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Freitag, 21. September 2018

[Filmkritik] Call Me By Your Name

Hallo meine Freitagsfilmfreunde,

lange ist es her, dass ich mich ein wenig weggetraut habe von meinen Favoriten und einem neuen Film die Möglichkeit gegeben habe, mein Herz zu erobern. Nachdem das Hörbuch mich im Sommer absolut überzeugen kann, ich mir direkt das Buch bestellt habe, um es nochmal als Text zu lesen, erschien mir der 99ct Deal von Amazon für Call Me By Your Name zu verlockend. Heute möchte ich also mit euch über diesen Film sprechen.

Zur Handlung: Elios Sommer in Italien nimmt eine unerwartete Wendung, als der Gast seines Vaters, der einige Woche zu Besuch bleibt und dem Vater mit seinen Recherchen hilft, ein gutaussehender Mann namens Oliver ist. Dieser ist nicht nur kühl und leicht arrogant, sondern hat auch eine intelligente Ausstrahlung und zieht die Menschen um sich herum in den Bann.

Bald schon beginnt Elio nicht nur platonische Nähe zu Oliver zu suchen. Er hat Fantasien von ihm, schleicht sich heimlich in sein Zimmer und hofft auf die Erwiderung seines Verlangens. Und so ist dies vielleicht der erste Sommer in Italien, den Elio nicht gelangweilt und leicht lethargisch verbringt. Es ist ein Sommer, in dem er ein Stück mehr erwachsen wird.

Dieses Buch habe ich wie viele Bücher diesen Sommer zur richtigen Zeit gelesen. Und auch den Film habe ich jetzt zur richtigen Zeit gesehen. Er hat mir emotional sehr viel gegeben. Er hat mich an Dinge erinnert, an die ich erinnert werden musste. Und obwohl das so wichtig war, möchte ich versuchen, das bei dieser kleinen Kritik außen vor zu lassen.

Im Film werden wir direkt in die Situation geworfen. Es beginnt mit der Ankunft von Oliver, wir sehen die wichtigsten Charaktere innerhalb weniger Minuten durch das Haus von Elios Eltern flattern. Es gibt wenig Erklärungen. Ich hatte stets das Gefühl, dass ich den Film verstehe, weil ich das Buch und die Hauptpunkte kenne. Ich weiß leider nicht, wie sich der Film ohne Vorkenntnisse schaut, aber ich schätze, ich wäre verwirrt gewesen.

Vor allem merkt man direkt, was dem Film fehlt. Das Buch ist vor allem ein innerer Monolog von Elio, wir erfahren sehr wenig, was passiert, oder das nur am Rande, aber wir erfahren jede Sekunde, wie es sich für Elio anfühlt. Wir sind in seinem Kopf, wir erleben ihn, aber wir sehen ihn nicht zwangsläufig handeln. Wie übersetzt man das in einen Film? Natürlich nur sehr schwer. Vieles muss man aus Gestik und Mimik der Hauptfiguren ableiten. Gelegentlich ist Elio gezwungen, seine Gedanken laut mitzuteilen, damit sie auch bei uns ankommen. Das passt allerdings meiner Meinung nach gar nicht zum Charakter. In diesem Momenten wurde ich fast ein wenig aus der Handlung hinausgeworfen.

Die beiden Hauptdarsteller finde ich gut gewählt. Verwirrend ist natürlich, dass der Schauspieler, der Oliver spielt, das Hörbuch spricht, welches ausschließlich die Gedanken von Elio darstellt. Aber nach wenigen Minuten war ich darüber hinweg, und dann kam auch schon das altbekannte "Later", das mein Herz doch ein bisschen zum Stoppen brachte. Besonders hervorheben möchte ich in dem Zusammenhang noch Elios Vater, der wirklich wunderbar besetzt ist. Seine Rede am Ende des Films hat mich so kalt erwischt und ist für mich der emotionalste, wichtigste und beste Moment im ganzen Film.

Das Szenenbild ist natürlich wundervoll. Wer träumt nicht vom idyllischen Sommer in Italien, zwischen Pfirsischbäumen und gewundenen Gässchen im Sonnenschein. Allerdings fand ich es schade, dass der Teil in Rom gestrichen wurde. Sicherlich hätte man einfach nicht noch mehr in den Film packen können. Aber ich sehe Rom immer gern und hatte mich ein bisschen darauf gefreut. Das Haus und der Garten von Elios Familie sind aber perfekt eingefangen.

Ein bisschen Humor steckt auch in dem Film. Ich habe mich sehr über die Szene gefreut, in der die italienischen Bekannten so schnell sprechen, dass man den unten eingeblendeten Text gar nicht mitlesen kann. Muss man auch nicht, denn es trägt nichts bei. Einfach niedlich.

Das Buch thematisiert Sex sehr stark und auch teilweise ein bisschen zu grafisch für mich persönlich. Dass das nicht alles Einzug in den Film halten wird, war klar. Dennoch fand ich es ein bisschen schade, dass wir zwar ziemlich viel sexuelles Geräusch hören, während wir in Gebüsch schauen dürfen, die Konversation der beiden über sexuelle Krankheiten, Consent und ähnliches allerdings entfernt wurde. Dagegen bekommen wir den vollen Umfang der Pfirsisch-Szene. Danke dafür. Ich finde, 2018 sollten solche Gespräche in Filmen nicht übersprungen werden, auch wenn wir gern so tun, als müsste bei Sex immer sofort weggeblendet werden. Da habe ich bei der Verfilmung diesen Buches wirklich mehr erwartet. 

Alles in allem fand ich den Film in Ordnung, aber ich würde immer und immer wieder lieber das Buch lesen als den Film schauen, denn genau die wichtigen Aspekte kann der Film nicht transportieren. Elios Gedanken fehlen. Darum geht es. Und der Film bleibt für mich immer nur eine blasse Erinnerung, ein toller Hintergrund mit schönen Menschen. Aber er kann einfach nicht sein, was das Buch ist.

Habt ihr das ähnlich empfunden? Oder hat euch der Film so richtig mitgenommen?

Bis bald,
Eure Kitty Retro

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