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Mittwoch, 9. Januar 2019

Als ich Amanda wurde

Hallo meine Leser*innen,

heute mal eine ganz förmliche Anrede, wie sie in meinem Alltag dauernd vorkommt. Seit einigen Jahren bemühen sich vor allem Universitäten, aber auch andere öffentliche und nicht-öffentliche Einrichtungen darum, anzuerkennen und zu wertschätzen, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt. Kürzlich wurde nun beschlossen, dass es in Zukunft neben männlich und weiblich auch divers geben wird. Diese Entwicklungen sind nicht vom Himmel gefallen, sondern Ergebnis langer Kämpfe und Debatten, die mutige Menschen geführt haben. Heute geht es um - meines Wissens - das erste Buch über eine Transfrau, die von einer Transfrau geschrieben wurde. Wenn ich mich täusche, korrigiert mich bitte. In dieser ganzen Debatte möchte ich nur kurz noch vorweg sagen, dass wir alle nicht perfekt sind und ich vielleicht falsche Ausdrücke verwende oder eurer Meinung nach nicht die richtige Ansicht habe. Aber es geht nicht darum perfekt zu sein, sondern darum dazuzulernen und offen zu sein. :)

Die Fakten:
  • Autor: Meredith Russo
  • Titel: Als ich Amanda wurde (Original: If I was your Girl)
  • Übersetzung: Barabara Lehnerer
  • Erschienen: 2017
  • Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
  • Seiten: 302
  • Preis: 10,95 Euro
  • Klappentext: "Früher war sie Andrew. Bei ihrem Vater in Tennessee, wo niemand sie kennt, möchte sie ein neues Leben beginnen. Zunächst scheint das auch zu klappen: Plötzlich gibt es Freundinnen statt Mobbing und bewundernde Blicke der Klassenkameraden. Doch dann verliebt sich Amanda. Mit Grant erlebt sie eine wunderschöne Zeit. Aber was wird passieren, wenn sie ihm von ihrer Vergangenheit erzählt?"

Zur Handlung: Amanda ist 18, als sie beschließt ihre Mutter und ihr Leben zurückzulassen und bei ihrem Vater neu anzufangen. Ihr Leben bisher war von Mobbing und Ignoranz geprägt. In den letzten Jahren hat sie sich einer Geschlechtsumwandlung unterzogen, doch ihre Abreise hat etwas mit einem gewaltsamen Zwischenfall zu tun. Sie kann kaum erwarten, als dies hinter sich zu lassen.

In der neuen Stadt in der neuen Schule jedoch wird Amanda mit einer ganz neuen Welt konfrontiert. Sie findet drei ungleiche aber tolle Freundinnen, und verliebt sich sogar. Da sie die Neue ist, schwärmen viele Jungen für sie. Doch Amanda ist sich bewusst, dass ihr Leben auf wackligen Füßen steht, solange sie ihre Vergangenheit nicht preis gibt.

Zunächst möchte ich sagen, dass dieses Buch nicht perfekt ist, aber wichtig. Das sind zwei verschiedene Dinge. Ein wichtiges Buch sollte man auch lesen, wenn es nicht perfekt ist. Ich werde aber nicht, weil es wichtig ist, sagen, es ist perfekt. Das finde ich euch gegenüber nicht fair.

Beginnen wir mit Amanda als unserem Hauptcharakter. Sie ist 18 Jahre alt, aber wir bekommen auch immer Rückblicke zu der Zeit, als sie Andrew war oder kurz nach ihrer Umwandlung. Wir sehen sie in ganz unterschiedlichen Stadien der Verletzlichkeit und Stärke. Die meiste Zeit lernen wir sie aber als jemand kennen, der einfach ein ganz normaler Teenager sein möchte. Damit konnte ich mich irgendwie identifizieren und ich fand es leicht, ihre Ängst, Sorgen und vor allem Hoffnungen und Wünsche nachzuvollziehen.

Als besondere Charaktere möchte ich als nächstes Layla herausheben, denn sie hat mir sehr gut gefallen. Sie macht den Eindruck eines beliebten Mädchens in der Schule, hat aber auch eher untypische Freundinnen. Dennoch interessiert sie sich für Kleider und Mode. Aber eben nicht Stereotyp als Mean Girl. Gerade am Ende fand ich sie toll. Bee ist eine weitere Freundin, die Amanda kennen lernt. Sie ist das Gegenteil, eher unbeliebt in der Schule, nimmt heimlich Drogen, aber zeigt Amanda auch, dass in dieser Stadt nicht alle so straight sind, wie sie vorgeben. Bee hat eine tragende Rolle in der Geschichte, und einerseits kann man ihr nachempfinden, andererseits löst sie aber auch negative Gefühle aus. Als letztes sprechen wir über Grant. Er ist der Love Interest der Geschichte und ich mochte ihn sehr. Er hat auch ein paar Komplexe, aber generell ist er sehr liebenswert. Er tut viele Dinge für Amanda, die ich toll fand. Dennoch kriegt sein Charakter am Ende ein paar Kratzer...

Die Handlung ist generell natürlich vorhersehbar. Klar, hübsches Mädchen kommt mit dunklem Geheimnis an eine neue Schule, alles läuft super, was wird am Ende wohl passieren? Hier darf man einfach nicht zu viel erwarten. Das Buch lebt von den Charakteren und den Momenten, in denen wir Einsichten erhalten in ein Leben, das uns vielleicht ganz fremd ist. Ich schätze, dass viele Personen, die das Buch lesen, selbst nicht trans sind. Dafür gibt es am Ende des Buches auch noch einen kurzen Kommentar der Autorin, was ich gut fand. Und das macht das Buch im Wesentlichen aus.

Einige Teile dieses Buches sind sehr hart zu lesen. So erfahren wir in Rückblicken von prägenden Momenten aus Amandas Leben, die manchmal auch sehr rohe Emotionen zeigen, beispielsweise von den Eltern. Wir erfahren von Amandas Selbstmordversuch. Aber auch über ihre Freunde aus der Selbsthilfegruppe, die sie besuchte, bekommen wir Einblicke in schwere Schicksale. So hat mich der kurze Satz über Rhonda am Ende zum Weinen gebracht, weil Menschen manchmal einfach so scheiße sind. Auch Bee teilt mit uns eine erschütternde Geschichte. Und Grants Leben ist auch nicht einfach. Alles in allem muss man sich also gut überlegen, ob das Buch gut für einen ist oder vielleicht eigene Erinnerungen triggert.

Das Ende finde ich aber gut, denn es ist -Spoilerwarnung- eher ein realistisches aber glückliches Ende. Naja, irgendwo dazwischen. Und so wichtig es ist, die Härten eines Lebens als Transperson und vor allem Transfrau zu zeigen, so finde ich die Message auch wichtig, dass man dennoch ein glückliches Leben haben kann. Und das trifft auf so viele andere Dinge auch zu. Es ist heute vielleicht nicht für viele Personen, die ähnliches erleben, realistisch, aber es kann unser Ziel sein, dass es in Zukunft für mehr und mehr Leute so wird.

Alles in allem ist das Buch gut geschrieben und befasst sich mit einem wichtigen Thema. Einige Zeilen sind schwer zu verdauen und hinterlassen ein bedrückendes Gefühl, darauf muss man sich einstellen. Die Beziehung von Grant und Amanda ist vielleicht ein bisschen übereilt und passiert sehr schnell, aber das kann ich dem Buch verzeihen. Das Buch bleibt vorhersehbar, aber ist damit auch für jüngere Leser*innen geeignet. Aber es ist nicht perfekt und sicher nicht für jeden, was zeigt, dass wir noch viele Bücher mehr von Transautor*innen brauchen.

Kennt ihr das Buch? Wie hat es euch gefallen?

Bis bald,
Eure Kitty Retro






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