also da tat das Lesen dann schon auch weh. Es ist ein Buch, dass in mir viele schlechte Gefühle ausgelöst hat, weil es viele schlimme Dinge darstellt und die Hilflosigkeit des Autoren immer wieder so im Zentrum steht.

Ein bisschen Spanisch kam mir auch vor, was für ein Anti-Nazi der Autor als Kind angeblich gewesen ist. Er berichtet immer wieder davon, wie er Essen stielt und Kriegsgefangenen zuschmuggelt, die ihn dann dafür lieben. Vielleicht war es so, wer weiß das schon...

Was ich am Erzählstil vor allem am Anfang auch nicht so mochte, ist, dass der Autor aus der Sicht seines damaligen Ich schreibt und somit keine reflexiven Anteile in die Geschichte einbaut. Ich mag es lieber, wenn die Autoren dann auch darüber reflektieren, warum sie bestimmte Ansichten hatten oder Entscheidungen getroffen haben, und ob das heute noch so wäre oder anders, was sie daraus gelernt haben. Auch mal ein ominöses "Das habe ich damals noch nicht verstanden, aber werde es später lernen" oder irgendwie so. Aber nein, das bekommen wir nicht.

Gerettet wird der Autor schließlich vor allem von Frauen. Das ist vielleicht auch ungewöhnlich für die Zeit, und ich finde es schön, wie offen der Autor damit umgeht. Es sind erstaunlich oft Frauen, die ihm zumindest ein bisschen das Gefühl geben etwas wert zu sein oder ihm etwas geben, was beim Überleben hilft. Aber es gibt auch einige Frauen, die in der Geschichte nicht so gut wegkommen. Gänzlich verstörend fand ich die sexuellen Beziehungen, die angedeutet werden, vor allem mit der Frau eines Aufsehers während er im Jugendgefängnis ist...

Alles in allem ist das Buch ein interessanter Blick auf Bildung und die Rolle, die Wissen in unserer Welt spielt. Es verdeutlicht, wie wehrlos ein Mensch sein kann, wenn er die Welt um sich herum nicht versteht und nicht mithilfe von Bildung erschließen kann. Es zeigt auch, dass die 50er keine Zeit waren, die ich zurückhaben will. Horst Lapp hat es dank eines Zufallstreffens mit einer wohlhabenden, hochgebildeten Frau im Ruhestand geschafft in ein gutes Leben, in dem er sogar Bücher schreiben konnte. Viele andere haben das nicht geschafft. Trotzdem kann ich das Buch nicht empfehlen. Wenn ihr ein Buch über die Macht von Bildung lesen wollt, empfehle ich euch Educated (auf Deutsch Befreit).

Habt ihr je von diesem Buch gehört? Wo findet meine Oma sowas immer?

Bis bald,
Eure Kitty Retro





Meine Bewertung:



Samstag, 23. September 2023

In My Dreams I Hold A Knife


Hallo meine Thrillerfreunde,

heute mache ich etwas, das ich schon ewig nicht mehr gemacht habe: ich schreibe eine Review, direkt nachdem ich ein Buch beendet habe. Das ist völlig verrückt, aber gerade bei meinem schlechten Gedächtnis eigentlich die beste Art und Weise euch von meinen Leseerlebnissen zu berichten. Dieses Buch habe ich für den Jahres-Readathon im Rahmen von Orilium gelesen, denn ich brauchte ein Dark Academia-Buch. Das Genre und ich verstehen uns nicht immer sehr gut, aber dieses Buch hat mich schon länger interessiert und es war kostenlos auf Audible.

Die Fakten:

  • Autor: Ashley Winstead
  • Sprecher: Vanessa Johansson
  • Titel: In My Dreams I Hold A Knife
  • Erschienen: 2022
  • Verlag: Tantor Audio
  • Dauer: 10 Std 22min (ungekürzt)
  • Preis: kostenlos im Audible-Abo
  • Klappentext:

    "Ten years after graduation, Jessica Miller has planned her triumphant return to her Southern, elite Duquette University, down to the envious whispers that are sure to follow in her wake. Everyone is going to see the girl she wants them to see - confident, beautiful, indifferent. Not the girl she was when she left campus, back when Heather Shelby's murder fractured everything, including the tight bond linking the six friends she'd been closest to since freshman year. But not everyone is ready to move on. Not everyone left Duquette 10 years ago, and not everyone can let Heather's murder go unsolved. Someone is determined to trap the real killer, to make the guilty pay. When the six friends are reunited, they will be forced to confront what happened that night - and the years' worth of secrets each of them would do anything to keep hidden."

Zur Handlung: Jessica Miller hat einen der gewöhnlichsten Namen in den USA, aber mit Gewöhnlichsein will sie sich nicht abfinden. Als Kind hat ihr Vater immer von einer großen Karriere nach seinem Harvard-Studium geträumt, und diesen Traum hat Jessica übernommen. Nach Harvard hat sie es zwar nicht geschafft, aber dafür an ein anderes Elite-College. Und nun 10 Jahre nach ihrem Abschluss dort ist sie auch etwas geworden, beruflich erfolgreich, fit und schön. 

Als sie die Einladung zu ihrem 10jährigen Klassentreffen bekommt, kommen bei ihr aber auch andere Erinnerungen wieder hoch - an Heather, ihre Freundin und Mitbewohnerin, die im letzten Studienjahr ermordet wurde. Der Täter wurde nie gefasst, auch wenn alle denken, es muss Heathers damaliger Freundin Jack gewesen sein. Doch Jessica glaubt an Jacks Unschuld und hat zu ihm Kontakt gehalten. Er sagt, sie soll auf jeden Fall zum Treffen gehen, und dann bittet er sie, dass sie Eric, Heathers kleinen Bruder grüßt...

In diesem Buch folgen wir fast ausschließlich Jessicas Perspektive sowohl in der Jetzt-Zeit als auch in Rückblicken während des Studium. Wir sehen ihre enge Freundesgruppe, die campusweit bekannt war, und wie sich in diesem engen Gefüge aus Freundschaften und Liebe viele Geheimnisse verspinnen. Dabei geht es um die ungleiche Behandlung von männlichen und weiblichen Studierenden, aber auch im Fragen nach der Herkunftsklasse und vor allem dem Geld der Familie, neben den vielen persönlichen Belangen und Intrigen.

Jessica selbst kommt eher aus schwierigen Familienverhältnissen, die wir nach und nach mehr zu sehen bekommen. Daher stammt ihr ausgeprägter Wille es mit ihren guten Noten nach ganz ganz oben zu schaffen. Sie will damit nicht nur ihren eigenen Traum, sondern vor allem den ihres Vaters erfüllen. Gleichzeitig hat sie es nicht geschafft ein Stipendium für das Elite-College zu ergattern, sodass sie sich und ihre Familie damit in finanzielle Nöte bringt. 

Neben Jessica lernen wir die sechs Freunde kennen: ihre beste Freundin Caro, die aus einer extrem religiösen Familie stammt und das erste Mal Freunde findet, die charismatische Heather, der alles zuzufliegen scheint, worum Jessica mit Zähnen kämpft, der zurückhaltende Jack, dessen Eltern ebenfalls sehr religiös sind und vor denen er verbirgt, dass er nicht heterosexuell ist, dann Franky, der Football-Star, der ebenfalls den Traum seiner Vaters zu leben hat, der geheimnisvolle Coop, der Drogen verkauft um sich das Studium leisten zu können, und schließlich Mint, der Erbe eines Immobilienunternehmens, der Golden Boy. Und dann ist da noch Courtney, die im entscheidenden Moment die Gruppe verlassen hat und dann nie mehr richtig dazugehörte.

Nach und nach werden dann innerhalb von einem Abend und dem darauffolgenden Tag die Geheimnisse der Gruppe enthült. Dabei wird immer deutlicher, dass Jessica etwas vor sich selbst verdrängt hat, was den Fall am Ende vermutlich lösen können wird. Aber es wird auch deutlich, wie viele Personen ein Motiv gehabt hätten, Heather zu töten. Dabei fand ich es spannend, das wir den Fall nicht aus Perspektive von Eric, dem außenstehenden Hobby-Ermittler, sehen, sondern aus Perspektive einer Verdächtigen.

Das führt aber auch dazu, dass unsere Hauptfigur nicht immer super sympathisch ist, und wir im Verlaufe der Geschichte vielleicht auch schwere Vermutungen ihr gegenüber aufbauen. Mir hat das an sich gut gefallen, aber ich denke, das ist nicht für jeden. Da geht es einfach um den eigenen Geschmack. Auch wenn ich mit Jessica nicht unbedingt befreundet sein will, und sie für ihre über 30 Jahre manchmal noch wie ein Teenager wirkt, ich fand es passend für die Geschichte und ihren Hintergrund.

Alles in allem hat das Buch mich gut unterhalten. Ich fand es schön, dass ich die Reveals immer kurz bevor sie geschehen sind habe kommen sehen, sodass ich nicht das Gefühl hatte, die Charaktere stochern nur im Dunkeln, aber auch nicht, dass es so an den Haaren herbeigezogen war, dass man es nie kommen sieht. Es ist jetzt kein neues Lieblingsbuch, aber doch deutlich besser als ich bei dem Genre oft befürchte. Daher würde ich es empfehlen, wenn es euch interessiert.

Was ist denn euer liebstes Dark Academia-Buch?

Bis bald,
Eure Kitty Retro





Meine Bewertung:



Freitag, 22. September 2023

The Handsworth Times


Hallo meine Lesefreunde,

gestern habe ich euch von einem Buch berichtet, dass mir sehr gut gefallen hat und das super in die kommende Jahreszeit passt, und vielleicht wäre es sinnvoll da auch mit den Leseempfehlungen weiterzumachen. Aber heute zum Freitagabend will ich mich einfach ein bisschen aufregen, also kommen wir zum schlechtesten Buch, das ich bisher dieses Jahr gelesen habe.

Die Fakten:

  • Autor: Sharon Duggal
  • Titel: The Handsworth Times
  • Erschienen: 2016
  • Verlag: Bluemoose Books
  • Seiten: 238
  • Preis: 11,50 Euro
  • Klappentext: "Mukesh Agarwal sits alone in the Black Eagle pub, unaware that a riot is brewing or that Billy, his youngest son, is still out on his bike... A mile away, at home in Church Street, Anila, one of the three Agarwal girls, is reading Smash Hits and listening to Radio One as she sprawls across the bottom bunk, oblivious to the monumental tragedy that is about to hit her family. It is 1981 and Handsworth is teetering on the brink of collapse. Factories are closing, unemployment is high, the National Front are marching and the neglected inner cities are ablaze as riots breakout across Thatcher's fractured Britain. The Agarwals are facing their own nightmares but family, pop music, protests, unexpected friendships and a community that refuses to disappear all contribute to easing their personal pain, and that of Handsworth itself."

Zur Handlung: Am Tag als Billy während eines großen Protestes von einem Krankenwagen überfahren wird, zerbricht etwas in der Familie Agarwal. Kein Familienmitglied ist auf diesen Trauerfall vorbereitet. Der Vater versinkt in Alkoholismus, die Mutter in einem Putzwahn. Die älteste Schwester verschwindet so schnell sie kann an die Uni. Die anderen beiden Schwestern stürzen sich in Liebesaffären und kommunistische Jugendverbände. Der Bruder schwänzt die Schule und versteckt sich vor der Welt.

Aber die Welt hält nicht still, und so begleiten wir diese Familie über ein Jahr, während einige Familienmitglieder noch tiefer und tiefer im Morast versinken, während andere sich langsam wieder ans Licht arbeiten. Das alles spielt vor dem Hintergrund der 80er in Großbritannien, eine Zeit, in der es den meisten Briten in der Arbeiterschicht mehr als schlecht ging. Die gute Laune dürft ihr also direkt an der Tür abgeben.

In diesem Buch folgen wir einer indischen Familie in Großbritannien, womit wir nicht nur das Thema Klasse sondern auch ethnische Herkunft vertreten sehen. Es geht viel um die verschiedenen ethnischen Gruppen und inwieweit diese sich zusammenschließen können, wollen und sollen, um ihr Leben zu verbessern und sich Macht von der Regierung zurückzuholen. An sich sind das Themen, die mich generell interessieren.

Ich muss aber auch gleich dazu sagen, dass ich aufgrund des Klappentextes das Buch nie gekauft hätte. Da spricht mich nicht viel an. Auch die 80er mag ich eigentlich nur in der nostalgischen Stranger Things-Richtung. Hier kriegt man aber die 80er, wie sie eben waren: ziemlich scheiße. Ich habe das Buch tatsächlich in einer Buchbox erhalten, vermutlich im Jahr, als es rauskam. Seitdem hat es mich nie wirklich interessiert und so staubte es im Regal herum.

Entsprechend war ich dann auch nicht super enttäuscht, dass das Buch mir nicht gefallen hat. Vor allem mag ich nicht, wie alles so im Elend versinkt. Es gibt eigentlich keinen Lichtblick im ganzen Buch. Aber auch die schwierigen Themen, die hier aufgemacht werden, zum Beispiel Trauer, Alkoholismus, Zwangsgedanken, Vergewaltigung, Homophobie, und so weiter, werden nicht in einer Art und Weise diskutiert, dass ich daraus irgendetwas gewonnen hätte. Stattdessen wird das Buch irgendwie so zum Tragedy Porn, dass ich nur noch mit den Augen gerollt habe, wenn dieser Familie die nächste schlimme Tragödie passiert ist. Auf den wenigen Seiten ist kein Platz sich mit so vielen Themen sinnvoll auseinander zu setzen.

Die Charaktere wirkten für mich dann auch wie austauschbare Figuren, die eben irgendwie diesen ganzen Mist erleben sollten. Am meisten habe ich noch mit der Mutter gefühlt, die durch ihre Erziehung und die Ansichten ihres Ehemanns ja eigentlich eher passiv für alle sorgen soll, aber auch merkt, dass sie damit in dieser Welt und dem Elend nicht weiterkommen wird. Sie hat eine weiße Freundin, die sie immer wieder dazu motiviert, aktiver in ihre Familie und ihre Community einzugreifen. Die restlichen Figuren.... keine Ahnung. Der Vater ging mir so auf den Keks. Ich weiß, das ist eine schlimme Krankheit, aber so wie es hier dargestellt war, habe ich kein Mitgefühl gefunden.

Alles in allem bin ich froh, wenn ich dieses Buch langsam aber sicher vergesse. Trotz der wenigen Seiten hat es mich in eine absolute Leseflaute gebracht, und ich habe über eine Woche an diesem Buch gelesen. Jetzt darf es bald ohne schlechtes Gewissen in den Bücherschrank wandern, und vielleicht findet es so ja jemandem, der diesem Buch etwas abgewinnen kann.

Was war euer entäuschendstes Buch bisher dieses Jahr?

Bis bald,
Eure Kitty Retro





Meine Bewertung:



Donnerstag, 21. September 2023

Bryony and Roses


Hallo meine Lieblingsleser,

jetzt ist es fast schon wieder Herbst, nur noch ein Tag, und morgen soll es auch schon kalt werden. Paradoxerweise bedeutet das für meinen Lesegeschmack immer eine seltsame Mischung: schaurig und kuschlig. Eine Autorin, die ich in diesem Bereich nun für mich entdeckt habe, ist T Kingfisher. Sie schafft es, schaurige (oder hier eisige) Atmosphäre wundervoll mit kuschligen Themen zu verbinden. Dieses Jahr habe ich von ihr schon ein Buch gelesen, das ich euch heute vorstellen will. Es passt perfekt in die kalte Jahreszeit, die uns nun bevorsteht.

Die Fakten:

  • Autor: T Kingfisher
  • Sprecher: Justine Eyre
  • Titel: Bryony and Roses
  • Erschienen: 2015
  • Verlag: Tantor Audio
  • Dauer: 5 Std 51min (ungekürzt)
  • Preis: kostenlos im Audible-Abo
  • Klappentext: "Bryony and her sisters have come down in the world. Their merchant father died trying to reclaim his fortune and left them to eke out a living in a village far from their home in the city. But when Bryony is caught in a snowstorm and takes refuge in an abandoned manor, she stumbles into a house full of dark enchantments. Is the Beast that lives there her captor or a fellow prisoner? Is the house her enemy or her ally? And why are roses blooming out of season in the courtyard? Armed only with gardening shears and her wits, Bryony must untangle the secrets of the house before she - or the Beast - are swallowed by them."

Zur Handlung: Bryony ist mit ihrem Pony im Wald, mitten im Winter, in einem Schneesturm. Irgendwo in ihrem Leben muss sie einen großen Fehler gemacht haben, der sie hierher gebracht hat. Und der Fehler hat mit Gemüse zu tun. Denn Bryony liebt ihren Garten, und um ein paar Pflanzen aus einem benachbarten Dorf zu holen, hat sie sich auf diesen Weg gemacht, der nun vielleicht ihr letzter ist.

Doch bevor Bryony und ihr treues Pony ernsthaft zu Schaden kommen, steht vor ihnen plötzlich ein großes Schloss im Schnee. Ohne weiter zu zögern betreten sie es. Hier werden sie Schutz vorm Sturm finden und danach weiterreisen. Doch das Schloss ist nicht so leer, wie Bryony dachte. Darin lebt ein Biest, und dieses Biest wird Bryony zwingen im Schloss zu bleiben.

Wie ihr vielleicht jetzt schon ahnt, handelt es sich bei diesem Buch um eine Geschichte, die von der Schönen und dem Biest inspiriert ist. Allerdings ist Bryony nicht Belle, sondern es ist eher die Perspektive: was, wenn es mit Belle nicht geklappt hat. Bryony ist ein sehr anderer Charakter, sie kommt aus einer guten Familie, die allerdings nun verarmt ist. Sie lebt zusammen mit ihren Schwestern und unterstützt diese durch ihre Gärtnerarbeit. Sie vermisst das Leben in der gehobenen Gesellschaft nicht, sondern ist froh jetzt selbstbestimmter zu sein und keine hübschen, unpraktischen Kleider mehr tragen zu müssen.

Bryony als Hauptfigur hat mir richtig gut gefallen. Sie ist so, wie ich die Hauptfiguren in anderen Kingfisher-Bücher bereits kennen gelernt hatte. Vor allem ihre Gedanken am des Buches, wo sie sich im Wald verirrt, zeigen perfekt, was sie für ein Mensch ist. Neben Bryony haben wir dann das Biest. Das fand ich ziemlich passend zu der Version, die man auch aus anderen Geschichten wie der Disney-Verfilmung kennt. Gruslige Schale, weicher Kern. Die beiden haben tollen Banter miteinander. Das Biest hat aber auch ein großes Geheimnis und darf davon nie sprechen.

Damit kommen wir dann auch zum dunklen, etwas grusligen Teil der Geschichte. Während Bryony also im Schloss lebt und dort ihren kleinen Garten baut, fängt sie an sehr seltsame Träume zu haben. Auch ist sie überzeugt, dass jemand nachts in ihr Zimmer einbricht. Was es damit auf sich hat, verrate ich natürlich nicht, aber die Hintergrundgeschichte hier ist schon anders als bei Disney und daher auch mysteriös und hält auch die Spannung aufrecht.

Bryonys Schwestern fand ich auch super. Wenn diese dann erfahren, wo Bryony war und was ihr geschehen ist, reagieren sie so herrlich darauf. Vor allem eine Schwester, die gegen Ende dann noch mehr in alles mit verwickelt wird, habe ich sehr gefeiert. Wenn ihr allerdings aus dem Disneyfilm alle sprechenden Gegenstände besonders liebt, die gibt es hier so nicht. Allerdings hat das Schloss Ohren und erfüllt auch manchmal Wünsche.

Wie schon mit den anderen Kingfisher-Büchern habe ich hier eine Geschichte gefunden, die auf der Oberfläche lustig, humorvoll und ein bisschen frech ist, in den Tiefen aber auch gruslige und schaurige Momente hat. Das ist genau meine Mischung, und deswegen möchte ich euch das Buch für die kommenden Monate gern ans Herz legen. Ich persönlich kann mit der Geschichte von der Schönen und dem Biest eigentlich wenig anfangen, aber Kingfisher konnte mir selbst das verkaufen. Ich bin begeistert. 

Welche Bücher der Autorin habt ihr schon gelesen? Welches mochtet ihr am liebsten?

Bis bald,
Eure Kitty Retro





Meine Bewertung:



Dienstag, 19. September 2023

Girl Woman Other


Hallo meine Bücherfreunde,

heute kommen wir zu einem Buch, das ich wahrscheinlich nie gelesen hätte, wenn ich es nicht in der Bibliothek gefunden hätte. Ich hatte darüber viel Gutes, aber auch einiges Enttäusches gehört, und irgendwie war ich nicht sicher, ob das so in dem Format für mich ist. Aber no risk, no fun, heute findet ihr es heraus.

Die Fakten: 

  • Autor: Bernadine Evaristo
  • Titel: Girl, Woman, Other (dts. Mädchen Frau etc.)
  • Erschienen: 2019
  • Verlag: Penguin Books
  • Seiten: 452
  • Preis: 9,97 Euro
  • Klappentext: "This is Britain as you've never read it. This is Britain as it has never been told. From the top of the country to the bottom, across more than a century of change and growth and struggle and life, Girl, Woman, Other follows twelve very different characters on an entwined journey of discovery. It is future, it is past. It is fiction, it is history. It is a novel about who we are now.

Meine Bewertung der einzelnen Geschichten:

  • Ch 1 - Amma, Yazz, Dominique

Wir beginnen mit Amma, die ein Theaterstück inszeniert, was am Ende auch dafür genutzt wird, um verschiedene Stränge der Geschichten miteinander zu verbinden. Wir folgen auch ihrer Tochter, die nun studiert, und Dominique, Amma's bester Freundin, die in eine gleichgeschlechtliche toxische Beziehung gerät. Amma fand ich für den Anfang eher anstrengend, weil ich dieses ganze feministische Künstlerding nicht so interessant finde. Yazz mochte ich, sie ist auch der jüngste Charakter im ganzen Buch, auch wenn sie ein bisschen seltsame Ansprüche hat. Dominique war dann schon hart zu lesen, aber auch interessant. Es hat sehr gut gezeigt, dass es jedem passieren kann, in so eine ungesunde Beziehung zu geraten. Insgesamt für mich ein durchwachsener Anfang.

  • Ch 2 - Carole, Bummi, LaTisha

Mit Carole haben wir eine Figur aus benachteiligten Bedingungen, die es in eine sehr hohe Position schafft und darauf auch stolz ist. Bummi ist ihre Mutter und durch sie sehen wir, welchen Preis Carole und ihre Familie für ihren Erfolg bezahlen. LaTisha war Carole's Schulfreundin, aber ihr Lebensweg ist ein ganz anderer, mit drei Kindern, alle von verschiedenen Männern, bevor sie dreißig ist. In diesen Geschichten geht es viel um sexuelle Gewalt und Vergewaltigung, auch an Minderjährigen. Hier fand ich vor allem Bummis Perspektive interessant, die ihre Tochter nun an eine "weiße" Lebenswelt verloren hat. Für mich hätte so viel Vergewaltigung in so großem Detail nicht sein müssen.

  • Ch 3 - Shirley, Winsome, Penelope

Shirley ist Carole's Lehrerin gewesen, wir folgen ihr aber viel früher in ihrer Karriere. Winsome ist ihre Mutter und Penelope ist eine andere Lehrerin an der gleichen Schule, die allerdings älter als Shirley ist. Ich glaube, an sich hat mir dieses Kapitel am besten gefallen. Ich mochte den Blick auf das Schulsystem, wie Shirley voller Elan in diese Welt startet und dann über die Jahre demoralisiert wird. Wie das britische Schulsystem auch immer schlechter für benachteiligte Kinder wird. Die Geschichte von Winsom hat einen familialen Faux Pas, von dem ich schon gehört hatte und über den sich einige aufgeregt haben, aber das Leben ist eben kompliziert. Bei Penelope fragt man sich ein wenig, warum sie in diesem Buch auftaucht, aber es wird am Ende alles verbunden. Sie steht ein bisschen für die Altfeministinnen, für die Intersektionalität noch kein Konzept ist.

  • Ch 4 - Megan/Morgan, Hattie, Grace

Mit Megan bzw. im Laufe der Geschichte Morgan bekommen wir eine non-binäre Trans-Person präsentiert. Hattie ist deren Großmutter und Grace wiederum deren Mutter. Dieses Kapitel war nicht so meins. Die Trans-Geschichte fühlte sich sehr gezwungen an, als bräuchte die Autorin eine Plattform, um Transgender und Non-Binarität zu erklären. Das fand ich sehr schade. Die Geschichte von Hattie war ziemlich herzzerreißend, ihr eigener Vater hat ihr ihr Kind weggenommen und wer weiß damit gemacht. Und danach bekommen wieder seltsamerweise die Liebesgeschichte von Grace mit dem besagten Vater, was einfach sehr icky war. In der Geschichte geht es dann auch um Post Partum-Depressionen, aber ich weiß nicht, wie gut ich das Thema aufgearbeitet fand. Ein bisschen ein fragwürdiger Abschluss.

  • Ch 5 + Epilogue

An diesem Punkt werden viele der Figuren zusammengeführt, aber da in jeder Geschichte ja auch noch eine Handvoll Nebencharaktere existiert, war ich dann großteils nur noch maximal verwirrt, wer jetzt wer ist und wen kennt und woher. Der Epilog beantwortet dann noch eine Frage, hat mich aber leider emotional dann nicht so berührt, wie er sollte.

Alles in allem war das Buch tatsächlich eher nicht für mich. Es waren schon ein paar interessante Aspekte in den Geschichten, aber auch Vieles, was mich nicht weitergebracht hat oder mich nicht so interessiert hat. Ich fand auch die verschiedenen Timelines so verwirrend, weil wir nie Jahreszahlen zu den Geschichten bekommen und ich beim Generationenzurückrechnen einfach versage. Dadurch hat dann häufig auch Kontext für die Handlungen der Charaktere gefehlt. Ich bin nicht böse, dass ich es gelesen habe, aber werde es auch schnell vergessen.

Habt ihr das Buch gelesen? Wie hat es euch gefallen?

Bis bald,
Eure Kitty Retro





Meine Bewertung:



Freitag, 15. September 2023

Deutsche Heldensagen


Hallo meine Lieblingsleser,

für den Magical Readathon im letzten Monat hatte ich eine Leseaufgabe, die mir sehr schwer gefallen ist: ein Buch mit einem Schild auf dem Cover. Nach vielem Stöbern in meinen Regalen habe ich dann dieses Buch gefunden, dass ich vor Jahren aus dem Bücherregal meiner Mutter stibitzt hatte. Und es passte einfach perfekt.

Die Fakten:

  • Autor: Gretel und Wolfgang Hecht
  • Titel: Deutsche Heldensagen
  • Erschienen: 1969
  • Verlag: Insel-Verlag
  • Seiten: 409
  • Preis (einer aktuellen Ausgabe): 16,00 Euro
  • Klappentext (einer aktuellen Ausgabe): "Ob Dietrich von Bern oder Wieland der Schmied, ob Walther und Hildegunde oder Hilde und Kudrun: »Die Gestalten der großen deutschen Heldensagen sind keine Individuen, keine Charaktere im modernen Sinne des Wortes.« Die Sagen selbst gehören aber zum Kanon der überlieferten Weltliteratur, auch wenn wir ihre Autoren nicht kennen. Die »Recken« mit ihren mythischen Waffen und Tarnkappen eignen sich nicht als moralische Vorbilder oder nationale Heroen, ihre Geschichten, Kämpfe, Intrigen und Liebeswirren erzählen vielmehr beispielhaft von der menschlichen Sehnsucht nach Ruhm, Liebe und Anerkennung."

Meine Meinung zu den einzelnen Sagen:

  • Dietrich von Bern

Die ersten 90 Seiten füllen die Geschichten rund um Dietrich von Bern, wir beginnen die deutschen Sagen also im heutigen Italien (denn Bern steht wohl für Verona). An sich mag ich den Schreibstil und die distanziertere Erzählweise von Sagen. Allerdings ist es inhaltlich teilweise nur zum Lachen, teilweise macht es aus heutiger Sicht überhaupt keinen Sinn, vor allem wenn man alle Geschichten nacheinander liest. Vor Jahrhunderten wurden diese Sagen ja sicherlich in einzelnen Episoden erzählt, und so mussten sie inhaltlich nicht übergreifend Sinn machen. Es gibt so viele Personen, die Dietrich erst hasst, dann zu seinen treusten Gefährten macht, und einige davon sind dann wiederum Verräter und Dietrich tötet sie. Die Rolle von Frauen ist auch völlig haarsträubend und erklärt viel, womit wir uns heute noch herumschlagen. So ist eine Königin, die ihren Verehrer ausschickt, um Dietrich an ihren Hof zu holen, damit sie den Helden persönlich treffen kann, und dem sie ihre Hand verspricht, wenn er erfolgreich ist, natürlich schuld an dessen Tod, nicht Dietrich, der den anderen mit dem Schwert tötet. Und Dietrich reitet auch mit dem Kopf extra nochmal zu dem Hof, tötet auch noch den Bruder des anderen, um der Königin zu sagen, dass sie ihren Verehrer getötet hat.... klar. Auch das Heldenhafte hat mich in so vielen Momenten die Augenbrauen hochziehen lassen: ein Dorf von einem Riesen befreien, der es tyrannisiert, ist nicht ehrenvoll genug, lieber einen anderen Helden sonstwo zum Kampf auffordern. Soll das Dorf doch sehen, wo es bleibt. Auch die Rückeroberung seines Reiches macht absolut keinen Sinn. Dietrich gewinnt eine große Schlacht, danach verschwindet er für 30 Jahre zu den Hunnen und lässt sein Volk weiter unter den Besatzern leiden, bis alle seine Mannen getötet sind und er beschließt nach Hause zu gehen, weil hier ist ja jetzt nix mehr für mich... Ähhhh... ja, also diese Geschichte zeigt mir vor allem, dass die Mächtigen und Berühmten schon immer machen konnten, was sie wollten, und die Helden ihrer Geschichte waren. Ich denke, das ist für mich eine 2-Sterne-Geschichte.

  • Die Nibelungen

Die nächsten fast 100 Seiten widmen sich dem Nibelungenschatz. Diese Geschichte kannte ich in Grundzügen schon, und während sie durchaus stringenter ist als die vorhergehende Sage, haben wir doch die gleichen Themen von mächtigen Männern, die immer Helden sind, egal was sie tun, und Frauen, die nie im Recht sind, egal was ihnen angetan wurde. Wie sich der Hass von Brünhild auf Kriemhild fokussiert, obwohl ihr Ehemann und Siegfried sie betrogen und ihre Freiheit und ihr Reich genommen haben... wie die Brüder Kriemhilds zu einem Lehensmann wie Hagen halten, der das Leben ihrer Schwester zerstört... da muss man eben Lust drauf haben. Auch gab es hier ein bisschen zu viele Charaktere, sodass ich dann doch bei den Unwichtigeren den Überblick verloren habe. Trotzdem würde ich der Sage noch 3 Sterne geben.

  • Wieland der Schmied

Ok, diese Sage von rund 30 Seiten ist wirklich die ekelhafteste bisher. Wir folgen Wieland, der der Vater von Witege ist, den wir bereits aus der vorherigen Sage kennen, und auch seine Waffe und sein Pferd kommen hier bereits vor. Ich fand es daher ein wenig seltsam, dass die Sage jetzt erst im Buch ist und sie nicht chronologisch sind. Was diese Geschichte so eklig für mich macht, ist, dass die Rache Wielands daraus besteht zwei Kinder zu ermorden und eine junge Frau zu vergewaltigen, die dann für das Happy End natürlich noch seine Ehefrau wird. Da kann ich nur 1 Stern geben.

  • Walther und Hildegunde

Diese mit etwa 30 Seiten auch eher kurze Sage fängt eigentlich ganz gut, wir ahnen schon eine Liebesgeschichte im Kern des Ganzen. Leider verliert sie sich dann aber am Ende in eine Aufzählung, wer jetzt wen wie tötet. Hier bekommt man allerdings eine andere Sicht auf Hagen als im Nibelungenlied, deswegen frage ich mich auch hier, warum die Anordnung der Sagen nicht chronologisch geschehen ist. Ich gebe 3 Sterne.

  • Ortnit und Wolfdiertrich

Mit etwa 70 Seiten ist diese Sage wieder etwas länger. Diese Geschichte hat mir tatsächlich ganz gut gefallen, auch wenn die Struktur etwas seltsam ist, da wir erst von einem Königreich, dann von einem anderen Königreich lernen. Aber immerhin gab es (fast) keine Vergewaltigung (immerhin eine aus Mitleid???) und die Frauen wurden auch nicht für Dinge verteufelt, die sie nicht getan haben. Auch mit den Drachen und so fühlte es sich einfach nach der Art Sage an, die ich hier eigentlich suche, deswegen gebe ich 4 Sterne. Mir ist allerdings nicht ganz klar, wann diese Geschichte zeitlich spielt, weil es glaube ich schon Verbindungen zu den anderen gibt, zumindest mit dem Schauplatz des Lampartenlandes?

  • Hilde und Kudrun

Und die letzte Sage nochmal etwa 60 Seiten. Diese letzte Geschichte mochte ich, da sie sich viel stärker um Frauen dreht als die anderen. Allerdings ist sie auch unglaublich repetititv, vor allem, wenn man vorher schon die Geschichten über alle entführten Jungfrauen und ihre sturen Väter gelesen hat. In dieser Geschichte werden nämlich gleich zwei Frauen entführt, weil ihre Väter sie nicht verheiraten wollen. Da ich mich leider dann doch sehr gelangweilt habe, weil alles so nach Schema F läuft, gebe ich 3 Sterne.

Insgesamt kann ich es nicht empfehlen, diese Sagen so wie ein anderes Buch zu lesen. Es ist extrem repetitiv, weil die Motive immer wieder die gleichen sind, nur mit verschiedenen Charakteren und Orten. Aber es war schon trotzdem interessant, es bisschen darüber zu lesen, und vor allem die Anmerkungen der Autoren am Ende haben mir sehr gut gefallen. Ich hätte mir gewünscht, dass diese entweder als Vorwort oder als Notizen zu den einzelnen Sagen direkt im Buch gestanden hätten.

Wie steht ihr denn zu alten Sagen? Total spannend oder alt und verstaubt?

Bis bald,
Eure Kitty Retro





Meine Bewertung: