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Sonntag, 2. Dezember 2012

Keine Zeit



Hallo ihr Bücherwürmer,

wir versprochen möchte ich heute näher von dem Buch „Keine Zeit – Wenn die Firma zum Zuhause wird und zu Hause nur noch Arbeit wartet“ erzählen. Bevor ich jedoch losblubbere, hier erst einmal die Daten zum Buch:


  • Autorin: Arlie Russell Hochschild
  • Übersetzung: Mechthild Oechsle
  • Erscheinungsjahr: 2006 (2. Auflage)
  • Seiten: 305
  • VS Verlag für Sozialwissenschaften
  • Preis: 24,95 Euro


Das Buch beschäftigt sich mit den Beschäftigten eines Betriebes in Amerika, der Amerco genannt wird. Dieser Betrieb gilt als familienfreundliches Unternehmen. Im Zuge eines Vortrages erhält Hochschild das Angebot, dieses Unternehmen zu beforschen. Für sie ist es eine Art Aufbaustudie auf vorherige Erkenntnisse, die sie bereits gewonnen hatte. Sie beschäftigte sich vorher eher mit dem Problem der Partnerschaftzufriedenheit, wenn beide Partner Vollzeit arbeiten.

Sie untersuchte das Unternehmen über drei Jahre, und nach anfänglicher Hoffnung, ein Unternehmen vorzufinden, das als Paradebeispiel für Familienfreundlichkeit gelten kann, stellt sie fest, dass die Maßnahmen, die angeboten werden, nur sehr beschränkt genutzt werden.

So nutzen viele zwar die Angebote, ihr Kind in einen extra für die Firma gebauten Kindergarten zu schicken, aber kaum ein Beschäftigter ging in Teilzeit, um mehr Zeit für die Familie zu haben. Auch kam es oft dazu, dass Teilzeitkräfte am Ende dennoch 40 Stunden die Woche arbeiteten. Hochschild beschließt also, diesem menschlichen Rätsel auf die Schliche zu kommen.

Tatsächlich stellt sie am Ende fest, dass es zu einem Wertewandel kommt, der sich auch darin ausdrückt, dass das Zuhause zunehmen als taylorisierte Arbeit wahrgenommen wird, bei dem man sich keine Pause erlaubt und alle Aktivitäten streng durchorganisiert, und die Arbeit wiederum viele Freizeitaktivitäten in sich aufnimmt, beispielsweise Gespräche mit Freunden, einfaches Bummeln und Trödeln, oder auch Sportaktivitäten und Essen. Durch diese Umkehrung ist es den Beschäftigten erlaubt, ihre Arbeit zunehmend als Zufluchtsort zu sehen, der sie vor dem Stress und der unangenehmen Arbeit zuhause beschützt.

Nichts desto trotz leiden darunter vor allem die Kinder, die jede Woche etwa 50 bis 60 Stunden im Kindergarten, bei Großeltern oder Babysitter sind. Anstatt mehr Zeit mit den Kindern zu verbringen, bürden sich die Eltern eine sogenannte „dritte Schicht“ auf, in der sie, nach Arbeit und Hausarbeit, dann auch noch ihre Kinder irgendwie besänftigen müssen, die mit den verschiedensten Methoden um mehr Zeit mit ihren Eltern kämpfen.

Geschrieben ist das Buch sehr einfach, weshalb wirklich jeder Mensch es lesen kann. Da es sich um eine qualitative Studie handelt, trifft man nicht auf Abbildungen, die man erst interpretieren muss, und einen Wust aus Zahlen, die keinen Sinn ergeben. Stattdessen werden Fallbeispiele genau erläutert und in die Theorie von Hochschild eingebunden. Das Buch lässt sich also ähnlich wie eine Erzählung lesen, auch wenn es auf tatsächlichen Erfahrungen beruht.

Spannend ist das Buch für alle Leute, die sich schon einmal gefragt haben, warum wir eigentlich alle arbeiten wie die Bekloppten. Ich persönlich stehe mit der kapitalistischen Erwerbsarbeit eh auf Kriegsfuß, was aber nicht heißen soll, dass ich deswegen ein Sozialist bin. ^^ Dennoch hat das Buch viele meiner Ansichten bestätigt, auch wenn es am Ende leider keine handliche Lösung des Problems gibt. Ihre Ideen des Auswanders und die einer Zeitbewegung helfen einem dann doch nicht, langfristig die Probleme zu lösen, die wir uns selbst machen, indem wir denken, es sei gut, mehr zu produzieren als die Welt überhaupt brauchen kann. :)

Für diese Lösungsansätze gibt es also definitiv Punktabzug. Ansonsten aber ein interessantes Buch, und ihr solltet nicht davor scheuen, es euch einmal anzusehen.

Ich hoffe, es hat euch ein bisschen gefallen,

Kitty Retro



Meine Bewertung:


- Dieses Buch ist Buchstabe K meiner ABC-Challenge-Teilnahme. -

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