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Freitag, 30. September 2022

The Poppy War


Hallo meine Fantasyleser,

heute möchte ich euch vom ersten Buch einer Reihe berichten, die scheinbar auch gerade auf Deutsch erschienen ist. Unter Fantasylesern im englischsprachigen Raum ist sie schon seit einer Weile in aller Munde, weswegen ich mir dieses Jahr zum Ziel gesetzt hatte, sie endlich zu lesen. Morgen und Übermorgen kommen dann die Posts zu Band 2 und 3.

Die Fakten:

  • Autor: R F Kuang
  • Sprecher: Emily Woo Zeller
  • Titel: The Poppy War (dts. Die Schamanin - Im Zeichen der Mohnblume)
  • Reihe: Poppy War Trilogy 1
  • Erschienen: 2018
  • Verlag: HarperAudio
  • Dauer: 19 Std 27min (ungekürzt)
  • Preis: 9,95 Euro (im Abo)
  • Klappentext:

    "When Rin aced the Keju - the Empire-wide test to find the most talented youth to learn at the Academies - it was a shock to everyone: to the test officials, who couldn’t believe a war orphan from Rooster Province could pass without cheating; to Rin’s guardians, who believed they’d finally be able to marry her off and further their criminal enterprise; and to Rin herself, who realized she was finally free of the servitude and despair that had made up her daily existence. That she got into Sinegard - the most elite military school in Nikan - was even more surprising. But surprises aren’t always good. Because being a dark-skinned peasant girl from the South is not an easy thing at Sinegard. Targeted from the outset by rival classmates for her color, poverty, and gender, Rin discovers she possesses a lethal, unearthly power - an aptitude for the nearly-mythical art of shamanism. Exploring the depths of her gift with the help of a seemingly insane teacher and psychoactive substances, Rin learns that gods long thought dead are very much alive - and that mastering control over those powers could mean more than just surviving school. For while the Nikara Empire is at peace, the Federation of Mugen still lurks across a narrow sea. The militarily advanced Federation occupied Nikan for decades after the First Poppy War, and only barely lost the continent in the Second. And while most of the people are complacent to go about their lives, a few are aware that a Third Poppy War is just a spark away... Rin’s shamanic powers may be the only way to save her people. But as she finds out more about the god that has chosen her, the vengeful Phoenix, she fears that winning the war may cost her humanity...and that it may already be too late."

Zur Handlung: Rin wächst als Waisenkind bei einer Familie auf, die sie vor allem als Arbeitskraft braucht. Doch als sie älter wird, werden Pläne laut sie für die Geschäftsinteressen ihrer Zieheltern an einen alten Mann zu verheiraten. Rin hat allerdings überhaupt kein Interesse an Heirat und Familie, weswegen sie den alten Lehrer ihres Ortes überredet, dass er ihr hilft sich auf die schwerste Eignungsprüfung im ganzen Land vorzubereiten: den Keju. 

Nur wer diesen Test besteht, hat Zugang zu den angesehenen Akademien des Landes. Es gibt allerdings nur eine, die ohne ein hohes Schulgeld besucht werden kann: Sinegard, die Militärschule. Auf diese prestigeträchtige Schule hat Rin es abgesehen, um ihren Leben in Armut zu entkommen. Und da sie ein unglaubliches Talent hat, Dinge zu lernen, besteht sie den Test und der Rest ihres Lebens kann endlich beginnen.

Zunächst möchte ich sagen, dass dies kein Jugendbuch ist. Vor meinem inneren Auge kann ich es aber schon in den Jugendabteilungen stehen sehen, darum hier eine große Warnung. Das Buch ist sehr blutig und gewalttätig, es geht fast die ganze Zeit um Krieg, ums Töten und Zerstören. Das ist kein Inhalt für Kinder, auch wenn Rin zunächst recht jung ist und eine Schule besucht. Diesen Teil der Geschichte lassen wir schon vor der Hälfte des ersten Buches hinter uns und dann wird es blutig.

Rins Geschichte läuft entlang der Entwicklung der chinesischen Geschichte des 20. Jahrhunderts. Sie umspannt ungefähr die Zeit des zweiten Weltkriegs bis hin zur Etablierung einer stabilen Regierung einige Jahrzehnte später. Themen wie Kolonialisierung und Krieg stehen dabei im Vordergrund. Aber wir betrachten auch, wie ein Charakter, der zunächst einfach nur von einem besseren Leben träumt, von Macht und Gewalt immer mehr korrumpiert wird.

Rin als Charakter hat mir gut gefallen. Viele Stimmen, die ich sie gehört habe, beschreiben sie aber als nervig und unbeliebt. Ich konnte definitiv sehen, woher sie kommt und was sie will. Im ersten Buch ist Rin noch häufig verunsichert, aber sie kämpft auch für das Leben, das sie führen will. Sie wird immer wieder in unmögliche Situationen gebracht und gibt nicht auf. Dafür konnte ich gut mit ihr mitfühlen. Als Außenseiterin in dieser militärischen Akademie, wo eigentlich nur die Kinder der Warlords aufgenommen werden, muss sie mit Hass und Vorurteilen kämpfen, aber sie findet auch einen wahren Freund. Von dort muss sie aber immer mehr lernen, wie einzigartig sie ist und wie einsam das machen kann. 

Im zweiten Teil des Buches trifft sie dann aber auf einen Charakter, der mehr ist wie sie. Ab sofort wird sie zu einer loyalen Begleiterin, die dennoch nie aufhört Dinge in Frage zu stellen. Sie ist definitiv kein Teamplayer, muss aber plötzlich in einer (eher ungewöhnlichen) Einheit mit anderen funktionieren. Bis zum Ende des Buches lernt sie dann eine übermenschliche Macht zu beherrschen - oder eben gerade nicht zu beherrschen. Wir erleben hier also schon sehr viel Veränderung in diesem Charakter vom verunsicherten Mädchen zu einer Macht, die die Welt zerstören kann.

Wir haben einige Charaktere, die daneben wichtig sind, aber ich kann hier nicht auf alle eingehen. Kitay ist ihr erster und einziger Freund, eigentlich ein Wissenschaftler im Herzen, der jedoch aufgrund seiner Familie als erstgeborener Sohn in den Krieg hineingezogen wird. Nezha ist der Bully in der Schule, der der Meinung ist Menschen wie Rin sollten nicht zur Elite aufsteigen dürfen, der jedoch auch erkennen muss, wie viel Kraft in Rin steckt. Venka ist die weibliche Variante von Nezha, eine hochnäsige Mitschülerin, die Rin das Leben schwer macht. Altan wird Rins Kommandeur und Vorbild, der sie jedoch nur mit Härte behandeln kann und tiefe Wunden in ihr hinterlassen wird. Master Jiang wird Rins Lehrer, der ihr den Weg zu einer unglaublichen Macht offenbart und gleichzeitig davor warnt sie zu nutzen. Alle diese Charaktere (und mehr) wachsen einem durch diese Reihe ans Herz, auch wenn ich in diesem ersten Band vor allem Kitay und Master Jiang mochte.

Die Magie in diesem Buch fand ich sehr spannend. Wir haben ein Pantheon aus Göttern, die sich jeweils gegenseitig in der Balance halten. Doch als Schamanin bekommt Rin die Möglichkeit sich mit einem Gott in Verbindung zu setzen, der fortan durch sie wirken kann. Der magische Teil der Welt wird in diesem Buch zunächst sehr langsam offenbart, was für mich dazu beigetragen hat, dass es sich in de Länge zieht. Dennoch mochte ich die Art und Weise, wie Rin letztlich Zugang zu dieser Macht erhält, denn Jiang macht es ihr nicht leicht.

Die Handlung ist generell eher langsam. Zunächst sehen wir Rin in ihrer Heimatprovinz, wir sehen wie sie für den Test lernt, wir sehen sie bestehen und zur Hauptstadt reisen, wir sehen sie in Sinegard, wie sie trainiert und lernt, dann sehen wir den Beginn des Krieges, Rins neue Truppe und deren Fähigkeiten, Rins Beziehung zu Altan und die Erkundung ihrer Vergangenheit. Für mich hat sich das alles schon sehr gezogen. Ich denke, das Buch hätte ruhig ein paar Seiten kürzer sein können. 

Das Ende ist dann recht explosiv, aber hat mich leider gar nicht berührt. Da sich die Handlung zum Teil an der wahren Geschichte Chinas orientiert, haben mich die echten Ereignisse, die dann in diese Fantasywelt hineingeholt werden, immer eher aus der Geschichte herausgerissen. In den beiden Folgebüchern war das nicht mehr so ein Problem, da kenne ich auch die Geschichte Chinas nicht mehr gut, aber in diesem ersten Band hat es mich gestört. Ich kann mir aber vorstellen, dass viele dieses Ende sehr unerwartet, aufregend und emotional finden.

Alles in allem würde ich das Buch nicht unbedingt empfehlen. Es ist ein solide geschriebener Fantasy-Roman, und für alle, die Geschichte über Krieg und Zerstörung spannend finden, mag das ein tolles Buch sein. Ich habe mich aber schon auch immer wieder gelangweilt oder es hat sich einfach sehr gezogen. Obwohl ich die Charaktere und auch den Mythos dieser Welt sehr spannend fand, hat das Buch für mich nie herausgefunden, worauf es fokussieren will. Ich bin mit meiner Meinung aber auch definitiv in der Minderheit.

Habt ihr das Buch schon gelesen oder zumindest im Buchladen gesehen?

Bis bald,
Eure Kitty Retro




Meine Bewertung:



Mittwoch, 28. September 2022

The Conductors


Hallo meine Mysteryhasen,

für alle, die den Herbst mit Verbrechen und Detektiven verbinden, aber vielleicht auch ein bisschen Magie mögen, habe ich heute ein Buch vorzustellen. Ich habe es schon vor einigen Monaten gelesen, aber dann nie darüber geschrieben. Das müssen wir heute ändern.

Die Fakten:

  • Autor: Nicole Glover
  • Sprecher: Bahni Turpin
  • Titel: The Conductors
  • Reihe: Murder & Magic 1
  • Erschienen: 2021
  • Verlag: Penguin Audio
  • Dauer: 14 Std 3min (ungekürzt)
  • Preis: 9,95 Euro im Abo
  • Klappentext:

    "As an escaped slave, Hetty Rhodes helped dozens of people find their own freedom north using her wits and her magic. Now that the Civil War is over, Hetty and her husband, Benjy, still fight for their people by solving the murders and mysteries that the white authorities won't touch. When they discover one of their friends brutally murdered in an alley, Hetty and Benjy mourn his loss by setting off to find answers. But the mystery of his death soon brings up more questions, more secrets, more hurt. To solve his death, they will have to not only face the ugly truths about the world but the ones about each other."

Zur Handlung: Hetty und Benjy sind seit dem Ende des Bürgerkriegs als Privatdetektive unterwegs. Dabei kümmern sie sich ausschließlich um Verbrechen in der Schwarzen Community, die keine Hilfe von der Polizei bekommt. Doch als sie einen Freund getötet und mit einem seltsamen Mal versehen auffinden, werden die beiden in einen Fall verwickelt, der ihnen vielleicht über den Kopf wächst.

Doch Hetty und Benjy geben nicht auf. Sie sind ein gutes Team, deswegen haben sie auch geheiratet. Doch nun scheint es, dass zwischen den beiden echte Gefühle auftauchen, die vorher da nicht waren. Kann ihre Partnerschaft das überwinden, oder werden diese Gefühle nun immer zwischen ihnen stehen?

Ich habe dieses Buch schon im Februar gelesen, da der Blackathon stattgefunden hat. Das Buch hatte ich schon immer mal in Videos gesehen, aber vor allem hat mich die Sprecherin des Hörbuchs angelockt, denn Bahni Turpin ist einfach meine Lieblingssprecherin. Sie könnte mir Kochrezepte oder Einkaufslisten vorlesen, und ich wäre dankbar dafür. Doch auch die Geschichte des Buches hat mir dann wirklich gut gefallen.

Das Buch ist eine Mischung aus Mystery und Magie, mit ein ganz klein bisschen Romanze und auch Historie eingewoben. Wir haben zwei Zeitebenen - wir begleiten Hetty beim Lösen des Falls in der Zeit nach dem Bürgerkrieg, aber wir bekommen auch Flashbacks zur Zeit der Sklaverei, als Hetty und Benjy für die Underground Railroad gearbeitet haben, um andere Sklaven zu befreien. Insgesamt hat mir der Ton sehr gut gefallen, und das Buch passt sehr gut in den Herbst von der Stimmung her.

Hetty habe ich als Hauptfigur sehr gemocht. Einerseits mag das daran liegen, wie Bahni Turpin sie spricht. Aber sie ist auch eine praktische Frau, die anderen helfen will. Um Geld zu verdienen, arbeitet sie als Näherin und ist darin sehr gut. Benjy ist zwar ihr Ehemann, aber das aus praktischen Gründen. Auch er hat einen Job und kann nicht all seine Zeit auf das Fällelösen verwenden, was ich sehr realistisch fand. Benjy mochte ich sehr, er ist ein sehr umgänglicher und guter Mann.

Was mir an dem Buch besonders gut gefallen hat, ist, dass wir wirklich in die Community der beiden eintauchen. Wir lernen ihre Freunde (und vielleicht auch Feinde) kennen, einige haben inzwischen viel Geld anhäufen können, andere weniger. Dadurch entstehen neue Zirkel, die sich gegeneinander abgrenzen. So steht bei dem Fall dann auch ein Männerclub im Fokus, bei dem ganz im Zeichen der damaligen Zeit, Frauen natürlich keinen Zutritt hatten.

Dagegen wird die Magie an dem Buch häufig eher kritisiert. An sich finde ich die Grundidee aber spannend, denn die Magie wirkt durch Konstellationen. Allerdings wirkt sie häufig sehr praktisch, weil teilweise auch die gleichen Konstellationen ganz unterschiedliche Dinge bewirken, je nachdem, was gerade gebraucht wird. Hier merkt man, dass das Magiesystem nicht ganz durchdacht oder zumindest nicht ausreichend erklärt wird. Die Idee, dass die Sklaven aber eine andere Magie benutzen als die Weißen (die Zauberstäbe verwenden), fand ich aber interessant. Ich denke, im zweiten Band könnte hier noch mehr aufgebaut werden.

Der Fall selber war auch spannend, auch wenn ich gestehen muss, dass ich mich dabei am wenigsten erinnern kann. Die Charaktere, die Welt und die Magie sind mir viel mehr im Kopf geblieben. Aber die beiden stecken wirkliche Detektivarbeit in den Fall, was ich immer zu schätzen weiß. Auch wird es am Ende dann schon brenzlig und wir müssen um unsere Lieblingscharaktere fürchten.

Alles in allem kann ich das Buch empfehlen. Es ist eine eher ruhige Geschichte, bei der die Charaktere, deren Community und Geschichte, im Fokus stehen. Der magische Touch ist sicherlich auch Geschmackssache. Aber die Stimmung des Buches passt perfekt in den Herbst, und wenn euch dieser erste Band gefällt, gibt es auch bereits einen zweiten. Ob es danach für Hetty und Benjy noch weiter geht, müssen wir schauen.

Habt ihr denn so ruhigere Mystery-Romane, die ihr empfehlen könnt?

Bis bald,
Eure Kitty Retro





Meine Bewertung:



Sonntag, 25. September 2022

Nettle & Bone


Hallo liebe Fantasyfreunde,

der Herbst ist da, und damit die Zeit für düstere aber auch herzerwärmende Geschichten. Die perfekte Kombination möchte ich euch heute vorstellen. Dieses Buch passt perfekt in die kommende Jahreszeit, entweder jetzt vor Halloween oder dann auch im November, bevor es Richtung gemütliche Weihnachtszeit geht. 

Die Fakten:

  • Titel: Nettle & Bone
  • Autor: T. Kingfisher
  • Erschienen: 2022
  • Verlag: MacMillan Audio
  • Dauer: 9 Std 3min (ungekürzt)
  • Preis: 9,95 Euro im Abo
  • Klappentext:

    "Marra never wanted to be a hero. As the shy, convent-raised, third-born daughter, she escaped the traditional fate of princesses, to be married away for the sake of an uncaring throne. But her sister wasn’t so fortunate—and after years of silence, Marra is done watching her suffer at the hands of a powerful and abusive prince. Seeking help for her rescue mission, Marra is offered the tools she needs, but only if she can complete three seemingly impossible tasks:—build a dog of bones,—sew a cloak of nettles,—capture moonlight in a jar. But, as is the way in tales of princes and witches, doing the impossible is only the beginning. Hero or not—now joined by a disgraced ex-knight, a reluctant fairy godmother, an enigmatic gravewitch and her fowl familiar—Marra might finally have the courage to save her sister, and topple a throne."

Zur Handlung: Marra ist die jüngste von drei Schwestern, Töchter eines kleinen Königreichs, das mit Mühe einen wichtigen Hafen sichert. Marras Mutter regiert dieses Königreich mit viel Scharfsinn und kann die beiden feindlichen Königreiche davon abhalten, sie anzugreifen. Doch über kurz oder lang muss eine Lösung her: die Hochzeit der ältesten Tochter mit dem Prinzen des nördlichen Königreichs.

Doch schon kurz nach der Hochzeit kommt diese Tochter in einem Sarg zurück, nach einem Sturz wird gesagt. Nun wird Marras zweite Schwester an den gleichen Prinzen verheiratet, und Marra wird in ein Kloster geschickt, damit ihre potentiellen Kinder keine Rivalen zu denen des Prinzen werden können. Doch Marra erfährt schließlich, wie es um die Ehe ihrer Schwester bestellt ist, und sie beschließt sie zu retten. Dafür muss sie nur drei unmögliche Taten vollbringen und einen König töten.

Dieses Buch fühlt sich sofort an wie ein Märchen, wenn auch ein etwas Schauriges. Denn wir treffen Marra, wie sie über eine Grube voller verfluchter Knochen in einem Land von Kanibalen kniet und mit Draht das Skelett eines Hundes zusammensetzt. Doch so sind unmögliche Taten nun einmal - ziemlich unmöglich. Doch Marra gelingt es und fortan folgen wir ihr und ihrem Knochenhund auf diesem Abenteuer.

Marra als Hauptfigur war mir sofort sympathisch. An ihr wird manchmal bemängelt, dass sie nicht sehr schlau ist, aber ich mag das in Charakteren. Es sind nicht nur die Schlauen, die Abenteuer bestehen können, und eben auch nicht nur die reichen oder die starken oder die schönen. Damit hatte sie bei mir schon Pluspunkte. Marra liebt das ruhige Leben im Kloster, sie will gar nicht für Macht heiraten müssen und am Hofe leben, wo alle tratschen. Lieber hilft sie der Krankenschwester des Klosters aus, wenn im Umland Kinder geboren werden oder Unfälle geschehen.

Doch Marra findet dann doch heraus, was mit ihrer Schwester geschieht, und sie ist entsetzt davon - und davon, dass andere es bereits wissen und hinnehmen. Hier fand ich den Aufbau des Buches ehrlich gesagt ein bisschen seltsam, denn wir treffen Marra wie gesagt beim Erfüllen ihrer zweiten unmöglichen Tat, und dann machen wir einen Sprung in ihre Hintergrundgeschichte, der aber fast das ganze erste Viertel des Buches ausmacht, bevor wir wieder zurück zu den Taten kommen. Mir war dieser Teil einfach zu lang oder komisch platziert. Ich glaube, man versteht Marra als Charakter und ihre Motivation auch mit einer stärken gekürzten Backstory.

Wenn es dann aber richtig losgeht, ist das Buch wirklich toll. Marra bringt zunächst eine Art Hexe dazu ihr zu helfen. Diese lebt auf einem Friedhof und sorgt dafür, dass die Toten tot bleiben. Mit ihrer Magie machen sie sich dann auf die Suche nach dem, was Marra braucht um den Prinzen zu töten. Dabei führt ihr weg sie zum Beispiel auch auf einen magischen Marktplatz in der Feenwelt, wo sie einen versklavten Menschen freikaufen - da wird es auch nochmal schön schaurig.

Die Gruppe um Marra ist wirklich, was das Buch so besonders macht. Alle unterstützen sich auf diesem Abenteuer, auch wenn sie ein wirklich wilder Haufen sind. Selbst das dämonische Huhn hilft letztlich, wo es kann, auch wenn es das nie zugeben würde. Wenn ihr also solche Found Family-Geschichten mögt, greift hier auf jeden Fall zu. Ein bisschen romantisch wird es dann auch. Es bleibt zwar eher eine Randnotiz der Geschichte, aber auch hier fand ich das langsame und zarte Entspinnen der Gefühle total schön dargestellt. Da ist sogar mir Zynikerin warm ums Herz geworden. 

Das Ende war dann auch nochmal sehr interessant, denn es wird schon ein bisschen dramatisch, aber es bleibt eben auch märchenhaft und man glaubt ganz fest, dass es gut ausgeht. Hier mochte ich dann auch nochmal Marras Schwester sehr, die nicht so wahnsinnig viel auftaucht, aber trotzdem für mich eine sehr interessante Figur ist. Es wird auch emotional, denn selbst im Märchen hat alles einen Preis.

Alles in allem kann ich dieses Buch nur empfehlen. Abgesehen von den kleinen Längen am Anfang ist es so eine schöne Geschichte mit schaurigen Szenen aber ganz viel Wärme erzählt, und liebenswerten Charakteren, die gegen das Böse mit schönem Gesicht kämpfen. Es ist auch ein feministisches Märchen, und eines das zeigt, dass es nicht immer die stärksten, schlausten und schönsten Menschen sind, die siegen, sondern manchmal einfach die, die sich die richtige Hilfe suchen und die besten Gründe haben.

Habt ihr Empfehlungen für ähnliche märchenhafte Geschichten für die kalte Jahreszeit?

Bis bald,
Eure Kitty Retro





Meine Bewertung:



Mittwoch, 21. September 2022

Skin of the Sea


Hallo meine Lieblingsleser,

nächste Woche bekomme ich hoffentlich meinen Ausweis meiner neuen Bibliothek und daher ist es an der Zeit, dass ich euch das letzte Buch vorstelle, dass ich über meine alte Bibliothek gelesen hatte. Es handelt sich dabei um ein Jugendbuch, welches in diesem Jahr auch eine Fortsetzung bekommt. Allerdings werde ich diese eher nicht lesen.

Die Fakten:

  • Autor: Natasha Bowen
  • Titel: Skin of the Sea
  • Reihe: Skin of the Sea 1
  • Erschienen: 2021
  • Verlag: Random House
  • Seiten: 303
  • Preis: 8,37 Euro
  • Klappentext: "Simi prayed to the Gods once. Now she serves them as Mami Wata - a mermaid - collecting the souls of those who die at sea and blessing their journey's back home. But when a living boy is thrown overboard, Simi does the unthinkable - she saves his life, going against an ancient decree. And punishment awaits those who dare to defy it. To protect the other Mami Wata, Simi must journey to the Supreme Creator to make amends. But all is not as it seems. There's the boy she rescued, who knows more than he should. And something is shadowing Simi, something that would rather see her fail... Danger lurks at every turn, and as Simi draws closer, she must brave vengeful gods, treacherous lands, and legendary creatures. Because if she doesn't, the she risks not just the fate of all Mami Wata, but also the world as she knows it."

Zur Handlung: Simi ist eine Meerjungfrau, aber das war nicht immer so. Sie hatte einmal ein Zuhause, eine Familie, doch dann wurde sie von Sklavenhändlern verschleppt. Als sie von Bord geworfen wird, denkt sie, dass es das für sie war, doch sie betet zu einer Göttin und diese antwortet ihr. Fortan soll Simi das Leben an Land vergessen und ganz in ihrer neuen Rolle aufgehen: als Sammlerin der Seelen von anderen Sklaven, die über Bord geworfen werden.

Doch alles ändert sich an dem Tag, als einer dieser Sklaven nicht tot ist, als Simi sich ihm im Wasser nähert. Um zu verschwinden und ihn ertrinken zu lassen, ist es zu spät. Und es hat auch niemand Simi gesagt, was sie in einem solchen Fall tun sollte. Also hört sie auf ihr Bauchgefühl und rettet den Jungen - und damit bricht sie die einzige Regel, die nicht gebrochen werden darf.

Ich habe mich sehr auf eine Geschichte mit Meerjungfrauen gefreut, da diese für mich einfach das absolute Sommergefühl verbreiten. Leider musste ich feststellen, dass der Großteil dieser Geschichte allerdings an Land spielt und Simi so gut wie nie als Meerjungfrau erkennbar ist. An Land bekommt sie beide, die ihr zwar nach einer Weile wehtun, aber das ist irgendwie auch schon alles. Das war für mich schon eine kleine Enttäuschung.

Abgesehen davon mochte ich sie aber als Hauptfigur. Unter Wasser vergisst sie ihre Vergangenheit, weswegen sie gern an Land geht. Allerdings wird das von ihrer Chefin sozusagen, der Göttin, der sie nun dient, nicht gern gesehen. Sie trifft viele Entscheidungen aus dem Bauch heraus, ist aber auch loyal und möchte nicht, dass andere durch ihre Taten verletzt werden. Man muss hier auch sagen, dass sie am Anfang einfach nicht genug Informationen hat, um richtig zu handeln.

Die ganze Mythologie an dieser Geschichte hat mir sehr gefallen. Vieles ist von afrikanischen Mythen inspiriert. So trifft Simi auf ihrem Weg dann auch auf verschiedenste magische Wesen und auch Götter. Dadurch folgt ein Abenteuer auf das nächste und es gibt immer etwas zu bestaunen. Dennoch hätte ich mir gewünscht, dass das Buch dann etwas länger wäre, damit wir auch Zeit haben die Charaktere besser kennen zu lernen. So wirkt es etwas überladen mit all diesen Wesen, und für keines bleibt genug Zeit.

Natürlich bekommen wir auch ein wenig Romantik in dieser Geschichte. Ich muss ehrlich gestehen, dass mir davon aber seit dem Lesen nicht viel in Erinnerung geblieben ist, außer dass ich es ganz gut gemacht fand. Während des Abenteuers lernen wir, wer der gerettete Junge ist und weswegen er unbedingt zurück zu seiner Familie muss. Ich mochte ihn als Charakter sehr und auch die Gefühle, die sich entspinnen. Allerdings muss auch hier Vieles hinter den Plot zurücktreten.

Insgesamt hat das Buch einen Quest-Charakter - es gibt ein klares Ziel für die ganze Zeit und es geht darum, wie dies erreicht wird, inklusive Reisen über Wasser und Land. Manche mögen das, andere nicht. Das Ende war dann auch spannend und tatsächlich nicht zu einfach. Tatsächlich müssen einige Charaktere einen hohen Preis bezahlen. Da wir aber nie so richtig Zeit haben um Verbindungen zu ihnen aufzubauen, hat mich das leider eher kalt gelassen. Es gibt dann auch noch einen Twist mit einer Figur, den man leider schon von der ersten Sekunde, in der die Figur auftritt, kommen sieht. 

Alles in allem würde ich das Buch empfehlen, wenn ihr solche Abenteuer-Geschichten mögt, bei denen viel gereist und viel gesehen wird. Auch wenn man die Charaktere nicht tief kennenlernt, macht es doch Spaß, sie auf diesen Abenteuern zu begleiten, und es steht auch immer wirklich viel auf dem Spiel. Die mythologischen Figuren, die eingebaut werden, sind teilweise eher bekannt, teilweise auch eher unbekannt in der Buchwelt. Man weiß meist nie, was hinter der nächsten Biegung lauert. Schade fand ich trotzdem, dass das meiste an Land spielt.

Habt ihr das Buch schon gelesen? Oder habt ihr Empfehlungen für Meerjungfrauengeschichten?

Bis bald,
Eure Kitty Retro






Meine Bewertung:



Montag, 19. September 2022

How Beautiful We Were


Hallo meine Lieblingsleser,

vor Kurzem habe ich euch das erste Buch der Autorin vorgestellt, und heute kommt schon das zweite. In der Realität lag da schon einiges an Zeit dazwischen, aber ich komme leider so selten zum Bloggen. Allerdings habe ich sehr ähnliche Gefühle zu beiden Büchern: unglaublich gelungener Start, dann allerdings ein Ende, mit dem ich nicht zufrieden bin, was vor allem daran liegt, wie die weiblichen Charaktere behandelt werden.

Die Fakten:

  • Autor: Imbolo Mbue
  • Titel: How Beautiful We Were (dts. Wie Schön Wir Waren)
  • Erschienen: 2021
  • Verlag: Canongate Books
  • Seiten: 360
  • Preis: 9,97 Euro
  • Klappentext: "Set in the fictional African village of Kosawa, How Beautiful We Were tells the story of a people living in fear amidst environmental degradation wrought by an American oil company. Pipeline spills have rendered farmlands infertile. Children are dying from drinking taxic water. Promises of clean-up and financial reparations to the villagers are made - and ignored. The country's government, led by a brazen dictator, exists to serve its own interests only. Left with few choices, the people of Kosawa decide to fight back. But their fight will come at a steep price... one which generation after generation will have to pay."

Zur Handlung: Im fiktiven afrikanischen Dorf Kosawa geht der Tod um, bis einige Männer eines Tages beschließen, dass sie genug hatten. Doch außer leeren Versprechen ist von der amerikanischen Firma nichts zu erwarten, und von der Regierung erwarten die Dorfbewohner nur Schmerz und Tod. Dennoch gibt es eine Familie, die diesen Kampf nicht verloren geben kann.

Am Ende bezahlen alle den Preis dafür. Die sterbenden Kinder, die trauernden Mütter, die verhafteten Väter. Doch ein Journalist mit Kontakten nach Amerika lässt neue Hoffnung entstehen, dass sich vielleicht jemand auf die Seite von Kosawa schlagen wird. Mitglieder von NGOs kommen und versprechen, mit diesem Dorf zu kämpfen, bis es endlich wieder in seiner Heimat leben kann.

In diesem Buch wechseln sich zwei Perspektiven ab: wir haben einerseits eine Gruppe von Kindern, die wir beim Aufwachsen begleiten. Diese Perspektive ist aus der Wir-Sicht geschrieben, was ich sehr interessant fand. Andererseits haben wir eine bestimmte Familie aus Kosawa, von der nach und nach verschiedene Mitglieder zu Wort kommen und wir deren Geschichten erfahren. Dieser Teil hat mir fast noch besser gefallen.

Die ersten zwei Drittel des Buches fand ich grandios. Es eröffnet mit der Situation der sterbenden Kinder und wir erleben Versammlungen, bei denen die Menschen immer wieder hoffen, dass sich endlich etwas ändern wird. Dann begeht der "Dorftrottel", wenn man ihn mal so nennen mag, allerdings eine ganz unerwartete Tat, die dem Dorf eine neue Chance eröffnet. Ich fand das alles so spannend, und man merkt natürlich sofort: das kann nicht gut gehen. Gleichzeitig hofft und wünscht man aber mit diesem Dorf.

Was mich an diesem Buch so stark überzeugt hat, ist, wie realistisch es ist. Natürlich erwarten wir, dass ein afrikanisches Dorf seine Interessen nie und nimmer gegen eine amerikanische Ölfirma durchsetzen kann. Ich will gar nicht wissen, wie viele solche Dörfer es über die Welt verteilt gibt. Aber das Buch schreckt hier auch vor nichts zurück, sondern zeigt uns unsere Welt in all ihren Fehlern. Das konnte ich sehr wertschätzen, auch wenn es natürlich beim Lesen keine Freude macht.

Spannend fand ich auch, dass an einigen Stellen eher feministische Töne angeschlagen werden. So erfahren wir von einer Frau, die ihren Mann jung verloren hat. Eigentlich muss sie nun nach der Tradition für immer alleine bleiben, doch sie liebt Sex und körperliche Nähe und leidet sehr unter dem Verlust. Tatsächlich ist es dann gerade auch ihre Schwiegermutter, die sie schließlich überredet sich über diese Tradition hinwegzusetzen und erneut zu heiraten, damit sie wieder glücklicher werden kann. Gerade in Gesellschaften, in denen Männer mehrere Ehefrauen haben, entsteht durch solche Traditionen natürlich ein enormes Machtgefälle, was damit angefochten wurde.

Im Vordergrund steht aber hier das David-gegen-Goliath-Thema im Kampf des Dorfes. Dabei werden verschiedenste Strategien versucht und immer sehen wir sie letztlich scheitern. Und ich denke, das ist kein Spoiler, wenn ich das Buch für seinen Realismus lobe. Hier werden einige sehr wichtige Aussagen getroffen, die wir einfach häufiger hören müssen, und deutliche Fehler im System aufgezeigt, so beispielsweise, dass nationale Gerichte nicht über international agierende Unternehmen wachen können. Das Buch weiß hier einfach viel Wichtiges zu sagen und wir sollte alle zuhören, auch wenn es weh tut.

Leider hat auch dieses Buch es nicht geschafft den Ball bis zum Ende am Rollen zu halten. Das liegt vor allem daran, dass im letzten Drittel des Buches eine Gruppe Männer beschließt, dass eine Frau bewusstlos rituell sexuell belästigt werden soll. Ausführende sind dabei zwei kleine Jungen, die angeblich mit dem spirituellen Geist in Verbindung stehen. Die Frau merkt davon nix, da sie wie gesagt bewusstlos ist, aber im restlichen Buch wird ihr Zustand danach als etwas Positives portraitiert, womit ich leider nix anfangen kann. Sexuelle Gewalt gehört für mich in keiner Form in ein positives Licht - egal, wie realistisch es in bestimmten Gegenden noch sein mag.

Das Ende hat mich dann leider auch nicht zufriedenstellen können. Ich fand die letzten Kapitel dann einfach nicht gut. Auch die Geschichte einer Person, die dann in die korrupte Regierung hineingezogen wird, fand ich tonal nicht mehr passend, wenn auch vermutlich realistisch. Aber es hat für mich dann letztlich nur noch geholtert und gepoltert, und die Erzählstränge haben nicht mehr zusammengepasst. 

Alles in allem würde ich das Buch trotzdem empfehlen, wenn ihr euch für das Thema Umweltschutz und Afrika interessiert. John Oliver hat ja gerade auch ein Video darüber gemacht, wie CO²-Ausgleich auch häufig auf Kosten von afrikanischen oder anderen Dörfern des globalen Süden betrieben wird. Hier müssen wir uns alle einfach mehr informieren und weniger glauben, was uns die großen Unternehmen erzählen.

Habt ihr schon vom Buch gehört? Und kommt es für euch in Frage?

Bis bald,
Eure Kitty Retro





Meine Bewertung:



Mittwoch, 7. September 2022

Medusa - The Girl Behind the Myth


Hallo meine Lieblingsleser,

griechische Mythen sind ja schon einige Jahre sehr in in der Buchwelt, und so möchte ich euch heute diese alternative Erzählung zu Medusa vorstellen. Das Buch ist recht kurz und hat sehr schöne Illustrationen, die die Geschichte gut untermalen. Es hält sich außerdem nicht zur strikt an die altertümliche Geschichte, sondern fügt sich gut in moderne Bücherregale ein.

Die Fakten:

  • Autor: Jessie Burton
  • Illustrator: Olivia Lomenech Gill
  • Titel: Medusa - The Girl Behind the Myth
  • Erschienen: 2021
  • Verlag: Bloomsbury YA
  • Seiten: 209
  • Preis: 13,19 Euro
  • Klappentext: "Exiled to a far-flung island by the whims of the gods, Medusa has little company except the snakes that adorn her head instead of hair. But when a charmed, beautiful boy called Perseus arrives on the island, her lonely existence is disrupted with the force of a supernova, unleashing desire, love and betrayal..."

Zur Handlung: Medusa lebt mit ihren beiden Schwestern auf einer verlassenen Insel. Die Tage verbringt sie allein, seit sie und ihre Schwestern verwandelt wurden. Ihre Schwestern bekamen Flügel, sie einen Kopf voller Schlangen, die sie fortan begleiten. Doch Medusa ist kein Monster, sie ist eine verunsicherte und einsame junge Frau, die eigentlich nur einen Platz in der Welt finden will.

Eines Tages landet ein junger Mann mit seinem Hund auf der Insel. Er behauptet, er sei verirrt und wisse nicht, wo er sei. Medusa hält sich vor ihm verborgen, spricht aber zu ihm und beginnt langsam ihr Herz zu öffnen. Vor den Schwestern versteckt sie den Neuankömmling, doch bald wird klar, dass sie sich ihm zeigen muss, bevor ihre Gefühle kein Zurück mehr kennen.

Diese Neuerzählung der Geschichte rund um Medusa richtet sich vor allem an Teenager, die vielleicht beginnen sich das erste Mal so richtig zu verlieben. Der Ton hat mich sehr an The Surface Breaks erinnert, was eine Neuerzählung der kleinen Meerjungfrau ist. Beide Geschichte beschäftigen sich mit den Themen Liebe und was man dafür opfern sollte und was nicht. Auch die recht kurze Erzählung mit den Illustrationen hat sich ähnlich angefühlt, wenn das Setting auch ein anderes ist.

Medusa als Hauptfigur bin ich sehr gern gefolgt. Zuerst erleben wir ihre Aufregung, als plötzlich ein Mensch an ihrem Ufer ankommt. Sie ist sich nicht sicher, ob sie nicht einfach warten soll, bis er wieder verschwindet. Aber wir spüren ihre Langeweile und Einsamkeit, und so können wir verstehen, warum sie nicht auf ihr Bauchgefühl hört. Auch ihre aufkeimenden Gefühle fand ich so nachvollziehbar, und auch ein guter Bezugspunkt für junge Mädchen, die vielleicht das Gefühl haben, das erste Mal interessiert sich wirklich wer für sie und mit diesem Gefühl dann vielleicht auch etwas überfordert sind. 

Doch wir lernen dann nach und nach auch die Geschichte von Medusa und sehen, wie tief ihre Narben gehen. Hier bleibt es dann sehr nah an der ursprünglichen Mythologie inklusive Themen von sexueller Gewalt, auf die junge Leserinnen auf jeden Fall gut vorbereitet sein sollten. Am Ende sehen wir auch, wie eine starke Frau aus diesem einsamen Mädchen wird, wie sie lernt, sich zu akzeptieren und wertzuschätzen. Das hat mir an dem Buch am besten gefallen, dass Medusa am Ende lernt, dass es nicht auf andere ankommt, sondern dass sie sich selbst lieb gewinnen muss. Das ist für mich ein ganz essentieller Schritt des Erwachsenwerdens.

Theseus als Gegenstück können wir als Leser genauso schlecht einschätzen wie Medusa, durch deren Augen wir ihn sehen. Er wirkt auch irgendwie verloren und erzählt auch einige schwierige Geschichten über sich. Er will seine Familie beschützen, aber ist eben auf See verloren. Man bekommt auf jeden Fall Mitgefühl mit diesem Jungen, der doch eigentlich nur Gutes will. Mehr sage ich zu dem Charakter nicht, weil ihr es selbst erleben sollt.

Sehr gefallen hat mir auch die Darstellung der Schwestern von Medusa. Auch wenn sie durch ihre Verwandlung getrennt wurden - die Schwestern in die Lüfte und Medusa auf die Insel - kennen sie sich doch auf der Welt am allerbesten. Ich mochte die Momente, wo wir Ehrlichkeit zwischen ihnen bekommen, sehr. Wäre das Buch etwas länger, hätte ich mir hier einfach noch etwas mehr gewünscht.

Das Ende hat mir richtig gut gefallen. Da ich wusste, was mit Medusa in der griechischen Mythologie passiert, war ich gespannt, welchen Weg das Buch wählen wird. Für mich war es der beste Weg. Das Buch ist auch so lyrisch, trotz der Kürze, und die Illustrationen unterstreichen gerade das Ende auch nochmal auf so besondere Weise.

Alles in allem ist dies eine wundervolle recht kurz gehaltene und für junger Leserinnen geschriebene Neuerzählung eines mythischen Klassikers. Die feministischen Töne, die wir aus Büchern wie Circe oder The Witches Heart kennen, werden hier ebenfalls angeschlagen. Ich glaube, es kann ein wundervolles Buch für Teenager sein, die gerade anfangen sich richtig zu verlieben. Es hat hier gute Ansatzpunkte und Lehren, vor allem zum Thema Selbstwert. Trotzdem schlägt es einen mit diesen Weisheiten nicht k.o., sondern man kann selbst auch ein wenig interpretieren, warum bestimmte Charaktere wie handeln. Nochmal möchte ich aber die sexuelle Gewalt betonen, die im Buch vorkommt, und die für junge Leserinnen gut kontextualisiert werden sollte.

Habt ihr das Buch schon gelesen? Was ist eure liebste Neuerzählung einer alten Mythe oder Sage?

Bis bald,
Eure Kitty Retro





Meine Bewertung:



Montag, 5. September 2022

Behold the Dreamers


Hallo meine Lieblingsleser,

lang ist es her und viel ist passiert, seit ich das letzte Mal hier von einem Buch berichtet habe. Ich bin wieder einmal quer durch die Republik gezogen, habe meine Promotion beendet und irgendwie zwischendrin auch ziemlich viel gelesen. Damit gibt es jetzt einen ordentlichen Stapel Bücher, der hier Beachtung finden will. Wir starten heute mit einem Buch, das ich aufgrund von Torschlusspanik gelesen habe. Es war nämlich in meiner alten Bibliothek, zu der ich jetzt keinen Zugang mehr habe. Interessiert hat es mich vor allem wegen der Autorin, deren zweiten Roman ich gerade lese.

Die Fakten:

  • Autor: Imbolo Mbue
  • Titel: Behold the Dreamers (dts. Das Geträumte Land)
  • Erschienen: 2016
  • Verlag: Random House
  • Seiten: 382
  • Preis: 9,49 Euro
  • Klappentext: "Jende Jonga, a Cameroonian immigrant living in Harlem, has come to the United States to provide a better life for himself, his wife, Neni, and their six-year-old son. In the fall of 2007, Jende can hardly believe his luck when he lands a job as a chauffeur for Clark Edwards, a senior executive at Lehman Brothers. Clark's wife, Cindy, even offers Neni temporary work at their summer home in the Hamptoms. With these opportunities, Jende and Neni can at last imagine a brighter future. However, the world of great privilege conceals troubling secrets, and soon Jende and Neni notice cracks in their employers' facade. Then the financial world is rocked with the collapse of Lehman Brothers and the global economy. Desperate to keep Jende's job, which grows more tenuous by the day, the Jongas try to protect the Edwarses from certain truths, even as their own marriage threatens to fall apart. As all four lives are dramatically upended, Jende and Neni are forced to make an impossible choice."

Zur Handlung: Jende ist vor einigen Jahren in die USA eingereist und versucht seitdem Asyl zu bekommen. In dieser Zeit hat er in niedrigen Jobs gearbeitet, um seiner Familie ein zukünftiges Leben weit weg von der Heimat Kamerun aufzubauen. Inzwischen sind auch seine Frau Neni und der gemeinsame Sohn mit in den USA. Um die Kosten des Studiums seiner Frau, die mit einem Studentenvisum in der USA ist, zu decken, braucht es allerdings einen besseren Job.

Jende kann es daher kaum glauben, als er als Fahrer von Clark Edwards engagiert wird. Dieser ist ein hohes Tier bei den Lehman Brothers, einer großen New Yorker Bank. Doch durch diese Verbindung wird Jende zusammen mit seiner Frau in die Geschicke dieser weißen Oberschicht-Familie hineingezogen. Sie erleben Dinge mit, die sie nicht sehen wollten, und stellen schnell fest, dass die schöne Fassade zu bröckeln beginnt.

Dieses Buch beschäftigt sich mit der Finanzkrise rund um den Zusammenbruch der Lehman Brothers Bank aus der sehr einzigartigen Perspektive einer immigrierten Familie. Allerdings geht es in diesem Buch um mehr, vor allem die Verbändelung dieser beiden Familien, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Neben Clark, der ganz der Business-Typ ist und seine Familie höchstens mal zu einer Mahlzeit sieht, lernen wir seine Frau kennen, die selbst auch schwierigen Verhältnissen kommt und einfach nur eine glückliche Familie will. Der erwachsene Sohn überlegt das Jura-Studium hinzuschmeißen und nach Indien auszuwandern, während der jüngere Sohn zwischen der Liebe der Mutter und der Kälte des Vaters festhängt. 

Diese Familie wird kontrastiert mit den Jongas, die mit anderen Werten und anderen Erwartungen ans Leben aufgewachsen sind. So ist Neni eine starke, eigensinnige und wundervolle Frau, in die ich mich völlig verliebt habe, gleichzeitig ist für sie aber auch klar, dass sie für immer komme was wolle an der Seite ihres Mannes stehen wird. Die Beziehung der Jongas ist zunächst so viel wärmer und inniger, auch weil sie so lange Zeit getrennt waren, doch auch hier fängt es an zu bröckeln, je tiefer sie mit den Edwardsens zu tun haben müssen.

Dabei sehen wir die Geschichte zwar aus der Perspektive der Jongas, aber wir lernen beide Familien fast gleich gut kennen. Als Hauptfigur begegnen wir vor allem Jende. Am Anfang mochte ich ihn sehr. Er hat sich in die USA geschmuggelt, weil er aus Kamerun raus will. Die mangelnden Aufstiegschancen und der geringe Status seiner Familie sind ihm immer ein Klotz am Bein. Nenis Vater verweigert die Ehe mit ihm, weil er nicht hoch genug in der Gesellschaft steht - Amerika ist der einzige Ausweg. Wir treffen ihn auf dem Weg zum Bewerbungsgespräch mit Clark Edwards, und ich habe direkt so mit ihm mitgefiebert, denn er will ja nur seine Familie versorgen und ihnen ein gutes Leben bieten.

Allerdings habe ich Jende dann im Verlauf des Buches immer weniger gemocht. Auch wenn ich verstehen kann, warum er als Charakter in bestimmten Situationen auf seine Weise reagiert, konnte ich ihm einiges doch nicht verzeihen. Und das hat vor allem damit zu tun, wie er Neni und seinen Sohn gegen Ende des Buches behandelt. 

Einige Kapitel sind dann aus Nenis Sicht geschrieben, und wie bereits gesagt, in sie habe ich mich als Charakter direkt verliebt. Sie ist so schlau, so stark, trotzdem auch manchmal unsicher. Sie hat sehr viel Intuition, die ihr aber häufig von Jende abgesprochen wird. Und am Ende zeigt sie auch, was sie alles bereit ist zu tun. Hätte sie sich am Ende selbst von der Leine gelassen, ich hätte es so gefeiert. Aber leider ist sie eben anders erzogen wurden, und muss sich letztlich eben auch dem Willen ihres Mannes beugen. Das ist der Teil, der mir an der Geschichte nicht so gut gefallen hat, weil ich einfach etwas Besseres für diese Powerfrau wollte.

Das Ende hat mir dann persönlich auch nicht so gut gefallen, aber ich verstehe, warum es das Ende sein musste. Ich finde, dass Imbolo Mbue hier zeigt, was für ein außergewöhnliches Schreibtalent sie hat, denn das ist immerhin ihr erster Roman gewesen. Auch wenn ich inhaltlich einiges schade fand, hat es doch von der Erzählung und den Themen, die hier angerissen werden, total Sinn gemacht. Es ist dann wirklich einfach persönlicher Geschmack.

Alles in allem kann ich das Buch nur empfehlen. Thematisch hat mich die Finanzkrise so gar nicht angesprochen, aber das Buch hat mir dann trotzdem sehr gut gefallen. Ich fand die Charaktere faszinierend, die Diskussionen, die sie haben, wenn diese Welten aufeinanderprallen. Ich mochte auch, wie sich eben zeigt, dass manche Träume letztlich nur Träume sind, die zerplatzen, wenn man zu nah an sie herantritt. Ich denke, das Buch ist eine sehr ehrliche und erschütternde Darstellung der Erfahrung von Migrant*innen auf der Welt. Wenn euch das anspricht, lest es auf jeden Fall!

Bis bald,
Eure Kitty Retro




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