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Donnerstag, 29. Februar 2024

Out There Screaming


Hallo meine Horrorleser,

heute möchte ich euch eine Geschichtensammlung vorstellen, die verschiedene Horrorgeschichten von Schwarzen Autoren zusammenträgt. Dabei waren viele Namen dabei, die mich direkt haben aufhorchen lassen. Und bei Horror bin ich ja sowieso gleich interessiert.

Die Fakten:

  • Editor: Jordan Peele
  • Titel: Out There Screaming
  • Erschienen: 2023
  • Verlag: Picador
  • Seiten: 369
  • Preis: 23,82 Euro
  • Klappentext: "A cop begins seeing huge, blinking eyes in place of the headlights of cars that tell him who to pull over. Two freedom riders take a bus that leaves them stranded on a lonely road in Alabama, where several unsettling somethings await them. A young girl dives into the watery depths in search of the demon that killed her parents. Here you'll find monster-hunters fighting monsters, humanoid AIs fighting for their rights and an Igbo woman standing up to a powerful spirit."

Zu den einzelnen Geschichten:

  • Reckless Eyeballing von N K Jemisin

Diese erste Geschichte von einer meiner Lieblingsautorinnen ist knapp unter 20 Seiten lang und ziemlich eklig. Wir folgen einem Schwarzen Polizisten, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Übeltäter zu bestrafen. Dabei handelt er nicht immer innerhalb der Linien des Gesetzes. Eines Tages beginnt er dann auffällige Augen zu sehen, und in seinem Versuch herauszufinden, was diese bedeuten, gerät sein Leben auf eine ganz neue Bahn. Ich gebe der Geschichte 4 Sterne, nicht so sehr gruslig, als einfach sehr abstoßend.

  • Eye & Tooth von Rebecca Roanhorse

Die Bücher von Rebecca Roanhorse will ich schon ewig lesen, wenn sie doch endlich mal eine Reihe zu Ende schreiben würde. Daher habe ich mich sehr auf ihre Geschichte gefreut. Sie ist auch knapp unter 20 Seiten lang und erzählt von zwei Geschwistern, die Monster jagen. Sie werden zu einer entlegenen Ranch in Texas gerufen, wo etwas im Kornfeld auf der Jagd ist. Es war eine schöne kleine Gruselgeschichte mit einem guten Twist am Ende, ich gebe auch hier 4 Sterne.

  • Wandering Devil von Cadwell Turnbull

Auch die Bücher von Cadwell Turnbull sind auf meiner Wunschliste, und ich war gespannt auf diese Geschichte. Wir folgen einem Mann, der einer Familie von rastlosen Wanderern entspannt. Aufgewachsen bei der Großmutter macht er sich eines Tages auf den Weg die USA zu erkunden. Inzwischen lebt er in einer Stadt, in der er sich in eine Frau verliebt hat, die bereit ist mit ihm ein Leben zu starten, aber er weiß nicht, ob er bleiben kann oder die Wanderlust ihn wieder packt. Leider war diese Geschichte ziemlich langweilig, wenn auch gut geschrieben. Horror war es für mich nicht. Ich gebe ihr 3 Sterne.

  • Invasion of the Baby Snatchers von Lesley Nneka Arimah

Von dieser Autorin hatte ich bisher nicht gehört und war gespannt auf die Geschichte. Sie ist etwa 20 Seiten lang und setzt an dem Klischee der Alienschwangerschaft an, die mich direkt erstmal an die Sims erinnert hat (denn da können auch männliche Sims nach einer Entführung durch Aliens schwanger werden). Wir folgen einer Protagonistin, die genau solche Alienbabys jagt. Ich fand die Geschichte an sich spannend und kreativ, die Art, wie sie mit diesem Klischee spielt, aber am Ende zu offen. Ich gebe ihr 4 Sterne. Auch hier war für mich etwas wenig Horror und mehr Sci-Fi.

  • The Other One von Violet Allen

Diese Geschichte ist etwa 15 Seiten lang und wieder von einer Autorin, die ich bisher nicht kannte. Wir folgen Angela, die in ihrer Familie das weiße Schaf ist. Allerdings hat ihr Partner sie verlassen, und sie kommt nicht gut damit klar. Plötzlich schreibt ihr allerdings eine andere Frau von seiner Nummer und verlangt, dass sie vorbeikommt. Für Angela beginnt eine seltsame Nacht. Diese Geschichte war nicht wirklich für mich. Eifersucht und Herzschmerz sind für mich einfach keine sehr relevanten Themen, mit denen ich etwas anfangen kann. Daher gebe ich der Geschichte 3 Sterne.

  • Lasirén von Erin E Adams

Von dieser Autorin hatte ich schon ein Buch im Auge, habe allerdings den Namen nicht gleich erkannt, sondern es erst beim Googlen gesehen. Diese Geschichte ist unter 10 Seiten lang und folgt drei Schwestern auf Haiti, die von ihrer Mutter vor dem Meer und seltsamen Frauen darin gewarnt werden. Ich liebe Geschichten über Meerjungfrauen und Sirenen immer, vor allem wenn sie dunkel und gruslig sind. Auch hier war ich sehr begeistert, wie viel die Autorin auf den wenigen Seiten rüberbringt. Ich gebe der Geschichte 5 Sterne.

  • The Rider von Tananarive Due

Auf diese Geschichte war ich so gespannt, denn ich habe ein Buch der Autorin schon so ewig auf meiner Wunschliste und konnte es kaum erwarten ihren Schreibstil zu testen. Wir folgen zwei Schwestern, die sich in den 60er Jahren, während der Jim Crow-Ära in den USA, für die Bürgerrechtsbewegung engagieren. Sie wollen zu einer Demonstration mit dem Bus fahren, allerdings bekommen sie schon bei der Abfahrt ein schlechtes Gefühl. Sie sind die einzigen Reisenden in dem Bus, und nachdem sie eine Zeit eingeschlafen waren, scheinen sie nicht mehr auf der richtigen Strecke zu sein. Ich mochte diese Geschichte sehr, vor allem auch durch die Verortung in der Geschichte und die Frage, wer in dieser Geschichte das Monster ist. Ich gebe ich auch 5 Sterne.

  • The Aesthete von Justin C Key

Diese Geschichte ist mit 28 Seiten ziemlich lang für diese Sammlung. Von dem Autor hatte ich noch nicht gehört. Es ist eine Sci-Fi-Geschichte über künstliche Intelligenz, doch in dieser Welt werden die Roboter Art (also Kunst) genannt. Wir folgen einem männlichen Art, der recht jung seinen Creator verloren hat. Doch dann trifft er eine weibliche Art, die ihn an seinen Creator erinnert. Leider war diese Geschichte nicht für mich. Sie versucht etwas zu machen, aber das ist einfach kein Thema, was mich sehr interessiert. Es hat mich etwas an die beiden Kazuo Ishiguro-Bücher erinnert, die ich bisher gelesen habe: eine Mischung aus Klara and the Sun und Never Let Me Go. Ich gebe dieser Geschichte 3 Sterne.

  • Pressure von Ezra Claytan Daniels

Diese Geschichte, die mit etwa 15 Seiten wieder eher kurz ausfällt, ist in der zweiten Person geschrieben, was ich persönlich liebe, viele andere aber gar nicht mögen. Ich werde nie verstehen warum, weil für mich zieht es einen dann direkt mehr in die Geschichte hinein. Wir folgen einer mixed-race Person, die in einer weißen Familie großgeworden ist und diese Familie besuchen fährt. Dabei befinden wir uns scheinbar in einer Zeit, in der extreme Wetterverhältnisse noch viel häufiger geworden sind, sodass zum Beispiel Flugzeuge nun dauernd abstürzen. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich für die Geschichte einfach ein bisschen zu blöd war, ich habs nicht wirklich verstanden. Ich mochte aber den Schreibstil sehr, also gebe ich 4 Sterne.

  • Dark Home von Nnedi Okorafor

Mit etwa 25 Seiten ist dies eine der längeren Geschichten in diesem Buch. Ich war sehr darauf gespannt, weil ich schon oft von Nnedi Okorafors Büchern gehört hatte. Wir folgen einer Frau, die gerade ihren Vater verloren hat, damit allerdings nicht gut zurecht kommt. Bei seiner Bestattung beschließt sie sich gegen die nigerianischen Traditionen ihrer Familie zu wenden und muss dann mit den Konsequenzen leben. Ihr amerikanisches Leben ist voller technischer Überwachung, doch selbst die kann ihr nun kein Gefühl von Sicherheit mehr vermitteln. Die Szene, wo sie im Auto feststeckt und über die Kamera in ihrem Haus nach ihrem Hund schaut - für alle Haustierbesitzer ein Alptraum. Auch so fand ich die Geschichte sehr spannend und auch schaurig. Ich gebe 4 Sterne.

  • Flicker von L D Lewis

Diese ca 15 Seiten lange Geschichte ist wieder ein schnellerer Lesesnack. Die Autorin kannte ich vorher nicht, aber ich hatte gehört, dass einige Leute diese Geschichte sehr toll fanden. Wir folgen einer jungen Frau, die sehr schlechte Sicht hat und deren Bruder ein Augenarzt ist. An einem normal scheinenden Tag verschwindet für 21 Sekunden für alle Menschen die Sicht - die Welt wird einfach dunkel - und dann stürzt alles in Chaos. Mir war das Ende etwas so abrupt und offen in einer Art, aber es ist schon eine gruslige Vorstellung. Ich gebe 4 Sterne.

  • The Most Strongest Obeah Woman of the World von Nalo Hopkinson

Auch diese Geschichte ist wieder über 25 Seiten lang und damit eine der längeren in diesem Band. Die Autorin kannte ich bisher nicht, aber es fand es spannend, dass wir hier auf karibische Inspiration aufbauen. Die Sprache ist hier auch mit dem Akzent geschrieben, was für Nichtmuttersprachler vielleicht etwas herausfordernd ist, aber bestimmte gerade im Hörbuch toll funktioniert. Wir folgen einem jungen Mädchen, das sich an einer Meereskreatur rächen möchte, die ihre Eltern getötet hat, aber dann eine seltsame Verbindung mit dem Wesen eingeht. Es hat dadurch ein starkes Body-Horror-Element. Für mich war das eher eine traurige Geschichte, da das Wesen sehr wie ein Tintenfisch geschrieben ist, und ich mag es einfach nicht, wenn diese für Horror verwendet werden. Ich gebe der Geschichte trotzdem 4 Sterne, weil sie gut geschrieben war. 

  • The Norwood Trouble von Maurice Broaddus

 Diese Geschichte mit etwa 15 Seiten folgt einem Mädchen, dass in einer Schwarzen Community in Indianapolis lebt. Die Geschichte ist eher historisch und spielt kurz nach dem Bürgerkrieg in den USA. Der Horror hier liegt vor allem in der Geschichte des Kukluxklans und den schrecklichen Verbrechen, die diese begangen haben. Doch in dieser Geschichte schlägt ein kleines Mädchen vielleicht zurück. Ich fand den Schreibstil etwas verwirrend und gebe 4 Sterne.

  • A Grief of the Dead von Rion Amilcar Scott

Diese Geschichte war auch wieder über 25 Seiten lang und leider gar nicht für mich. Es gibt ja einfach unterschiedliche Arten von Horror, und ich bin nicht von allen davon überzeugt. Hier haben wir im Kern eine Zombie-Geschichte, auch wenn viel anderes drumherum passiert. Und es gibt sehr wenige Zombie-Geschichten, die ich mag. Diese Geschichte habe ich tatsächlich über mehrere Tage gelesen, weil es einfach nicht geklickt hat. Es kommen auch noch Riesenvögel vor, die mich an eine Szene in Es erinnert haben. Insgesamt gebe ich 3 Sterne.

  • A Bird Sings by the Etching Tree von Nicole D Sconiers

In dieser etwa 20 Seiten langen Geschichte geht es um Autounfälle. Wir folgen einer Protagonistin, die in den 1990er Jahren bei einem Unfall ums Leben kommt und nun den Straßenabschnitt, auf dem es passiert ist, bespukt. Als an der gleichen Stelle ein anderes Mädchen bei einem Unfall stirbt, finden sie beiden Geistern zusammen und beginnen ein tödliches Spiel. Die Geschichte war auch nicht so richtig für mich, vielleicht auch weil mir für das Thema Straßenverkehr dann doch einige Vokabeln fehlen. Ich gebe 4 Sterne.

  • An American Fable von Chesya Burke

Diese nicht ganz 20 Seiten lange Geschichte hat mir richtig gut gefallen. Wir befinden uns in den USA nach dem Ersten Weltkrieg, wo Schwarze Soldaten für dieses Land gekämpft haben und nun zurückkehren und weiter wie Dreck behandelt werden. Das hat mich direkt an Mudbound erinnert, einer der besten Filme auf Netflix. In dieser Geschichte geht es allerdings um einen Mann in einem Zug, der von einem mysteriösen Kind vor einem weißen Mob gerettet wird. Ich gebe der Geschichte 5 Sterne.

  • Your Happy Place von Terence Taylor

Auch diese Geschichte ist unter 20 Seiten lang und wir folgen einem Mann, der das perfekte Leben hat. Doch die Firma, für die er arbeitet, ist dubios, und er entschließt sich der Sache auf den Grund zu gehen. Sie bieten ein neues Projekt an, bei dem Gefangene im Gefängnis ihre Strafe mindern können, wenn sie über ein Computerprogramm neue Fähigkeiten erlernen. Ich fand diese Geschichte super, sie ist eine Mischung aus Get Out und Matrix, und verweist auf die großen Probleme des amerikanischen Gefängnissystems. Ich gebe 5 Sterne.

  • Hide & Seek von P Djèlí Clark

Jetzt komme noch einmal eine Geschichte von einem Autor, den ich schon kenne und sehr mag. In dieser Geschichte treffen wir auf ca 20 Seiten zwei kleine Jungen und ihre Mutter. Sie spielen ein seltsames Versteck-Spiel, bei dem es um Magie, und vielleicht sogar um Leben und Tod, geht. Dabei geht es thematisch um Drogenabhängigkeit, und die Hilflosigkeit, die Kinder von abhängigen Eltern erfahren. Ich mochte die Geschichte, ich gebe ihr 4 Sterne.

  • Origin Story von Tochi Onyebuchi

Diesen Autor habe ich schon länger im Auge und war daher gespannt auf seine Geschichte, die das Buch zum Abschluss bringt. Mit etwa 30 Seiten scheint die Geschichte lang, sie ist aber nicht als Fließtext geschrieben, sondern als Theaterstück. Wir haben eine Szene mit vier weißen Jungen, die auf den Beginn eines Kurses warten. Hier merke ich wieder, dass ich für manche Dinge einfach nicht schlau genug bin, denn ich habe mit Sicherheit nicht alles verstanden, was in diesem Text steckt. Ich gebe 4 Sterne. 

Alles in allem hat mir diese Sammlung von Geschichten sehr gut gefallen. Es ist wirklich für jeden und jede etwas dabei. Ich hoffe, ihr seid nun inspiriert sie vielleicht auch irgendwann zu lesen. Für mich war es eine schöne Gelegenheit ein paar neue Autoren zu entdecken. Neben den Geschichten fand ich übrigens auch das Vorwort von Jordan Peele, der den Film Get Out gemacht hat, sehr interessant.

Bis bald,
Eure Kitty Retro





Meine Bewertung:



Donnerstag, 22. Februar 2024

The Changeling


Hallo meine Horrorhasen,

machen wir direkt weiter mit einem Buch, das ich gerade erst beendet habe. Victor LaValle habe ich schon lange auf meiner Wunschliste gehabt, und letztes Jahr war er mit seinem neuen Buch sehr erfolgreich. Ich wollte trotzdem gern mit diesem beginnen, weil es viele Preise gewonnen und viel gelobt worden ist. Und ich bereue diese Entscheidung nicht.

Die Fakten:

  • Autor: Victor LaValle
  • Sprecher: Victor LaValle
  • Titel: The Changeling
  • Erschienen: 2017
  • Verlag: Random House Audio
  • Dauer: 14 Std 2min (ungekürzt)
  • Preis: 9,95 Euro im Abo
  • Klappentext: "When Apollo Kagwa's father disappeared, he left his son a box of books and strange recurring dreams. Now, Apollo is a father himself - and as he and his wife, Emma, settle into their new lives as parents, exhaustion and anxiety start to take their toll. Apollo's old dreams return, and Emma begins acting odd. At first, Emma seems to be exhibiting signs of postpartum depression. But before Apollo can do anything to help, Emma commits a horrific act and vanishes. Thus begins Apollo’s quest to find a wife and child who are nothing like he'd imagined. His odyssey takes him to a forgotten island, a graveyard full of secrets, a forest where immigrant legends still live, and finally back to a place he thought he had lost forever."

Zur Handlung: Alles beginnt mit einer jungen Frau, die aus Afrika in die USA flieht, und dort einen weißen Mann kennen lernt. Alles beginnt mit seinem Durchhaltevermögen, wenn sie nicht einwilligen will mit ihm auf ein Date zu gehen. Alles beginnt mit der Geburt ihres Sohnes Apollo, der zu einem Jungen heranwächst, der Alpträume zum Verschwinden seines Vaters hat, und Bücher liebt. Alles beginnt mit einem Bibliotheksverkauf, bei dem dieser Junge, nun selbst erwachsen, die Liebe seines Lebens trifft, und ein Jahr darauf wartet, dass sie von einem Abenteuer zurückkehrt. Alles beginnt mit der Geburt seines Sohnes.

In dieser Geschichte folgen wir den komplizierten Familiendynamiken der Kagwas und den Geheimnissen, die die Familienmitglieder voreinander bewahren. Vermischt wird das ganze mit mythischen Sagen, die vielleicht wahr sind, aber vielleicht auch nur dazu dienen, das Schrecklichste irgendwie verständlich zu machen. Und die Frage, die sich Apollo Kagwa stellen muss: ist er ein guter Vater?

Wenn man dieses Buch zu lesen beginnt, dann ist zunächst nichts davon Horror. Es ist eher eine Familiengeschichte, die auch noch sehr romantisch und mit viel Feingefühl erzählt wird. Das bleibt so für das erste Viertel des Buches. Der Autor nimmt sich Zeit die Charaktere vorzustellen und ein kleines realistisches Idyll einer Familie aufzubauen, sodass dann die Fallhöhe noch größer ist. Und oh mein Gott, war die Fallhöhe große.

Apollo als Hauptcharakter ist an sich gut gewählt, aber war für mich persönlich manchmal anstrengend. Er versucht so sehr ein guter Vater zu sein. Dabei gibt es einige Kommentare zu den "New Dads", und auch einige Fehler, die er begeht, die man im Jahr 2024 meilenweit sehen sollte. Aber natürlich ist das bis heute nicht bei allen angekommen, und 2017 sah das noch ganz anders aus. Was ich hier so kryptisch umschreibe, ist zum Beispiel die Tatsache, dass man keine 100 Fotos seines Kindes einfach ins Internet stellt, egal wie sehr man sich nach Likes sehnt.

Neben Apollo haben wir zwei wichtige Frauen. Einerseits ist da seine Mutter, die ihn zum Großteil allein aufgezogen hat, und wo definitiv Geheimnisse ans Licht komment werden. Ich mochte diese Frau, die so viel auf sich genommen hat, um ein Leben in den USA zu starten. Doch wie das immer so ist mit Eltern und Kindern, weiß Apollo nicht alle ihre Opfer zu schätzen. Und dann haben wir Emma, die ich am Anfang sehr mochte. Sie ist Bibliothekarin und für Apollo nicht leicht herumzukriegen. Doch nach und nach entfremden sich Apollo und Emma, und dadurch wird Emma auch eine Fremde für uns Leser.

In diesem Buch steckt sehr viel drin und es passiert auch sehr viel. Wie gesagt, der Anfang liest sich nicht wie ein Horror. Im zweiten Viertel passieren dann sehr grausame und schreckliche Dinge, sodass da eher Horrorgefühle aufkommen. Dann wandelt es sich aber eher Richtung Thriller, denn Apollo versucht herauszufinden, warum diese schrecklichen Dinge geschehen sind, und begibt sich auf eine Art Jagd. Am Ende erfahren wir dann, was das Übel ist, was hinter allem steht, und dann kommen Horrorelemente zurück. Alles in allem ist das für mich aber kein klassischer Horrorroman, auch wenn viel Schreckliches darin geschieht.

Ich würde auf jeden Fall allen Personen abraten dieses Buch zu lesen, die gerade frisch Eltern geworden sind oder in nächster Zeit (nochmal) Eltern werden. Das Buch beschäftigt sich viel mit dem Verlust von Kindern und mit deren Verschwinden. Gleichzeitig kommen auch Themen wie Post Partum Depressionen vor. Allerdings ist es auch nicht unbedingt das perfekte Buch, wenn ihr nicht gern über Kinder lest, denn vor allem in dem ersten Viertel werden dann doch ziemlich viele Windeln gewechselt. Ich habe mich durch den Teil etwas durchgebissen, ging schon.

Ich fand die Auflösung am Ende nicht perfekt gelungen. Es gibt dann doch noch viele lose Fäden, zu denen ich nicht genug Antworten bekommen habe, um das Buch zu einem neuen Favoriten zu machen. Es ist schwer das ohne spoilern zu erklären, aber für mich hat es gar keinen Sinn gemacht, dass Apollo und Emma die ersten sind, die etwas gegen das Übel unternehmen. Dass sie vielleicht als erste erfolgreich sind, ok, aber niemand hat sich da mal aufgelehnt? Mit allem, was die so wissen?

Trotzdem hat das Buch viele wundervolle Momente, viele schaurige Momente, und es nimmt einen wirklich mit auf eine Reise. Ich bin sehr froh, dass ich das Buch endlich gelesen habe, auch wenn das Grundkonzept von einem Changeling, also einem Kind, das einem von magischen Wesen untergejubelt wird, für mich eher abschreckend war. Aber es hat sich gelohnt und ich werde mehr Victor LaValle lesen.

Wenn ihr Apple TV+ habt, könnt ihr euch zum Buch auch eine Serie anschauen.

Bis bald,
Eure Kitty Retro





Meine Bewertung:



Dienstag, 20. Februar 2024

Go Tell It on the Mountain


Hallo meine Lesehasen,

wir versuchen es heute mal wieder mit einem Buch, das ich gerade erst gestern beendet habe. Vielleicht werde ich dieses Jahr ja wirklich wieder eine richtige Bloggerin. Na zumindest stand James Baldwin schon ganz lange auf meiner Liste von Autoren, die ich lesen will. Wie das aber oft so ist, wusste ich nicht so richtig, wo ich anfangen soll. Also habe ich mich jetzt für seinen ersten Roman entschieden. Am Anfang anfangen mag ich immer am liebsten.

Die Fakten:

  • Autor: James Baldwin
  • Titel: Go Tell It on the Mountain (dts. Gehe hin und verkünde es vom Berg / Von dieser Welt)
  • Erschienen: 1954
  • Verlag: Peguin Modern Classics
  • Seiten: 256
  • Preis: 13,00 Euro
  • Klappentext: "Drawing on his boyhood in a religious community in 1930s Harlem, he tells the story of young Johnny Grimes. Johnny is destined to become a preacher like his father, Gabriel, at the Temple of the Fire Baptized, where the church swells with song and it is as if `the Holy Ghost were riding on the air´. But he feels only scalding hatred for Gabriel, whose fear and fanaticism make him cruelly abuse his family. Johnny vows that, for him, things will be different. This blazing tale is full of passion and guilt, of secret sinners and prayers singing on the wind."

Zur Handlung: John ist 14 Jahre alt, als er feststellt, dass er für seinen Vater nur Hass empfindet. Er lebt mit Vater, Mutter, jüngerem Bruder Roy und den beiden jüngeren Schwestern zusammen. Die Familie ist geprägt von den religiösen Ansichten und der Gewalt des Vaters. Die Mutter versucht ihre Familie zusammenzuhalten, doch Roy, der sich von niemandem etwas sagen lässt, stört den fragilen Frieden immer wieder.

So ist es auch an Johns Geburtstag, den er -sündigend- in einem Kino verbringt. Als er mit schlechtem Gewissen nach Hause kommt, hat sein jüngerer Bruder es geschafft von weißen Teenagern in Konflikt zu geraten - und diesen Konflikt hat er verloren. Die ganze Familie -inklusive der Tante Florence- ist in Aufruhr. Am eindrücklichsten ist jedoch, wie es in keiner Szene zu Beginn dieses Buches wirklich um John geht...

Ich hatte mich schon darauf eingestellt, dass das kein Gute-Laune-Buch wird, und das ist auch gut so. Viele Themen, die hier aufgegriffen werden, sind tieftraurig, und das meiste davon macht einen auch wütend auf die Menschheit, wie wir uns immer wieder gegenseitig so viel Mist antun können. Das ist hoffentlich nicht überraschend, sollte euch aber bei diesem Buch, das sich um Rassismus, Religion, Gewalt und Seximus dreht, bewusst sein.

John ist in einer Weise unsere Hauptfigur, und mit ihm fühlen wir als erstes mit, denn wir sehen seine Familie mit seinen Augen. Er ist ein ruhiger Junge, der eigentlich keinen Ärger macht. Alle erwarten, dass er in die Fußstapfen des Vaters treten und sein Leben der Kirche übergeben wird. Das hat John so lange gehört, dass er es nie in Frage gestellt hat - bis jetzt zu seinem Geburtstag. Was John an diesem Tag zu erlebt, hat mich sehr für ihn fühlen lassen, auch wenn ich am Ende dann etwas abgehängt wurde, weil ich mit Glauben nicht viel am Hut habe.

Das Buch hat aber eine interessante Erzählstruktur, wo wir nach dem ersten Teil John etwas hinter uns lassen und in Teil zwei jeweils die Perspektive der Tante Florence, des Vaters Gabriel und der Mutter Elizabeth bekommen. So erfahren wir, welcher Weg diese jeweils dahin geführt hat, wo wir sie durch Johns Augen gesehen haben. Dadurch wird unser Blick auf diese dysfunktionale Familie völlig abgerundet. Die Geschichte von Florence und Elizabeth sind dabei sehr traurig und geprägt von der Unterdrückung der Frauen in dieser Zeit. Beide sind starke und eigensinnige Frauen, die dennoch wissen, dass ihr Glück davon abhängt, einen guten Mann zu finden. Das gelingt allerdings beiden durch verschiedene Gründe nicht.

Am verstörendsten ist allerdings das Kernstück dieses Buches, die Auseinandersetzung die Baldwin mit seinem eigenen Vater hat, und das geschieht im Kapitel von Gabriel. Auf der Rückseite des Buches steht als Zitat von Baldwin "I had to deal with what hurt me most. I had to deal with my father". Gabriel ist ein Mann, der alle Menschen um sich herum verletzt, sei es die Mutter, die Schwester, die erste Ehefrau, die Geliebte oder jetzt seine Familie. Und das tut er in absoluter Ahnungslosigkeit, weil er sich als der Bestimmte von Gott empfindet. Es ist wirklich schwer zu lesen, und gleichzeitig muss ich Baldwin dafür applaudieren, wie er hier die Gefühlswelt so eines Charakters auf die Seiten bringen kann.

Wie gesagt, dieses Buch beschäftigt sich auch mit Rassismus, aber dieser ist etwas, was vor allem im Hintergrund dieser Lebensläufe der Charaktere permanent mitschwingt. Alle Charaktere in diesem Buch sind vom Rassismus in den USA geprägt, und hier allen Geschehnissen steht dieser wie ein Schatten. Aber viel zentraler geht es um Religion, ein Thema, das auch Baldwin lange in seinem Leben beschäftigt hat. Hier hätte ich mir aber noch etwas mehr gewünscht, denn wir bleiben innerhalb dieses einen Tages im Leben von John, und so sehen wir nicht, wie es mit ihm und der Religion schließlich weitergeht.

Was ich kurz noch erwähnen möchte, ist, dass wir zwischen John und einem anderen Jungen in der Kirche eine sehr starke Anziehung sehen. Diese wird nicht explizit als romantisch beschrieben, aber man kann auf jeden Fall homosexuelle Tendenzen in den Interaktionen herauslesen. Das wird hier nicht weiter aufgearbeitet, aber es hat mich gespannt darauf gemacht, Giovanni's Room als nächstes zu lesen.

Alles in allem würde ich euch dieses Buch empfehlen, wenn euch die Themen interessieren. Ich fand es sehr gut und verständlich geschrieben, die Charaktere waren wunderbar herausgearbeitet, und wir bekommen so einen tiefen Blick auf diese Menschen, ihre Fehler, ihre Schwächen, ihre Träume. Ich werde auf jeden Fall mehr Baldwin lesen.

Bis bald,
Eure Kitty Retro





Meine Bewertung:



Sonntag, 18. Februar 2024

A Dead Djinn in Cairo


Hallo meine Fantasyleser,

heute kommen wir zum Start einer Reihe, auf die ich mich sehr freue. Ich hatte sie schon sehr lange im Auge und habe letztes Jahr endlich die erste Novelle gelesen. Zwar habe ich bisher nicht weitergelesen, aber ich kann es kaum erwarten. Die Geschichten in dieser Welt variieren dabei stark in ihrer Länge, von einer Kurzgeschichte bis zu einem Roman. Dieser erste Band ist eher eine kurze Novelle.

Die Fakten:

  • Autor: P Djèli Clark
  • Titel: A Dead Djinn in Cairo
  • Reihe: Dead Djinn Universe 1
  • Sprecher: Suehyla El-Attar
  • Verlag: Macmillan Audio
  • Erschienen: 2019
  • Dauer: 1 Std 41min (ungekürzt)
  • Preis: kostenlos im Audible-Abo
  • Klappentext: "Egypt, 1912. In an alternate Cairo infused with the otherworldly, the Ministry of Alchemy, Enchantments, and Supernatural Entities investigate disturbances between the mortal and the (possibly) divine. What starts off as an odd suicide case for Special Investigator Fatma el-Sha’arawi leads her through the city’s underbelly as she encounters rampaging ghouls, saucy assassins, clockwork angels, and plot that could unravel time itself."

Zur Handlung: Fatma ist eine Agentin für ein Ministerium für Magie in Kairo und wird zu einem Fall gerufen, bei dem jemand scheinbar Selbstmord begangen hat. Dabei muss sie mit einem Kollegen zusammen arbeiten, mit dem die Luft ziemlich dick ist. Doch die beiden werden schnell in Dinge verwickelt, die ihre persönlichen Gefühle in den Hintergrund treten lassen.

So kämpfen sie sich durch die magische Unterwelt von Kairo, auf der Suche nach einem Wesen, das die ganze Welt in Gefahr bringen könnte. Eine große Rolle spielen dabei Automaten, die Engel beherbergen können, sodass diese auf der Welt umgehen können. Der Fall ist am Ende vielleicht viel weniger verworren, als Fatma denkt.

Es ist jetzt schon eine ganze Weile her, seit ich diese erste Novelle der Reihe gehört habe, aber ich erinnere mich daran, dass ich sehr viel Spaß damit hatte. Ich lese sehr gern Mystery-Geschichten, aber besonders, wenn sie mit Magie versehen sind. Das macht oft einfach alles noch etwas unvorhergesehener, und kann auch die Bedrohung für die Welt erhöhen, wie wir hier sehen können.

Fatma als Hauptfigur mochte ich sehr. Sie ist als Frau eine Rarität in ihrem Ministerium und deswegen auch einiges von ihren männlichen Kollegen gewohnt. Dennoch lässt sie sich davon wegen einschüchtern, noch in irgendeine Ecke stellen. Sie ist stark und schlau und bereit für ihren Job alles zu machen. Ich mochte, wie das auch mit gängigen Klischees zu arabischen oder muslimischen Frauen steht.

Neben ihr haben wir noch ihren Kollegen, wobei ich hier vor allem die Gespräche der beiden mochte, die mich oft zum Lachen gebracht haben. Er ist natürlich skeptisch, dass er mit Fatma zusammen arbeiten soll, aber merkt dann doch schnell, dass das gar nicht so schlecht ist. Außerdem haben wir dann noch eine Figur, die erst in der zweiten Hälfte auftaucht, aber vielleicht im Laufe der Reihe noch wichtiger wird? Sie fand ich auf jeden Fall sehr spannend, vor allem auch als möglicher Love Interest.

Hauptsächlich geht es natürlich um den Fall des vermeintlichen Selbstmords. Hier werden verschiedene Personen interviewt, die vielleicht Täter sind, und es wird auch in ein paar Fallen und Hinterhalte getappt. Dabei wird es auf jeden Fall spannend, und ich hatte teilweise schon Angst um die Charaktere und habe sehr mitgefiebert. Also Nervenkitzel garantiert.

Die Auflösung des Falls war dann nicht super spektakulär für mich, was bei so einem sehr kurzen Buch vielleicht auch schwierig ist. Trotzdem mochte ich so viele der anderen Elemente der Geschichte, dass mich das gar nicht gestört hat. Wenn ihr Mystery aber gar nicht mögt, ist das vermutlich keine Reihe für euch.

Das Besondere an diesem Buch ist definitiv das magische System. Wir haben eine alternative Geschichte, in der sich Ägypten erfolgreich gegen die Kolonalisten wehren konnte, aber Europäer trotzdem weiter in Kairo präsent sind. Das liegt auch an der Magie und den magischen Wesen, die es in dieser Welt gibt. Die Welt hat außerdem ein starkes Steam Punk-Gefühl, wie gesagt zum Beispiel aufgrund der Automaten, in denen Engel leben können.

Ich kann es kaum erwarten mehr aus dieser Welt zu lesen. Soweit ich weiß, folgen wir nicht immer Fatma, was ich etwas schade finde, aber sie taucht auf jeden Fall in der Reihe wieder auf, und darauf freue ich mich. Dieser Band war ein guter Einstieg in diese Welt.

Bis bald,
Eure Kitty Retro





Meine Bewertung:



Donnerstag, 15. Februar 2024

Even Though I Knew the End


Hallo meine Lesefreunde,

heute möchte ich euch eine Noir-Krimi-Geschichte mit Fantasy-Elementen vorstellen. Ich hatte so viel Gutes über diese Novelle gehört und war interessiert, ob dieser Genre-Mix für mich funktionieren würde. Außerdem folgen wir auch einem lebischen Paar, die bereits in einer Beziehung sind. Das fand ich eine spannende Perspektive.

Die Fakten:

  • Autor: C L Polk
  • Sprecher: January LaVoy
  • Titel: Even Though I Knew the End
  • Erschienen: 2022
  • Verlag: Recorded Books
  • Dauer: 3 Std 52min (ungekürzt)
  • Preis: kostenlos im Audible Abo
  • Klappentext: "A magical detective dives into the affairs of Chicago's divine monsters to secure a future with the love of her life. This sapphic period piece will dazzle anyone looking for mystery, intrigue, romance, magic, or all of the above. An exiled augur who sold her soul to save her brother's life is offered one last job before serving an eternity in hell. When she turns it down, her client sweetens the pot by offering up the one payment she can't resist—the chance to have a future where she grows old with the woman she loves. To succeed, she is given three days to track down the White City Vampire, Chicago's most notorious serial killer. If she fails, only hell and heartbreak await."

Zur Handlung: In dieser Geschichte folgen wir Helen, die eine verbotene Art von Magie verwendet um Verbrechen aufzuklären. Vor vielen Jahren hat sie einen Deal gemacht, und sie weiß, dass der Tag, an dem sie ihre Rechnung begleichen muss, bald kommt. Doch sie erhält die Möglichkeit den Deal neu zu verhandeln, wenn sie einen berüchtigten Serientäter findet: den White City Vampire.

Allerdings führen ihre Recherchen sie bald zu der Annahme, dass dieser Serientäter vielleicht kein Mensch ist. Und vielleicht wird sie übernatürliche Hilfe brauchen, um ihre Zukunft mit ihrer Partnerin Edith zu sichern. Doch auch andere Mächte sind Helen auf der Spur. Wird sie den Fall lösen, eh ihre Zeit abläuft?

Wie gesagt war ich sehr gespannt auf diese Geschichte, von der alle so geschwärmt haben, und da ich kostenlos darauf Zugriff hatte, gab es keinen Grund mehr, es nicht zu probieren. Wir fallen in dieser Novelle ziemlich plötzlich in die Geschichte hinein, und es gibt relativ wenig Erklärungen z.B. zu der Magie, die in dieser Welt existiert. Mich stört sowas meist nicht, ich kann sehr gut erstmal mit der Geschichte mitgehen und schauen was passiert. Das hat sich hier bewährt.

Helen als Hauptfigur mochte ich direkt gern. Wir haben in dieser Welt dieses klassische Noir-Feeling. Alles ist irgendwie gemuted und dunkel und es regnet - oder so ähnlich. Aber Helen spielt nicht zu sehr in diese Klischees hinein, allein schon mal, weil sie kein Mann ist. Außerdem lebt sie in einer funktionalen Beziehung. Doch sie hat ein großes Geheimnis, nämlich das ihre Tage gezählt sind. Auch die Hintergrundgeschichte dazu mochte ich. Von daher war ich bereit Helen in diese Ermittlungen zu folgen.

Neben Helen haben wir noch einige andere wichtige Charaktere. Zum Beispiel eine Dämonin als Auftraggeberin, die ich absolut gefeiert habe. Die Art und Weise, wie sie beschrieben wurde, und was sie so tut, was einfach genial. Dann haben wir Edith, Helens Partnerin, die ihr eigenes Geheimnis vor Helen hat und vielleicht mehr weiß, als wir dachten. Und schließlich gibt es noch eine wichtige männliche Figur, dazu will ich aber aus Spoilergründen nix sagen. Aber diese Figur ist auch sehr zentral für die Handlung.

Woran ich mich nun nach fast einem Jahr dagegen fast nicht erinnern kann, ist die Auflösung des Falls im Detail. Grob weiß ich noch, dass es einen echten Showdown gibt, der durch die Fantasy-Elemente auch nicht so seltsam erzwungen wirkte, wie oft in anderen Krimis und Thrillern. Aber für mich war es eher der Weg als das Ziel, was dieses Buch für mich ausgemacht hat. Dennoch war das Ende explosiv und zufriedenstellend.

Eine Sache, die mir nicht so gut gefallen hat, kann ich ohne Spoiler nicht gut diskutieren. Sagen wir, im Buch geht es im weitesten Sinne um die Frage, ob man sein Leben gegen das einer anderen Person tauschen sollte, wenn man es kann. Und mir hat in der Ausarbeitung dieser Frage die kritische Perspektive gefehlt, denn ich finde, wenn man so etwas tut, dann ist das eine zutiefst egoistische Entscheidung. Und da hat es sich das Buch in der Kürze dann vielleicht einfach zu einfach gemacht.

Insgesamt würde ich die Novelle auf jeden Fall empfehlen, wenn ihr nix gegen das Lösen von Fällen in Fantasy-Settings habt. Ich mochte die Atmosphäre, die in diesem Buch aufgebaut wird, und die spannenden Charaktere, die diese Welt bevölkern. Vor allem mochte ich auch den Blick auf Helen und Edith als ein Paar, dass schon lange zusammen lebt und nicht erst beginnt sich zu verlieben. Auch wenn ich am Ende nicht die volle Message des Buches geliebt habe, war die Handlung auf jeden Fall spannend und mitreißend.

Bis bald,
Eure Kitty Retro





Meine Bewertung:



Dienstag, 13. Februar 2024

Ring Shout


Hallo meine Horrorhasen,

heute möchte ich euch von einer Novelle berichten, die ich letztes Jahr gehört habe, und die mir sehr viel Lesespaß gebracht hat, auch wenn es um ein ernstes und wichtiges Thema geht: Rassismus in den Vereinigten Staaten. Allerdings wird hier eine alternative Geschichte verfasst, in der Monster die Mitglieder des Kukluxklans unterwandern.

Die Fakten:

  • Autor: P Djèli Clark
  • Sprecher: Channie Waites
  • Titel: Ring Shout
  • Erschienen: 2020
  • Verlag: Recorded Books
  • Dauer: 5 Std 36min (ungekürzt)
  • Preis: kostenlos im Audible-Abo
  • Klappentext: "In 1915, The Birth of a Nation casts a spell across America, swelling the Klan's ranks and drinking deep from the darkest thoughts of white folk. All across the nation they ride, spreading fear and violence among the vulnerable. They plan to bring hell to Earth. But even Ku Kluxes can die. Standing in their way are Maryse Boudreaux and her fellow resistance fighters, a foulmouthed sharpshooter and a Harlem Hellfighter. Armed with blade, bullet, and bomb, they hunt their hunters and send the Klan's demons straight to hell. But something awful's brewing in Macon, and the war on hell is about to heat up. Can Maryse stop the Klan before it ends the world?"

Zur Handlung: Maryse ist eine Monsterjägerin, doch die Monster, die sie jagt, sind mehr als außergewöhnlich. Verkleidet als Mitglieder des Kukluxklan sind die Kukluxe einer der Gründe, warum die Gewalt gegen Schwarze Personen in den USA immer mehr eskaliert. Doch diese Monster sind nicht leicht zu töten, sodass Maryse und ihre Kameradinnen sich ausgefallene Taktiken überlegen müssen, wie sie gegen diese Monster bestehen.

Doch als sie nach einem Einsatz zurückkehren zu ihren Kameradinnen, wird deutlich, dass es noch deutlich größere und bösere Monster gibt als die Kukluxe. Maryse muss sich fragen, wie sie diesen neuen Feind besiegen kann - bevor noch mehr weiße Menschen auf die Seite des Hasses wandern.

Ich glaube, wenn ihr bei dem Pitch "Bad-ass Schwarze Frauen gehen auf die Jagd nach Monstern im Kukluxklan" Lust bekommt, dann solltet ihr das Buch einfach lesen. Wenn nicht, dann kann ich euch auch nicht helfen. Dieses alternative Horror-Fantasy-Setting der Geschichte hat mir gut geholfen, denn die Monster sind eine Metapher für das, was so viel Schmerz in die Welt gebracht hat.

Maryse als Hauptfigur hat mir sehr gut gefallen. Sie ist eine starke, begabte Frau, die sich nicht auf einen Mann verlassen muss, sondern selbst gut durchs Leben kommt. Das heißt nicht, dass sie ohne Liebe lebt, sondern dass sie frei ist zu lieben, wie sie möchte. Außerdem ist sie ihren Kameradinnen gegenüber loyal und verlässlich, und würde alles tun sie zu schützen. Und sie hat absolut keine Angst, dem Bösen ins Auge zu blicken - oder in den Mund?

Neben Maryse gibt es noch einige andere Charaktere, die aber nicht so im Fokus stehen, weil es nur eine Novelle ist. Trotzdem habe ich gerade ihre Kampfgefährtinnen so lieb gewonnen. Wer aber dann noch heraussticht, ist der Bösewicht, den Maryse bekämpfen wird. Hier will ich aber nichts spoilern. Nur so viel: ich kann einen Fleischer nie wieder mit den gleichen Augen sehen.

Dieses Buch wird, was die Horror-Fantasy-Elemente angeht, sehr wild. Darauf sollte man sich einlassen können. Ich habe kein Problem damit, ein Buch einfach mal machen zu lassen und zu schauen, wo es mich hinbringt. Aber wenn man lieber schöne stringente Geschichte ohne die wildesten Fantasie-Auswüchse möchte, dann ist das hier vielleicht nicht die richtige Geschichte. Außerdem muss ich warnen: es wird schon auch echt gruslig und eklig. Zumindest war es so für mich.

Wir bekommen dann auch ein recht großes Finale, wo alles auf dem Spiel steht. Also P Djèli Clark hält in diesen wenigen Seiten/Minuten wirklich nichts zurück. Ich habe mit Maryse mitgefiebert und letztlich fand ich das Ende auch sehr befriedigend, wenn auch eben... echt wild und - kann man das kreativ nennen?

Alles in allem kann ich euch diese Novelle nur empfehlen. Wenn ihr eine ähnliche Geschichte möchtet, die nicht ganz so abgespacet und gruslig/eklig wird, dann empfehle ich stattdessen Dread Nation - da geht es ums Zombie-Jagen nach dem amerikanischen Bürgerkrieg. Aber irgendwie merke ich, solche Monsterjäger-Geschichten sagen mir wirklich zu, da hab ich viel Spaß mit.

Bis bald,
Eure Kitty Retro





Meine Bewertung:




Sonntag, 11. Februar 2024

White is for Witching


Hallo meine Lieblingsleser,

eine Autorin, die ich 2023 endlich testen wollte, war Helen Oyeyemi. Ich habe schon viel über ihre Bücher gehört, vor allem dieses, und es war immer alles sehr durchmischt. Das hat meine Neugier aber geweckt, sodass ich letztes Jahr endlich mal selbst geschaut habe, ob mir diese Autorin zusagt.

Die Fakten:

  • Autor: Helen Oyeyemi
  • Titel: White is for Witching
  • Erschienen: 2009
  • Verlag: Picador
  • Seiten: 245
  • Preis: 12,50 Euro
  • Klappentext: "The mazy house on the cliffs near Dover has been home to generations of Silver women - and it never lets them go. Reeling from the sudden death of her mother Lily, Miranda Silver is newly resident, young and bright and vulnerable. In this place where apples grow in the depths of winter and secret floors are revealed in the night, she starts to eat chalk and to hear voices. As slowly she too begins to disappear, her twin brother Eliot and her best friend Ore are left asking Where is Miranda? But only the house has the answer, and in this spine-tingling tale of magic and memory, the house isn't telling..."

Zur Handlung: Als ihre Mutter Lily stirbt, sind Eliot und Miranda gerade in dem Alter die Schule abzuschließen und an die Uni zu gehen. Allerdings verstärkt der Verlust Mirandas Essstörung, sodass sie in Behandlung muss und viel Schule dadurch verpasst. Als sie nach Hause zurückkehrt und erfährt, dass ihr Bruder ohne sie studieren gehen will, beschließt sie allerdings, trotzdem einen Platz an der Eliteuni zu bekommen, an die er gehen will.

An dieser Uni lernt sie dann Ore kennen, eine Schwarze Mitstudentin. Die beiden verbindet schnell eine intensive Freundschaft und vielleicht auch mehr, und Miranda beschließt irgendwann, Ore nach Hause einzuladen. Aber vielleicht ist es für Ore nicht sicher, Mirandas Haus zu betreten.

Es ist unheimlich schwer, dieses Buch zusammenzufassen, weil die Handlung selbst eigentlich nicht so wichtig ist. Stattdessen geht es vor allem um die Atmosphäre, das Haus und die Charaktere. Aber auch der Schreibstil ist hier sehr besonders, was man direkt auf den ersten Seiten merkt, wo man irgendwie keine Ahnung hat, was eigentlich passiert.

Im Buch haben wir mehr oder weniger drei zentrale Figuren. Das meiste dreht sich um Miranda, die eine Essstörung hat und Kreide essen will. Hier sollte jeder selbst entscheiden, ob das ein Thema ist, worüber ihr lesen wollt und könnt oder nicht. Sie wirkt von der Welt distanziert, manchmal wie aus einer anderen Welt. Aber gleichzeitig ist sie auch eine junge Erwachsene, und vor allem in der Beziehung mit Ore findet sie auch mehr Leidenschaft. Ich fand sie interessant, aber ich wöllte sie jetzt nicht im echten Leben treffen.

Ihr Bruder Eliot tut einem manchmal ein wenig Leid, aber verdient das vielleicht gar nicht. Er ist der Zwilling und hat sein ganzes Leben mit Miranda verbracht. Wir sehen, dass das Spuren hinterlässt. Der Moment, wo sie beschließt an seiner Zieluni angenommen zu werden, hat mir echt weh getan, weil wir so die Welt aus seiner Perspektive an einem perfekten Beispiel sehen. Und man kann sich dann echt streiten, ob er ein gutes Bruder ist oder nicht. Ob er einfach ausgebrannt ist. Ich fand diesen Blick auf jeden Fall auch spannend.

Und schließlich haben wir in der zweiten Hälfte des Buches dann Ore. Hier regt mich erstmal der Klappentext auf, denn wenn man das Buch liest, dann sind Ore und Miranda nicht "beste Freundinnen", sondern zwischen den beiden entspannt sich eine sehr intensive und leidenschaftliche Beziehung. Dennoch ist Ore auch ein bisschen die vernünftige Person in diesem Buch. Sie ist Schwarz und weiß, dass ihr das das Leben schwerer machen wird. Das sehen wir schon bei ihrem ersten richtigen Auftreten im Buch während der Aufnahmetests an der Uni. Trotzdem kann sie sich Mirandas Bann nicht entziehen, auch wenn sie das vielleicht in Gefahr bringt.

Als weiteren Charakter haben wir dann das Haus, und das Haus war für mich am schwersten zu durchschauen. Dieses Haus liebt die Frauen dieser Familie, aber es lässt sie auch nicht los. Gleichzeitig hat das Haus eine ganz klare Einstellung People of Color gegenüber, was wir an mehreren Beispielen sehen können. Und das Haus ist auch nicht super begeistert davon, dass es jetzt ein kleines Hotel ist. Ich bin wirklich gespannt das Buch nochmal zu lesen und zu schauen, wie viel ich dann besser verstehe.

Worum es letztlich wirklich in diesem Buch geht, müsst ihr selbst herausfinden. Es ist auf jeden Fall eins dieser Bücher, für das ich mich zu dumm fühle. Gleichzeitig baut es eine tolle Atmosphäre auf, die fast schon aus den Seiten heraustritt. Ich mochte auch den Blick auf Miranda und ihre Essstörung, auch wenn ich nicht bewerten kann, wie akkurat die Darstellung ist. Aber das Haus geht einem so schnell nicht aus dem Kopf.

So seltsam wie Helen Oyeyemis Bücher sind, so seltsam liest sich sicher auch diese Review. Aber vielleicht hat es ja trotzdem oder gerade deswegen euer Interesse geweckt. Ich habe auf jeden Fall schon das nächste Buch von ihr hier bereit liegen, wenn ich wieder Lust auf weird bekomme.

Bis bald,
Eure Kitty Retro





Meine Bewertung:



Freitag, 9. Februar 2024

Bloodmarked


Hallo meine Fantasyfreunde,

letztes Jahr habe ich endlich eine meiner aktuellen Lieblingsreihen weitergelesen, und das war die Legendborn-Reihe. Bloodmarked ist der zweite Band, auf den wir lange warten mussten, und zum Glück hat er mich nicht enttäuscht. Schauen wir mal, wie lange es bis Band 3 dauert.

Die Fakten:

  • Autor: Tracy Deonn
  • Titel: Bloodmarked (dts. Das Geheime Erbe)
  • Reihe: Legendborn 2
  • Erschienen: 2022
  • Verlag: Simon & Shuster
  • Seiten: 551
  • Preis: 8,39 Euro
  • Klappentext: "All Bree wanted was to uncover the truth about her mother's death. So she infiltrated the Legendborn Order, a secret society descended from King Arthur's knights - only to discover her own ancestral power. Now Bree has become someone new: A Medium. A Bloodcrafter. A Scion. But the ancient war between demons and the Order is rising to a deadly peak. And Nick, the Legendborn boy Bree fell in love with, has been kidnapped. The Regents who rule the Order will do whatever it takes to hide the war, so Bree and her friends must rescue Nick themselves. But enemies are everywhere, Bree's own powers are unpredictable, and she can't escape her growing attraction to Selwyn, the mage sworn to protect Nick until death. If Bree has any hope of saving herself and the people she loves, she must control her powers - without losing herself in the process. Will she become the legend, or break it?"

Zur Handlung: Nachdem Bree im ersten Band die Aufnahmetests des Legendborn Orderns bestanden hat, und herausfinden musste, dass sie nicht ist, wer sie dachte, und dass ihre Fähigkeiten weit über das hinausgehen, was alle erwartet haben, ist sie nun auf einer Mission um ihren Freund Nick zu retten. Dabei muss sie sich wohl oder übel mit Sel zusammentun, der seinerseits versucht Nick zu finden.

Es beginnt eine Hetzjagd durch die verborgene Seite Amerikas, wo Dämonen real sind und andere Geheimbünde hinter Sel und Bree her sind. Und es steht auch zur Frage, ob Nick wirklich gerettet werden kann und will. Dabei werden sich neue Allianzen formen und neue Feinde zeigen, und vielleicht sind am Ende Nick, Sel und Bree endlich wieder zusammen.

Ich hatte mich so sehr auf diese Fortsetzung gefreut, aber natürlich auch Angst, dass sie mit dem ersten Band nicht mithalten kann. Für mich hat sich das zum Glück nicht bewahrheitet. Der zweite Band ist zwar sehr verschieden zum ersten, aber er hat mir trotzdem genauso gut gefallen. Es ist jetzt schon ein gutes Stück her, seit ich das Buch gelesen habe, ich tue mein Bestes euch zu erzählen, warum das so war.

Bree als Hauptfigur ist mir weiterhin sehr sympathisch gewesen. Sie hat nun eine neue Mission, nämlich Nick finden. Dabei trifft sie nicht immer die klügsten oder perfekten Entscheidungen, aber sie eben auch eine Teenagerin, wo Gefühle manchmal klaren Gedanken im Weg sein können. Dennoch ist sie mutig, treu und versucht ihren eigenen Weg zu gehen, auch wenn andere sie auf andere Bahnen lenken wollen. In diesem Band hat sie große Kämpfe mit ihren Fähigkeiten und den damit verbundenen Schwierigkeiten auszutragen, was ich gut fand, dass sie nicht einfach super mächtig wird, sondern da Probleme entstehen.

Die meiste Zeit verbringt Bree mit Sel, was sicherlich viele freut, denn er ist in diesem Liebesdreieck der eher launische Bad Boy mit der traurigen Vergangenheit. Ich persönlich hoffe ja, dass alle drei am Ende zusammen sein können, denn ich mag Nick als Golden Boy, der seine ganz eigenen Probleme hat, auch sehr. Bree und Sel haben definitiv mehr Auseinandersetzungen als Bree und Nick im ersten Band, aber sie haben auch ein gemeinsames Ziel: Nick finden. Das schweißt sie zusammen und bringt sie auf schwierige Pfade. Ich mochte, dass wir hier mehr über Sel erfahren und auch neue Seiten sehen.

Die Handlung ist schon recht actionreich, aber auch vor allem etwas Roadtrip-haft. Die Charaktere verfolgen verschiedene Spuren, müssen fliehen oder selber jagen. Dadurch wird viel hin und hergereist, aber es gibt auch neue Charaktere, die neue Perspektiven eröffnen. Das Tempo fand ich dabei gut gelungen. Es ist aber wirklich ein anderer Ton im Vergleich zum ersten Buch, wo wir sehr statisch an der Uni waren und diese Testspiele hatten. Das muss nicht jedem gefallen, ich fand es aber gut umgesetzt.

Der Schreibstil dieser Bücher gefällt mir gut, er saugt einen in die Geschichte hinein und bindet an die Hauptfigur. Allerdings ist die Schrift in meiner Printausgabe winzig, keine Ahnung warum. Besonders mag ich an dieser Reihe auch, wie Themen von Rassismus, Unterdrückung und Abstammung verarbeitet werden in dieser Neuerzählung basierend auf dem Mythos von King Arthur.

Das Ende ist definitiv wieder explosiv und voller Emotionen, und vor allem will ich danach unbedingt weiterlesen. Bree begibt sich auf jeden Fall auf weitere Abenteuer, die wir so noch nicht vorausahnen können, auf die ich aber absolut gespannt bin. Und so warte ich brav weiter auf Band 3.

Habt ihr der Reihe schon mal eine Chance gegeben?

Bis bald,
Eure Kitty Retro





Meine Bewertung:



Dienstag, 6. Februar 2024

Passing


Hallo meine Lesefreunde,

ich möchte mal wieder versuchen, ein paar Bücher aus dem letzten Jahr aufzuholen. Ich habe letztes Jahr das erste Mal über 100 Bücher gelesen, und ich habe nur einen kleinen Bruchteil hier vorgestellt. Keine Ahnung, ob ich je alle hier hochgeladen bekomme, aber zumindest meine Favoriten will ich schaffen. Und damit sind wir bei dem heutigen Klassiker aus der Harlem Renaissance, der mir so gut gefallen hat.

Die Fakten:

  • Autor: Nella Larsen
  • Titel: Passing (dts. Seitenwechsel)
  • Erschienen: 1929
  • Verlag: Signet Classic
  • Seiten: 141
  • Preis: 6,48 Euro
  • Klappentext: "[...] a fascinating exploration of race and identity set amidst the blossoming Harlem Renaissance. Irene Redfield is a Black woman living an affluent, comfortable life with her husband and children in the thriving neighborhood of Harlem in the 1920s. When she reconnects with her childhood friend Clare Kendry, who is similarly light-skinned, Irene discovers that Clare has been passing for a white woman after severing ties to her past - even hiding the truth from her racist husband. Clare finds herself drawn to Irene's sense of ease and security with her Black identity and longs for the community (and, increasingly, the woman) she lost. Irene is both riveted and repulsed by Clare and her dangerous secret, as Clare begins to insert herself - and her deception - into every part of Irene's stable existence."

Zur Handlung: Irene ist eine wohlhabende Schwarze Frau, die an einem besonders heißen Tag in eine Teestube geht und dort eine alte Bekannte trifft: Clare, die als weiße Frau lebt, obwohl sie einer Schwarzen Familie entstammt. Irene ist davon angezogen und abgestoßen zugleich. Es folgt ein sehr aufwühlendes Treffen mit Clare, einer weiteren alten Bekannten und Clare's Ehemann, der viele rassistische Dinge sagt, weil er sich in weißer Gesellschaft wähnt. Danach ist Irene fertig mit Clare, zumindest dachte sie das.

Jahre später erhält Irene einen Brief, und an der Schrift erkennt sie direkt, dass es sich um Clare als Absenderin handelt. Sie möchte ihn am liebsten ignorieren, doch eine gewisse Neugier steckt noch in ihr. Doch mit der Zeit wird Clare sich wieder einen Weg in Irenes Leben bahnen, und sich noch fester darin verwickeln, als Clare geahnt hat.

In dieser Geschichte folgen wir zwei Frauen, die sich früher gut kannten, aber nun Leben führen, die verschiedener nicht sein könnten. Während Irene mit ihrem Ehemann, der Arzt ist, ein gutes Leben führt und eine Familie hat, in ihrer Community eingebunden ist, und nur selten ausnutzt, dass Personen sie nicht als Schwarze, sondern als weiße Frau lesen, lebt Clare als vermeintlich weiße Frau isoliert mit einem Ehemann, der Rassist ist, und sehnt sich offensichtlich nach einer Verbundenheit zu ihrer eigenen Herkunft. Ich persönlich finde dieses Thema so interessant, denn es wirft die Frage aus, wie sich Clares Entscheidung denn lohnen kann bei dem Preis, den sie bezahlt. Und dann sind wir schnell bei Themen wie Diskriminierung, Rassismus und Hass.

Irene als Hauptcharakter hat mir gut gefallen. Mit ihr fühlen wir die gleiche seltsame Anziehung von Clare, die gleichzeitig auch abstoßend ist, weil sie sich für ein Leben in so einem goldenen Käfig entschieden hat. Irene selbst ist von ihren Beobachtungen verwirrt und kann ihre Neugier dahingehend schlecht verstehen. Gleichzeitig hat sie aber auch ihre eigenen Probleme, zum Beispiel mit dem Ehemann, der aus Gründen nach Südamerika gehen möchte, was sie nicht versteht, worüber sie als Frau aber auch keine Macht hat.

Clare betrachten wir durch Irenes Augen und wissen so nie direkt, was eigentlich in ihr vorgeht. Clare wirkt auf vielen Ebenen künstlich und gestellt. Ihr Leben beruht auf einer ganz fundamentalen Lüge. Aber auch in ihrer Beziehung zu Irene, die die Wahrheit ja weiß, fühlt sie sich nie völlig echt an. Darein spielt für mich auch dieses Gefühl der 20er Jahre, wo alles irgendwie auch drüber ist. Das merkt man auch sprachlich sehr, weil gefühlt jede andere Person die beste Freundin auf der ganzen Welt ist. Damit hatte es für mich auch das Gatsby-Feeling.

Der Schreibstil in diesem Klassiker war für mich (im Gegensatz zu Gatsby) wunderbar leicht zu verstehen und zu lesen. Ich bin durch dieses Buch nur so hindurchgeflogen und habe es genossen. Man kann der Geschichte die ganze Zeit sehr gut folgen und es hatte insgesamt ein sehr modernes Gefühl, nicht als würde man ein fast 100 Jahre altes Buch lesen. Und das ist natürlich auch verbunden mit den Themen von Rassismus und Diskriminierung, die heute immer noch nahezu genauso relevant sind wie damals.

Auch wenn das Buch kurz ist, steckt viel darin, vor allem wenn es um Diskussionen von Rasse und Rassismus geht. Es gibt zum Beispiel auch eine Szene, in der sich Irene und ihr Ehemann darum streiten, ob die Kinder von ihnen über Rassismus und den damit verbundenen Hass aufgeklärt werden sollten oder nicht. Während ihr Ehemann dies für notwendig hält, weil sie es sonst unvorbereitet am eigenen Leib erfahren werden, will Irene die Unschuld ihrer Kinder dadurch bewahren, dass sie nicht mit diesem Horror konfrontiert werden. 

Das Ende ist dann auf eine Art explosiv und für mich sehr unvorhergesehen. Es hört damit auf eine Art auch etwas abrupt auf und hat mich sehr sprachlos hinterlassen. Gleichzeitig vervollständigt es dieses Psychogramm, was wir von Irene mehr und mehr sehen in diesem Buch.

Alles in allem hat mir dieses Buch absolut gut gefallen und ich möchte es euch sehr ans Herz legen. Für mich war es absolut eines der besten Bücher, die ich letztes Jahr gelesen habe, und mein Lieblingsklassiker im letzten Jahr. Ich habe es innerhalb von einem Tag gelesen, weil ich gar nich aufhören konnte. Außerdem habe ich dann auch noch den Netflix-Film dazu geschaut, den ich auch gut gemacht fand. Die volle Experience...

Ich hoffe, ihr habt jetzt ein bisschen Lust auf diesen wunderbaren Klassiker bekommen.

Bis bald,
Eure Kitty Retro





Meine Bewertung:



Sonntag, 4. Februar 2024

The Secret Lives of Church Ladies


Hallo meine Hörbuchhasen,

heute möchte ich euch eine Sammlung von Kurzgeschichten vorstellen, die perfekt in den Februar und damit in den USA Black History Month passt. Geschrieben von einer Schwarzen Frau über Schwarze Frauen war diese Sammlung für mich, was ich mir von Girl, Woman, Other gewünscht hatte. Die Geschichten sind alle mit viel Gefühl erzählt, sie zeigen die Schwierigkeiten und Herausforderungen des Lebens für sie viele Menschen auf und verbinden sie mit unvergesslichen Charakteren. 

Die Fakten:

  • Autor: Deesha Philyaw
  • Sprecher: Janina Edwards
  • Titel: The Secret Lives of Church Ladies (dts. Church Ladies: Erzählungen)
  • Erschienen: 2020
  • Verlag: Tantor Audio
  • Dauer: 4 Std 6min (ungekürzt)
  • Preis: kostenlos im Abo bei Audible
  • Klappentext: "The Secret Lives of Church Ladies explores the raw and tender places where Black women and girls dare to follow their desires and pursue a momentary reprieve from being good. The nine stories in this collection feature four generations of characters grappling with who they want to be in the world, caught as they are between the church's double standards and their own needs and passions. There is 14-year-old Jael, who has a crush on the preacher's wife. At 42, Lyra realizes that her discomfort with her own body stands between her and a new love. As Y2K looms, Caroletta's "same time next year" arrangement with her childhood best friend is tenuous. A serial mistress lays down the ground rules for her married lovers. In the dark shadows of a hospice parking lot, grieving strangers find comfort in each other. With their secret longings, new love, and forbidden affairs, these church ladies are as seductive as they want to be, as vulnerable as they need to be, as unfaithful and unrepentant as they care to be, and as free as they deserve to be."

Ich werde nun zuerst auf die einzelnen Geschichten eingehen und dann mein Fazit präsentieren.

  • Eula

Diese Geschichte ist etwa eine Viertelstunde lang und erzählt von zwei Frauen, die sich immer zu Silvester gemeinsam ein Hotelzimmer mieten und sich gegenseitig Vergnügen bereiten. Doch während unsere Erzählerin sich darüber im Klaren ist, was zwischen ihnen passiert, lebt ihre Gefährtin Eula in einer Fantasiewelt, in der sie immer noch eine Jungfrau ist und auf den perfekten Ehemann wartet. Ich fand diese Geschichte sehr eingängig, sehr gefühlvoll und warm, und gebe ihr 4,5 Sterne.

  • Not-Daniel

Diese Geschichte ist nur 6 Minuten lang und erzählt von zwei Menschen, deren Mütter mit Krebs auf der gleichen Palliativstation liegen. Zunächst hat ihre Beziehung damit angefangen, dass sie sich gegenseitig alles erzählen und sich trösten konnten, doch zu diesem Treffen hat unsere Protagonistin nun Kondome mitgebracht. Auch diese Geschichte fand ich seltsam schön, aber sie war mir ein wenig kurz. Ich gebe ihr 4 Sterne.

  • Dear Sister

In dieser etwa halbstündigen Geschichte lesen wir den Brief, den eine Frau an ihre ihr unbekannte Halbschwester schreibt, nachdem der gemeinsame Vater verstorben ist. Dabei beschreibt sie umfangreich all die anderen Personen in ihrer Familie, die vor allem aus Frauen besteht. Diese Geschichte verdeutlicht sehr schön die Komplexität von Familie und den daraus entstehenden Gefühlen. Ich gebe ihr auch 4,5 Sterne.

  • Peach Cobbler

Dies ist mit etwa 50 Minuten die längste Geschichte in dieser Sammlung und konzentriert sich auf eine Mutter-Tochter-Beziehung. Die Mutter hat eine Affäre mit dem Priester der Gemeinde, den die Tochter als Kind für Gott hält. Immer wenn er vorbeikommt, backt sie einen Peach Cobbler, den die Tochter nie kosten darf. Ich mochte die beiden Seiten dieser Beziehung, hätte mir aber tatsächlich gewünscht noch mehr über die Seite der Mutter zu erfahren, die ihrerseits ihre Prägung ja auch irgendwo her hat. So war es etwas einseitig für mich, und daher auch wieder 4,5 Sterne.

  • Snowfall

In dieser etwa halbstündigen Geschichte folgen wir zwei Frauen, die in einer romantischen Beziehung leben, aus der die rosarote-Brille-Phase langsam raus ist. Sie leben in einer Stadt im Norden Amerikas, stammen aber beide aus verschiedenen Regionen im Süden. Beide erfahren von ihrer Familie keine Akzeptanz für ihre Beziehung, doch während unsere Hauptfigur ihre Mutter vermisst und gelegentlich Kontakt hält, ist ihre Partnerin schon als Teenager von Zuhause geflohen. Die Diskussion von Zuhause, und was das für uns bedeutet, hat mir sehr gefallen und passt gerade auch so gut zu meinem Leben. Daher gebe ich 5 Sterne.

  • How to Make Love to a Physicist

Auch diese Geschichte ist etwa eine halbe Stunde lang und in der zweiten Person geschrieben, was ich liebe, aber viele andere Leute nicht mögen. Auch so ist der Schreibstil dieser Geschichte und der Lesestil der Sprecherin hier lyrischer als in den anderen Geschichten. Es geht um eine Lehrerin, die auf einer Konferenz einen Physiker kennenlernt und sich fragt, ob sie sich danach wiedersehen werden. Ich fand diese Geschichte so toll erzählt, so romantisch, und wir gehen wirklich auf eine Reise zu uns selbst mit dieser Figur. Ich gebe 5 Sterne.

  • Jael

Diese Geschichte dauert etwa 45 Minuten und am Anfang etwas verwirrend im Hörbuch, weil wir hier zwei Perspektiven haben. Wir hören vor allem von einer Urgroßmutter, die ihr Urenkel aufzieht. Beim Putzen findet sie in der Matratze das Tagebuch der Urenkelin Jael, das wir nun auch lesen können. Wir hören, dass Jael ein sehr besonderes Kind war und nun als Teenagerin nicht die Ansprüche der Gottesfürchtigen Uroma erfüllt. Ich mochte das Ende der Geschichte, bin aber nicht völlig hin und weg. Ich gebe ihr 4 Sterne.

  • Instructions for Married Christian Husbands

Wieder eine sehr kurze Geschichte mit nur etwa 13 Minuten, dabei geht es um eine Frau, die mit verheirateten Männern schläft. Wir lesen hier ihre Gebrauchsanweisung sozusagen, sodass die Geschichte auch in der zweiten Person geschrieben ist, was ich wie gesagt sehr mag. Trotz der Kürze bekommt man ein gutes Gefühl für diese Frau und den Service, den sie anbietet. Ich gebe der Geschichte 4,5 Sterne.

  • When Eddie Levert Comes

Diese letzte Geschichte ist wieder etwa eine halbe Stunde lang und handelt von einer Tochter, die ihre demenzkranke Mutter pflegt. Dabei ist die Mutter-Tochter-Beziehung sehr angespannt und steht hier im Fokus. Wir sehen, dass der kleine Buder der Tochter sich eigentlich gar nicht um die Mutter kümmert, und trotzdem mehr Lob und Liebe bekommt. Diese Geschichte ist sehr zärtlich erzählt, zeigt aber auch die Ungleichheit und Ungerechtigkeit von Erwartungen in Familien auf, und den Schmerz, den viele Frauen in sich tragen. Ich gebe ihr 4,5 Sterne.

Insgesamt war dies eine extrem erfolgreiche Sammlung von Kurzgeschichten für mich. Es gibt keine Geschichte, die mir nicht gefallen haben, und zwei haben direkt zu meiner Seele gesprochen. Es war auch das erste Mal, dass ich eine Kurzgeschichtensammlung als Hörbuch gehört habe, und am Anfang musste ich mich etwas daran gewöhnen, aber auch aufgrund der tollen Sprecherin hat es dann sehr gut für mich funktioniert. Hier eine absolute Leseempfehlung von mir, vor allem wenn ihr eh Audible habt und es kostenlos hören könnt.

Welche Kurzgeschichtensammlung habt ihr zuletzt gelesen?

Bis bald,
Eure Kitty Retro





Meine Bewertung: