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Freitag, 12. Februar 2021

GRM


Hallo meine Lesefreunde,

heute kommen wir zu einem Buch, das ich letztes Jahr zum Geburtstag bekommen hatte. Eigentlich habe ich da eine klare Policy - bis zum nächsten Geburtstag müssen diese Bücher gelesen werden. Allerdings ist das so ein dicker Schinken, dass ich ihn zwar auf vielen TBRs hatte, aber dann doch irgendwie immer nicht gelesen habe im letzten Jahr. Damit war es nun allerhöchste Zeit.

Die Fakten:

  • Autor: Sibylle Berg
  • Titel: GRM
  • Erschienen: 2019
  • Verlag: Kiepenheuer und Witsch
  • Seiten: 634
  • Preis: 25 Euro
  • Klappentext: "Die Überwachungsdiktatur ist fast perfekt. Jeden Tag wird ein anderes Land im Westen autokratisch. Algorithmen ersetzen Menschen, Menschen ersetzen einander, es gibt kaum noch Platz für Träume, außer in der Musik. Aber vier Jugendliche versuchen sich in einer Revolution. Begleitet von Grime, der besten britischen Erfindung seit Punk. Das ist keine Dystopie. Es ist die Welt, in der wir leben, heute und vielleicht morgen. Es wird nicht schlimm, nur - anders. Willkommen in der Welt von GRM."

Zur Handlung: In dieser Geschichte geht es um Don, auf der Suche nach ihrem Gender, steht auf Grime, eine aggressive Musikrichtung, hat kein Glück mit ihrer Familie gehabt. In dieser Geschichte geht es um Hannah, eigentlich sehr behütet aufgewachsen und dann nicht mehr, jetzt allein auf der Welt. In dieser Geschichte geht es um Peter, ein polnischer Junge, vielleicht austistisch, von der Mutter in einem fremden Land verlassen. In dieser Geschichte geht es um Karen, zu schlau für ihr eigenes Glück, hat allen IQ ihrer Familie abbekommen.

Diese vier Kinder finden in Lochdale in England zusammen, eine Gegend, die schon abgehängt war, als es noch keinen der vier gab. Sie beschließen aufzubrechen und etwas Neues zu wagen, etwas Großes. Aber ganz in der Manier ihres bisherigen Lebens werden sie von allem immer nur enttäuscht sein. Großwerden ist scheiße.

Zunächst möchte ich betonen, wie schön das Buch gemacht ist. Das Hardcover ist ohne Umschlang, ein toller Rotton und die weiße Schrift. Das fällt echt ins Auge. Das Buch ist auch echt schlank für seine über 600 Seiten, das Papier ist zwar dünn, aber sehr hochwertig. Also wirklich was fürs ins Regal stellen.

Leider kann ich über den Inhalt nicht im gleichen Maße schwärmen. Sofort sticht beim Lesen der Schreibstil heraus. Es handelt sich um einen andauernden Stream of Consciousness - wir lesen also ziemlich wahllos und durcheinander Gedanken der Charaktere mit. Und davon gibt es einige. Diese Gedanken sind meist nicht sehr political correct, meistens sehr rauh, sehr derb, sehr durcheinander. Am Anfang fand ich das total spannend, ü600-Seiten davon... not so much. Das nutzt sich sehr schnell ab.

Kapitel gibt es in diesem Buch keine, aber zwei Sprünge, die so ein bisschen wie Teile bilden. Dafür springen wir immer wieder durch die Köpfe von Charakteren - vielen Charakteren. Während Don, Hannah, Karen und Peter definitiv die Hauptfiguren sind, landen wir in einigen Köpfen und in manchen ist es echt nicht schön. Außerdem ist es übersichtlich - ich habe bei vielen Figuren am Ende keine Ahnung mehr gehabt, wer sie am Anfang waren. 

Am schlimmsten fand ich an diesem Buch, das eigentlich nichts passiert. Und wenn etwas passiert, muss man es sich aus den fließenden Gedanken irgendwie zusammenreimen. Ist mir nicht immer gelungen. Grundsätzlich hätte aber sicher alle Handlung auch auf 350 Seiten gepasst. Das hätte dem Buch echt gut getan. Irgendwie hatte ich in einer anderen Review gelesen, dass die Autorin sich wohl gern reden hört - so liest sich das Buch.

Natürlich ist das Buch total en vogue, weil so alles außer Corona darin vorkommt. Hätte es Corona 2019 schon gegeben, käme es auch darin vor. Und es wird alles echt schwarz gemalt. Da ist keine Hoffnung mehr auf irgendwas. Die Konservativen werden uns alles nehmen. Die Maschinen werden uns alles nehmen. Das Grundeinkommen wird uns alles nehmen. Dann kommen die Chips, die Massenüberwachung - und keinen wird es stören. Alle viel zu bequem. Also... keine Dystopie, eher fleischgewordener Pessimismus. Das Buch will damit gezielt edgy und cool sein, aber 640 Seiten sind too much, sorry.

Mit den Charakteren habe ich nicht wirklich mitgefühlt. Ich fand sie dabei nicht unspannend, nur ist eben nie was interessantes passiert mit ihnen. Sie waren so da, und das mit Absicht. Das ist das ganze Gefühl in diesem Buch: die Leute sind so da, und das mit Absicht. Machen nix, gucken nur zu. Die einzigen, die was machen, das sind die Bösen, und die sind wirklich hardcore ekelböse. Und eigentlich alles Männer, was auch nicht so realistisch ist. Und irgendwie geht es dann auch um Rache aber hab ich dann teilweise nicht verstanden. 

Das Ende ist dann auch so da. Irgendwie. Hab ich nicht verstanden. Werden wir gerettet? Von wem? Wer weiß. Und dann kommt ein Epilog, alle haben aufgegeben, sind angepasst. Keine Revolution. Ist das schlimm? Oder ist jetzt alles gut? Wie ging das eigentlich, nun doch alle gechipt? Wird nicht kommentiert. Na gut.

Also empfehlen kann ich das Buch nicht. Auf der positiven Seite fand ich die Charaktere interessant angelegt, der Schreibstil ist speziell und es lässt sich so gut weglesen. Auf der negativen Seite hat sich das Buch einfach zu doll ausgeleiert auf über 600 Seiten, nichts ist passiert, was passiert ist, habe ich oft nicht verstanden, und am Ende gibt es auch nix, was das Lesen gelohnt hätte. Also kann man machen, muss nicht.

Kennt ihr das Buch oder andere Bücher der Autorin? Eure Meinung wüsste ich gern!

Bis bald,

Eure Kitty Retro

 

PS: GRM steht übrigens für Grime - die Musikrichtung im Buch. Brainfuck für eine Programmiersprache, die ein Charakter spricht? Wird im Buch nicht erklärt, habe ich mir so im Internet ergooglet.

 

 

 

Meine Bewertung:



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