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Sonntag, 12. Januar 2020

The Silence of the Girls

Hallo meine Historienleser,

ich liebe ja historische Romane, auch wenn ich das oft vergesse, und besonders mag ich Bücher, die in der Antike spielen. Darum hatte ich mir schon letztes Jahr zum Geburtstag The Silence of the Girls gewünscht, das den Trojanischen Krieg aus Sicht einer jungen Frau erzählt. Warum ich es dann so lange nicht gelesen habe? Weil ich manchmal vergesse, wie sehr ich solche Geschichten mag...

Die Fakten:
  • Autor: Pat Barker
  • Titel: The Silence of the Girls
  • Erschienen: 2018
  • Verlag: Hamish Hamilton
  • Seiten: 324
  • Preis: 16,35 Euro
  • Klappentext: "When her city falls to the Greeks, led to victory by the godlike warrior Achilles, Briseis's old life is shattered. Abducted and shipped to the Greek camp on the battleground at Troy, she goes from Queen to captive, from free woman to slave, awarded to Achilles as a prize of honour. She's not alone. On the same day, and on many others in the course of a long, bitter war, innumerable women have been wrested from their homes and flung to the fighters. As told in The Iliad, the Trojan war was a quarrel between men - over Helen, stolen from her home and spirited to Troy, a voiceless female icon of male desire. But what of the women in this story, silenced by their fates? What words did they speak when alone with each other, in the laundry, at the loom, when laying out the dead."

Zur Handlung: Briseis war eine Königin, bis zu dem Tag, als Achilles ihren Ehemann und ihre Brüder tötete und die Stadt einnahm, in der sie lebte. Als sie ihre Brüder sterben sieht, ist sie froh, dass ihre restliche Familie diesem Krieg bereits erlegen ist, dass ihre Mutter das nicht mit ansehen muss. Während ein Mädchen ihrer Familie sich in den Tod stürzt, um den Griechen zu entkommen, hält Briseis am Leben fest.

Mit vielen anderen Frauen, hochwohlgeborene und niedere, wird sie nach Troja verschleppt, wo die Griechen seit fast 10 Jahren vor den Toren stehen. Dort tobt die Schlacht von zwei feigen Männern, die ihre beiden Krieger aufeinander loslassen - allen voran Achilles auf Seite der Griechen und Hector auf Seite Trojas. Die Schlachten sind bis heute bekannt - aber mit Briseis sehen wir alles von einer ganz neuen Seite. 

Dieses Buch möchte uns also die bisher unterschlagene Geschichte der Frauen im trojanischen Krieg berichten. Im ersten Teil, etwa dem ersten Drittel des Buches, bekommen wir genau das. Ab dem zweiten Teil bekommen wir aber aus irgendwelchen Gründen dann auch Kapitel aus der Sicht von Achilles, was mich ein wenig verwirrt hat und gleichzeitig irgendwie nicht ganz ins Konzept passte.

Hauptsächlich folgen wir aber Briseis in der Ich-Perspektive, sodass wir auch viel über ihre Gedanken und ihre Emotionen erfahren. Wir steigen ein mit dem Tag, an dem die Stadt, in der Briseis als Königin lebte, eingenommen wird unter der Führung von Achilles. Sie beschreibt, wie die Frauen sich verbergen und mit ansehen müssen, wie die Männer getötet werden. Danach folgen wir ihr und den anderen Frauen ins Lager der Griechen.

Briseis als Hauptcharakter ist an sich leicht nachzuvollziehen. Im ersten Teil mochte ich sie sehr. Allerdings haben mich am Ende dann doch einige Dinge gestört. Zunächst wird uns sehr Vieles berichtet, aber man kann selten mitfühlen. So geht es in diesem Buch natürlich häufig um sexuelle Gewalt, die jedoch immer nur in kurzen Sätzen am Rande erwähnt wird. Das ist natürlich gut, da es am wenigsten triggern ist und das Buch sonst sehr schwer zu lesen wäre. Allerdings stellt sich so auch ein bisschen ein Bild ein, bei dem man sich wundert, warum Briseis sich so beschwert. Abgesehen von diesem Aspekt führt sie nämlich immer noch ein unglaublich privilegiertes Leben und kann oft völlig frei herumlaufen.

Damit kommen wir zum nächsten Punkt. Das Buch will immer wieder die verborgene Geschichte der Frauen in der Antike erzählen, aber was wir präsentiert bekommen, ist einzig und allein das Leben von privilegierten Frauen - Königinnen und Prinzessinnen und Göttinnen. Und natürlich ist es schon schlimm, wenn man bedenkt, dass selbst die am höchsten gestellten Frauen immer noch mehr Dinge als Personen waren. Aber Briseis schaut auf die anderen Frauen auch total herab, stigmatisiert diese selbst und hat Angst davor, zu diesen zu gehören oder mit diesen zu tun haben zu müssen. Sie beschreibt sie als "zu alt oder zu hässlich" und schaut auf diese herab. Ihr Privileg erkennt sie nur in einem einzigen Moment ganz kurz an und kommt dadurch am Ende in eine noch bessere Situation.

Briseis verweist im Laufe des Buches immer wieder darauf, dass sie Männer es im Krieg eigentlich ganz gut haben, denn wenn sie verlieren, werden sie einfach getötet. Die Frauen dagegen werden Sklavinnen der Personen, die ihre Familie ausgelöscht haben. Ich kann diesen Punkt auf jeden Fall nachvollziehen, aber auch zeigen einzelne Beispiele, dass auch Frauen die Wahl zu sterben haben. Briseis darf immerhin leben und - wie gerade gesagt - am Ende dieser Geschichte auch recht privilegiert. Das wird mir zu wenig reflektiert.

Was mir gut gefallen hat an diesem Buch war die pazifistische Grundhaltung. Der Krieg hat am Ende niemandem etwas gebracht. Die Männer, die in der Mythologie als Helden betrachtet werden, werden hier desmaskiert - wir sehen Odysseus als cleveren Mann, der nicht aufgibt, aber auch als hochnäsigen Arsch. Genauso sehen wir Agammemnon als Feigling auf dem Kampffeld und brutalen Mann im Privaten. Diesen Teil mochte ich sehr, denn es demystifiziert auch diese alten Heldenfiguren, die durch Tod und Gewalt ihren Ruhm erhalten haben.

Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen, und ich liebe fiktionale Geschichten, die in der Antike spielen. Dennoch sind mir die oben genannten Aspekte etwas sauer aufgestoßen. Darum ist das Buch leider nicht zu meinem neuen Lieblingsbüchern aufgestiegen, aber lesenswert ist es allemal, wenn das Thema euch interessiert. Es hat mir auch Lust auf Mehr gemacht - und zum Glück sind in den letzten Jahren ja noch einige ähnliche Bücher erschienen.

Lest ihr gern über die Antike? Oder ist euch das alles schon zu angestaubt?

Bis bald,
Eure Kitty Retro




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