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Sonntag, 29. Mai 2022

Mathilde


Hallo meine Lieblingsleser,

lange habt ihr nix von uns gehört. Ich war viel am Reisen und habe auch nicht viel gelesen in dieser Zeit. Aber heute kommen wir zu einem Buch, das ich vor Jahren aus einem Bücherschrank mitgenommen hatte und über das ich absolut nichts wusste. Es hätte wohl ein deutscher Klassiker werden können, ist es aber nicht. Warum das so ist, dazu kann ich natürlich nur spekulieren.

Die Fakten:

  • Autor: Leonhard Frank
  • Titel: Mathilde
  • Erschienen: 1957
  • Verlag: Aufbau Verlag Berlin
  • Seiten: 399
  • Preis: nur noch gebraucht zu kaufen

Zur Handlung: Mathilde wächst in der Schweiz auf und erlebt eine unbeschwerte Kindheit in einem kleinen Ort mit ihrer Mutter. Ihre beste Freundin träumt davon, einmal die soziale Leiter ganz nach oben zu klettern, doch sie stirbt jung an Tuberkulose. Mathilde dagegen lebt ihr Leben eher in den Tag hinein. Durch Zufall lernt sie bei einem Besuch gleich zwei Männer kennen, die an ihr interessiert sind.

Als Erwachsene ist Mathildes Leben nicht so sorglos. Zunächst ist sie in einer lieblosen Ehe gefangen, dann lebt sie als Geschiedene in ihrem Heimatdorf, schließlich gelingt ihr die Ehe mit ihrer großen Liebe, sogar ein Kind wird geboren, doch dann durchkreuzt der Zweite Weltkrieg das Glück und es bleibt die Frage, ob Mathilde dieses Leid ganz überstehen wird.

Dies ist nicht gerade ein schlanker Klassiker und zieht sich so gerade am Anfang auch sehr. Wir begegnen Mathilde als kleinem Mädchen in einem Dorf in der Schweiz. Sie wächst ohne Vater auf, doch die Mutter kann gut für sie sorgen. Der Anfang liest sich seltsam, denn neben dem nostalgischen Gefühl dieser ländlichen frühen Kindheit, die ich auch hatte, hat mich der maskuline Blick auf dieses Mädchen und ihre seltsame Sexualisierung sehr gestört. 

Doch wie Mathilde etwas älter wird, verschwinden diese seltsamen sexuellen Töne. Sie besucht einen Bekannten und lernt zwei Männer kennen. Einer macht ihr einen Antrag und als unbedarftes Mädchen sagt sie zu. Sie erlebt dann sehr unglückliche Ehejahre, von denen wir nur einige Momente mitbekommen. Schließlich entschließt sie sich zur Scheidung. Ich fand diesen Teil sehr interessant, da Scheidung in den 30er Jahren natürlich noch ganz anders angesehen war als heute. Auch die Rolle der Mutter fand ich dabei interessant, denn zunächst will sie Mathilde überreden, zu ihrem Mann zurückzugehen. Doch dann erfährt sie durch einen Brief, wie schlecht Mathilde behandelt wurde, und stimmt der Scheidung zu. Dabei werden auch Parallelen zu einem Märchen gezogen, das Mathilde als Kind fasziniert hat. Dieses Thema taucht immer mal wieder auf.

Mathilde heiratet dann erneut, und diesmal "den Richtigen". Es beginnt eine glückliche Phase ihres Lebens, und bald bekommt sie auch ein Kind. Hier haben mich die Schilderungen ein wenig an A Farewell To Arms erinnert, doch Mathilde übersteht die Geburt dann doch. Hier verschiebt sich nun langsam die Erzählung auf ihren Ehemann, was dann während des Krieges noch weiter ausgebaut wird. 

Der Zweite Weltkrieg beginnt und Mathildes Ehemann als Brite beschließt sich als Flieger zu melden. Er hat schon im Ersten Weltkrieg gekämpft und will sein Land nochmal verteidigen. Wir folgen dann in einem sehr langen Kapitel dem Ehemann, der über Land von Paris nach England flüchten muss, als die Deutschen Frankreich rasant einnehmen. Diese Teile der Geschichte sind inspiriert an Franks eigener Flucht vor den Nazis. Als links eingestellter, pazifistischer Autor war er nicht mehr in Deutschland sicher. Diesen Teil fand ich auch besonders interessant, und wieder erinnerte es mich ein wenig an A Farewell to Arms.

Mit Blick auf Mathilde sehen wir dann, wie die andauernde Furcht um ihren Mann alle Lebensfreude und alle Kraft aus Mathilde herauszieht. Sie verliert sich selbt immer mehr und rutscht offensichtlich in eine Depression ab. Sie fühlt sich schuldig, weil sie nicht die Ehefrau sein kann, zu der ihr Mann zurückkehrt. Aber natürlich verändern die vielen Jahre auch ihren Mann, und am Ende steht die Frage, ob sie als neue Menschen nach dem Krieg wieder zusammenfinden können.

Der Schreibstil war am Anfang sehr gewöhnungsbedürftig für mich, da ich lange keine deutschen Klassiker mehr gelesen habe. Durch den Beginn der Geschichte im frühen 20. Jahrhundert war dieses Buch zu seinem Erscheinen in den 50ern vielleicht auch schon ein wenig zu angestaubt, was sich auch im Schreibstil zeigt. Außerdem tut sich der Autor mit dem Fokus auf Mathilde keinen Gefallen, denn die wirklich spannenden Szenen sind dann doch aus Sicht ihres Mannes geschrieben. Dieses Buch hätte mit anderer Fokussetzung ein deutsches A Farewell To Arms werden können, aber dadurch, dass die Geschichte so unfokussiert ist, gelingt das nicht. Vor allem am Anfang ist sehr unklar, was das Buch eigentlich will.

Alles in allem war das Buch für mich zu lang und zu unfokussiert. Es folgt eben dem Leben dieser fiktiven Frau durch alle Irren und Wirren. Ich denke, der Autor hätte bei seiner gelebten Erfahrung bleiben sollen, um eine authetischere Geschichte zu erzählen. Wie sehr der Krieg Menschen verändert, wird am Ende sehr gut gezeigt. Trotzdem braucht es Vieles aus Mathildes Geschichte für diese Aussage nicht. Auch der seltsam sexualisierte Blick auf ihre Kindheit war nichts für mich. 

Habt ihr das Buch gelesen? Was sind eure Gedanken dazu?

Bis bald
Eure Kitty Retro





Meine Bewertung:



Sonntag, 15. Mai 2022

Jade Legacy


Hallo meine Fantasyleser,

heute kommen wir zum großen Finale und Abschluss der Reihe, die ich euch dieses Wochenende vorstellen wollte. Auch in dieser Rezension könnt ihr aus meinem Text schließen, welche Charaktere bis zum dritten Buch überlebt haben, was ein Spoiler sein kann. Ansonsten kann ich nur sagen, dass dieser letzte Band für mich der stärkste der Reihe war.

Die Fakten:

  • Autor: Fonda Lee
  • Sprecher: Andrew Kishino
  • Titel: Jade Legacy
  • Reihe: Greenbone Saga 3
  • Erschienen: 2021
  • Verlag: Orbit
  • Dauer: 28 Std. 29min (ungekürzt)
  • Preis: 9,95 Euro (im Abo)
  • Klappentext:

    "Jade, the mysterious and magical substance once exclusive to the Green Bone warriors of Kekon, is now coveted throughout the world. Everyone wants access to the supernatural abilities it provides, from traditional forces such as governments, mercenaries, and criminal kingpins, to modern players, including doctors, athletes, and movie studios. As the struggle over the control of jade grows ever larger and more deadly, the Kaul family, and the ancient ways of the Kekonese Green Bones, will never be the same. Battered by war and tragedy, the Kauls are plagued by resentments and old wounds as their adversaries are on the ascent and their country is riven by dangerous factions and foreign interference. The clan must discern allies from enemies, set aside bloody rivalries, and make terrible sacrifices...but even the unbreakable bonds of blood and loyalty may not be enough to ensure the survival of the Green Bone clans and the nation they are sworn to protect."

Zur Handlung: Für den Krieg gegen Ayt und den Mountain Clan haben die Kaul-Geschwister das Gebiet ihres No Peak-Clans erweitert, und damit auch den Kreis potentieller neuer Feinde. Dennoch war nicht vorherzusehen, wie sich die Schlinge letztlich zu zieht und zwei wichtige Familienmitglieder beinahe das leben geköstet hätte. Nun ist Kaul Hilo auf Rache aus, und dafür sendet er seinen treusten und tödlichsten Freund.

Doch auch politisch ändert sich die Umgebung durch des Ende des Krieges, der vor allem mithilfe von Jade geführt wurde. Friedliche Zeiten führen einerseits zu besseren Möglichkeiten für Handel, andererseits ist Jade nun in manchen Gegenden verpöhnt oder regelrecht verboten. Es entsteht die Frage, ob No Peak weiter an seiner Identität als Greenbone-Clan festhalten soll, oder ob er sich wirtschaftlich in diesen Friedenszeiten auch davon lösen kann. 

In diesem letzten Buch gehen wir wirklich mit den Charakteren aufs Ganze. Es gibt wieder genug Gelegenheiten, bei denen alle uns liebgewonnene Charaktere sterben können - und es teilweise tun. Der Einsatz könnte nicht höher sein, und die Gefahren vermehren sich mit jedem Zug, den der Clan tut um seine Zukunft zu sichern. Auch hier spielen nun wieder Nationen übergreifende Intrigen und Interessen eine große Rolle.

Die Reihe bleibt sich also treu in ihrer Mischung aus politischer und wirtschaftlicher Strategie und kämpferischen Auseinandersetzungen. Neu dazu kommt in diesem Band die Clanless Future Bewegung, womit auch das Thema Extremismus aufgemacht wird. Diese Bewegung versucht die Macht der Clans zu brechen, sowohl in den Köpfen der Leute als auch durch Angriffe auf wichtige Persönlichkeiten der Clans. Ich fand diesen Aspekt ganz interessant, vor allem die Perspektive, wie andere Länder solche Bewegungen gezielt unterstützen können, um ein Land von innen zu gefährden, um dann von außen die Oberhand gewinnen zu können. Hat ein bisschen sehr an Putin und die Rechten erinnert.

Daneben folgen wir aber wieder den bekannten Charakteren. Es kommen ein paar neue dazu, neue Feinde, aber auch beispielsweise ein langfristiger Partner für Anden, was ich sehr schön fand. Da in diesem Buch ein sehr großer Zeitraum abgedeckt wird, sehen wir auch die Kinder aufwachsen und zu eigenen Charakteren werden, die ihre eigenen Leben, Probleme und Ziele bekommen. Einige dieser Dynamiken haben mich ein wenig an Pachinko erinnert, das ich etwas eher dieses Jahr gelesen hatte. Im Vordergrund stehen dabei Niko, Ru, Jaya und ein bisschen auch Tia, die nachfolgende Kaul-Generation. Für mich ist es immer ein bisschen schwierig, auch mit den Kindern der Protagonisten mitzufühlen, weswegen mich manche Ereignisse hier dann nicht so sehr mitgenommen haben. Andererseits waren viele tolle Szenen dabei, die das Thema Familie nun eben auf einer anderen Ebene ansiedeln, denn in den anderen beiden Büchern ging es mehr um das eigene Erbe und die Geschwister.

Damit sehen wir natürlich auch unsere bisherigen Charaktere alt werden, was mir persönlich gut gefallen hat. Das ist etwas, das nicht oft in Büchern geschieht. Ich finde, Fonda Lee hat hier die Balance zwischen viel Zeit, die vergeht, und trotzdem ausreichend Nähe zu den Charakteren ohne zu große Sprünge gut hinbekommen. Dennoch übergeht das Buch einige Szenen, die man gern noch stärker betrachtet hätte. Nichtsdestotrotz war ich emotional hier voll dabei und habe an einigen Stellen geweint.

Ich glaube, insgesamt geht dieser letzte Band noch einmal stark auf Ideen von Ehre ein. Das tauchte auch in den Vorgängern schon auf, aber mit der zunehmend einfachen Verwendung von Jade durch nicht-trainierte Menschen wird der Blick automatisch auf die Frage gelenkt, ob er Jade-Krieger wirklich nur mental und physisch lernt, Jade zu kontrollieren, oder ob vielleicht noch andere wichtige Aspekte in dieser Ausbildung sind. Das sehen wir unter anderen auch in einer Situation, die Söldner betrifft, die mit Jade Aufträge ausführen, aber keine solche Ausbildung hatten. 

Aber es gibt auch andere Momente in dem Buch, in dem sich Charaktere auch entgegen vielleicht ihrer eigenen Interessen ehrenvoll verhalten, und damit die weitere Handlung ungemein beeinflussen. Letztlich ist diese Ehre auch das, was No Peak und den Mountain-Clan trennt, denn Ayt ist ruchlos und will ihre Ehre nur im öffentlichen Ansehen beschützen. Hintenrum spielt sie aber dreckig wie nur geht. Diese Diskussion fand ich auf jeden Fall sehr interessant, denn in unserer westlichen Kultur liegt inzwischen ja nur noch wenig Betonung auf Ehre, was nicht immer gut sein muss.

So oder so bleibt der letzte Band eine Achterbahnfahrt der Gefühle, denn es passieren dauernd schreckliche Dinge und manchmal schöne, und man fürchtet um diese Charaktere, mit denen man schon so viel durchgestanden hat. Besonders hervorheben möchte ich noch, dass ich es sehr schön fand, dass das Ende von Band 2 langfristige Auswirkungen hatte. Der Charakter, der dabei fast gestorben wäre, ist nicht direkt wieder fit, sondern es ist ein langer Prozess. Diese Darstellung hat mir gut gefallen.

Alles in allem konnte das Finale mich überzeugen. Es war befriedigend, es setzt an die Spannung der ersten beide Teile an, die Geschichte wird nicht rund beendet, aber man wird als Leser auch nicht völlig zerstört - oder doch? Es gibt viele sehr traurige Moment, aber auch schöne und glückliche, sodass eine gute Balance entsteht. Ich bin sehr froh, diese Reihe gelesen zu haben.

Welche Reihe würdet ihr mir als nächstes empfehlen?

Bis bald,
Eure Kitty Retro





Meine Bewertung:



Samstag, 14. Mai 2022

Jade War


Hallo meine Fantasyfreunde,

heute kommen wir zu Band 2 dieser Reihe über die Clans in Janloon. Gestern habe ich euch vom ersten Band berichtet, der sehr viel aufgebaut hat, um die Basis für die weitere Trilogie zu legen. Ich werde versuchen, spoilerfrei zu bleiben, aber aus manchen Aussagen wird sich schließen lassen, wer das erste Buch überlebt. Ihr wurdet gewarnt.

Die Fakten:

  • Autor: Fonda Lee
  • Sprecher: Andrew Kishino
  • Titel: Jade War
  • Reihe: Greenbone Saga 2
  • Erschienen: 2019
  • Verlag: Hachette Audio UK
  • Dauer: 24 Std. 5min (ungekürzt)
  • Preis: 9,95 Euro (im Abo)
  • Klappentext:

    "On the island of Kekon, the Kaul family is locked in a violent feud for control of the capital city and the supply of magical jade that endows trained Green Bone warriors with supernatural powers they alone have possessed for hundreds of years. Beyond Kekon's borders, war is brewing. Powerful foreign governments and mercenary criminal kingpins alike turn their eyes on the island nation. Jade, Kekon's most prized resource, could make them rich - or give them the edge they'd need to topple their rivals. Faced with threats on all sides, the Kaul family is forced to form new and dangerous alliances, confront enemies in the darkest streets and the tallest office towers, and put honor aside in order to do whatever it takes to ensure their own survival - and that of all the Green Bones of Kekon."

Zur Handlung: Nach dem wuchtigen Finale von Band 1 konnte der Straßenkrieg zwischen dem Mountain Clan und No Peak beendet werden, doch die alte Feindschaft ist keines Wegs begraben. Beide Clans wenden sich nun stärker politischen und wirtschaftlichen Strategien zu, um den Feind zu schlagen. Dennoch kehrt nun etwas Ruhe ein, und die Kaul-Familie muss sich neu formieren. 

Dass der Friede nicht lange währen kann, wird aber schnell klar, denn nun entsteht außerhalb von Janloon ein Krieg, der ohne Jade nicht mehr ausgefochten werden kann. International steigt das Interesse an der Insel, und die gespaltenen Clans müssen sich fragen, wie sie ihr Geburtsrecht und ihre wirtschaftlichen Interessen entsprechend schützen können.

In diesem zweiten Band wird die Welt nun deutlich größer. Im ersten Teil haben wir uns sehr auf Janloon beschränkt und dort spielte die Handlung. Zusammen mit unseren Charakteren kommen wir nun aber in Kontakt mit anderen Ländern. So zieht Anden beispielsweise in ein Land, das sehr an den Westen unserer Welt erinnert. Dies bietet Gelegenheit, um Themen von Migration, Rassismus und Teilhabe stärker zu diskutieren. Das hat mir sehr gut gefallen, da es anschlussfähig an viele echte Erfahrungen von Menschen war.

Außerdem wird Familie nun neu gedacht, denn Hilo und Wen werden Eltern. Damit ändert sich nicht nur ihre Rolle in der Familie, sondern auch ihr Verhalten. Während Wen damit ihre Hauptaufgabe als erfüllt ansieht und beginnt, an ihren eigenen Zielen zu arbeiten, verankert es Hilo stärker in seiner Rolle und löst ihn vom Bild des ungestümen Kämpfers. Er wird ein besserer Anführer. Darüber hinaus spielen auch die Liebesbeziehungen von Shae und Anden eine größere Rolle in diesem Band, wobei man sich auch auf Schmerz einstellen muss. Als Kaul kann man sich nicht einfach so verlieben...

Auch die Aktionen des Clans werden in diesem Band internationaler, was auch die politische Ebene nochmals komplizierter macht. Zu den bisherigen Akteuren kommen nun auch Gangs in anderen Teilen der Welt dazu, die ein Interesse an Jade entwickeln, weil mithilfe einer Droge die Nutzung für normale Menschen immer einfacher und risikoärmer wird. Damit werden auch andere Personen im Clan wichtig, sowohl auf der kämpferischen als auch auf der wirtschaftlichen Seite des Clans. Es gibt, kurz gesagt, noch mehr Personen, die man irgendwie einordnen können muss.

Ayt als Antagonistin lernen wir auch noch etwas besser kennen. Dabei entspinnt sich vor allem eine interessante Kommunikation zwischen ihr und Shae, die uns auch Einblick in ihre Pläne im weitesten Sinne gibt. Ich mochte diese Idee, dass hier zwei Frauen in dieser sehr maskulin dominierten Welt zusammenfinden, obwohl sie so große Feinde sind. Trotzdem bleibt die Feindschaft bestehen, sie nimmt nur eine andere Farbe an, fast schon mit Respekt.

Interessant ist in dem Zusammenhang auch die Darstellung von Glaube. Shae ist die einzige unserer Charaktere, die regelmäßig zum Beten in den Tempel geht. Es gibt in diesem und dem nächsten Buch einige Szenen, die damit zu tun haben. Ich mochte, dass sie sich davon von anderen auch nicht abhalten lässt. Dabei ist sie nicht sehr religiös in ihrem Auftreten, es hat sich einfach sehr natürlich und passend für mich angefühlt, wie sie mit ihrem Glauben umgeht. 

Mein Hauptcharakter ist auch hier Wen geblieben, aber auch Anden hat mir in dem zweiten Band so gefallen, und ich war sehr glücklich, wie wichtig seine Perspektive für die Geschichte ist. Shae ist mir auch mehr ans Herz gewachsen, denn sie findet immer mehr ihre Rolle in dem Clanbusiness, und damit wird sie auch für mich als Leserin besser greifbar. Ayt fand ich dagegen manchmal als Antagonistin ein wenig anstrengend, weil sie die einsame, machtbesessene und korrupte starke Frau ist - dieses Bild nervt mich einfach ein wenig. Allerdings werden hier viele mögliche Arten eine "starke" Frau zu sein portraitiert, deswegen war es schon ok.

Das Ende von diesem zweiten Band hat mich fast wahnsinnig gemacht. Ich hatte solche Angst um meine beiden Lieblingscharaktere, und ich war wirklich nicht sicher, ob Fonda Lee mich mit dem Ende töten will. Es war so spannend und intensiv, ich konnte nicht aufhören das Hörbuch zu hören. Fonda Lee weiß wirklich, wie man ein Buch schreibt, bei dem alles möglich erscheint. Sie schreckt vor nichts zurück. Auch nicht vor unseren Gefühlen.

Alles in allem hat mir der zweite Band besser gefallen als der erste, und ich wollte danach unbedingt gleich mit Band 3 weitermachen. Das habe ich dann auch. Ich wusste, dass dieser nochmal ein großes Feuerwerk wird. Dieser zweite Band kann die angestrengte Spannung des ersten Teils aufrechterhalten, auch wenn der offene Straßenkrieg erstmal vorbei ist. Unserer Charaktere sind weiterhin nicht sicher, und sie wachsen uns mit jeder Seite mehr ans Herz. Auch die Welt wird nochmal deutlich geöffnet, was ich sehr spannend fand, da hier dann auch politische Zusammenhänge stärker in den Fokus rücken können. Ansonsten machen einige Charaktere uns das Leben mit ihren Entscheidungen auch schwer, aber irgendwie... liebt man sie trotzdem zum Großteil (Ja, Hilo, ich meine dich).

Morgen gibt es dann noch meine Gedanken zu Teil 3!

Bis bald,

Eure Kitty Retro




Meine Bewertung:



Freitag, 13. Mai 2022

Jade City


Hallo meine Fantasyfreunde,

dieses Wochenende stelle ich euch wieder einmal eine Trilogie vor, die ich gerade beendet habe. Diesmal habe ich zu den Hörbüchern gegriffen und kann diese auf jeden Fall empfehlen. Wenn man so eine Reihe hört, werden die Figuren irgendwie noch mehr Teil des Alltags und fast schon Freunde. Umso schwerer fällt dann der Abschied. Aber beginnen wir mit Buch 1...

Die Fakten:

  • Autor: Fonda Lee
  • Sprecher: Andrew Kishino
  • Titel: Jade City
  • Reihe: Greenbone Saga 1
  • Erschienen: 2017
  • Verlag: Hachette Audio UK
  • Dauer: 19 Std. 6 min (ungekürzt)
  • Preis: 9,95 Euro im Abo
  • Klappentext:

    "Jade is the lifeblood of the city of Janloon - a stone that enhances a warrior's natural strength and speed. Jade is mined, traded, stolen and killed for, controlled by the ruthless No Peak and Mountain families. When a modern drug emerges that allows anyone - even foreigners - to wield jade, simmering tension between the two families erupts into open violence. The outcome of this clan war will determine the fate of all in the families, from their grandest patriarch to even the lowliest motorcycle runner on the streets."

Zur Handlung: Lan wusste immer, dass er einmal das Oberhaupt seines Clans wird, sozusagen sein Rückrat, die Schultern, die alles tragen. Er fühlt sich nicht unbedingt wohl mit dieser Rolle, doch er hat sie als sein Erbe akzeptiert. An seiner Seite ist Hilo, sein jüngerer Bruder, der die Straßenaktivitäten des Clans beaufsichtigt. Ihm sind die "Muskeln" des Clans unterstellt, und er liebt diese Rolle. Für Hilo gibt es nichts Besseres als ein gutes Duell, bei dem man die Jade des Feindes gewinnen kann.

Ihre Rolle nicht akzeptiert hat allerdings die Schwester Shae. Nach einem Streit mit dem Großvater hat sie die Stadt verlassen und im Ausland studiert. Doch irgendetwas - Einsamkeit, Heimweh, Schicksal - hat sie nach Janloon zurückgebracht. Und es ist auch an der Zeit, denn die Familie wird sie bald bitterer brauchen als je zuvor. Lans Berater, der ein langjähriger Freund des Großvaters ist und die geschäftlichen Belange des Clans betreut (sozusagen der "Kopf" des Ganzen) hat seine eigenen Pläne und gefährdet damit die ganze Familie.

Dieses erste Buch ist ganz klassisch der Beginn einer Reihe. Wir lernen eine Menge Charaktere und die Welt genauer kennen. Darauf muss man natürlich Lust haben. Aber ich fand den Anfang schon sehr spannend. Ich lerne immer gern Neues kennen, deswegen hat mich diese Clan-Welt direkt interessiert. Wir haben hauptsächlich zwei große Clans: No Peak, denen wir folgen, und ihre Freunde Mountain. Dabei waren die beiden einst Verbündete in einem Guerilla-Kampf gegen feindliche Besatzer. Doch nun, da die Insel ihre Unabhängigkeit hat, befinden sich die beiden Clans im Konflikt.

Der Konflikt hat dabei viel mit Jade zu tun. In dieser Fantasywelt hat Jade magische verstärkende Fähigkeiten. Wer Jade trägt und darin trainiert ist, kann schneller, stärker und leichter kämpfen und sogar Energiewellen verwenden, um Kugeln abzuwehren, oder direkt das Herz oder die Lunge des Gegners von innen zu zerstören. Die Clans sind diejenigen, die traditionell die Jade-Krieger ausbilden, wobei der Zugang zu ihren Schulen elitär ist. Die Clans verwalten außerdem gemeinsam die Jademinen, denn diese magische Jade kann nur auf der Insel abgebaut werden, aber viele andere Nationen haben auch ein Interesse daran.

Es klingt schon ein wenig an, es wird recht politisch. Clans mag erstmal den Anschein von Gewalt und Straßenkämpfen haben, aber diese Clans versuchen sich auf politischer Ebene zu zerstören - und darin dringen wir mehr und mehr vor. Unsere Hauptfiguren aus dem No Peak-Clan stehen dabei einer sehr schlauen, rücksichtslosen und mächtigen Feindin gegenüber: Ayt. Sie hat einst alle Konkurrenten getötet, um an die Spitze des Mountain-Clans zu kommen, und ihr Ziel ist es, dass es in Janloon nur noch einen einzigen Clan gibt: mit ihr an der Spitze. Doch die Clans sind wichtige Institutionen in dieser Gesellschaft und müssen daher auch ihr öffentliches Gesicht wahren. Daher werden politische und wirtschaftliche Intrigen so viel wichtiger als grobe Schlägereien. Das alles ändert aber nichts daran, dass Ayt die Kauls tot sehen will. 

Wir folgen den Perspektiven mehrerer Charaktere: Neben Kaul Lan und Kaul Hilo hauptsächlich ihrer Schwester Shae und dem adoptierten Bruder Anden Emery, sowie einem Charakter namens Bero, der keinem Clan angehört und dessen Rolle zunächst unklar bleibt. Zunächst mochte ich dabei Lan am meisten, auch Anden war ein Charakter, mit dem ich mich identifizieren konnte. Shae fand ich schwer einzuschätzen - einerseits war ich froh über einen weiblichen Charakter, andererseits hat es nicht direkt mit ihr geklickt. Hilo fand ich interessant, aber es gibt viele Momente, wo man seinetwegen die Augen verdreht. Aber langsam und sicher kriechen die Charaktere einem ins Herz, und das liegt vor allem daran, dass sie alle sehr realistisch sind. Sie haben einen Charakter, den man nachvollziehen kann und der irgendwie konsistent ist, ohne dass sie sich nicht auch weiterentwickeln würden.

Als meine Lieblingsfigur hat sich dann nach und nach Wen herauskristallisiert. Sie ist die Freundin und später Verlobte und Frau von Hilo. Zu ihr möchte ich hier noch nicht viel sagen, aber ihre Entwicklung und ihre Gedanken habe ich am liebsten verfolgt. Dabei spielt sie auch eine wichtige Rolle, weil sie als Stone-Eye immun gegen den Effekt von Jade ist. Sie ist insofern in der Sichtweise dieser Welt behindert, und Fonda Lee kann im Laufe der Trilogie dadurch viele Kommentare dazu einbauen.

Was mit an der Magie sehr gut gefallen hat, waren die klaren Begrenzungen dieser Macht. So wirkt Jade nur, wenn sie direkt am Körper getragen wird, weshalb sie häufig in Schmuck und Piercings verwendet wird. Außerdem kann nicht jeder diese Macht nutzen, sondern man muss es trainieren. Die Macht überwältigt einen sonst. Und schließlich gibt es eine Krankheit, die Itches, die man bekommen kann, wenn man langfristig zu viel Jade trägt. Diese Krankheit entstammt einer neuronalen Überforderung des Körpers und äußert sich dann in Kribbeln und Jucken, wenn die Neuronen nicht mehr wissen, was sie tun sollen. Diese Krankheit für unweigerlich zum Tod. Auch ein kurfristiger sehr sehr extremer Kontakt mit Jade kann dies auslösen. Wirklich sicher Jade benutzen können nur die ausgebildeten Jade-Krieger, doch eine neue Droge ermöglicht nun die Nutzung auch für andere Personen. Dies führt zu vielen Problemen und hat extreme Nebenwirkungen - die einige allerdings bereits sind auf sich zu nehmen. 

Was einigen Lesern an der Reihe dagegen nicht so gefällt, ist das Fantasy-Setting, denn wir haben es hier mit Urban Fantasy in dem Sinne zu tun, als dass sich diese Welt schon irgendwie nach unserer anfühlt. Es gibt Pistolen, es gibt halbautomatische Waffen, es gibt Autos, Flugzeuge und große Firmen. Es gibt Telefone und Radios und Fernseher. Es ist also nicht klassisch High Fantasy - aber es ist eben auch nicht unsere Welt. Mir hat das gefallen, aber es ist nicht für jeden.

Ich könnte noch so viel sagen, aber möchte mir auch ein paar Sachen für die Folgebände aufheben. Die Handlung dieses ersten Bandes bereitet sehr Vieles vor, was dann in Band 2 und 3 passiert, doch es gibt auch einige sehr spannende Momente in diesem ersten Buch. Vor allem steht bei Fonda Lee immer alles auf dem Spiel, kein Charakter ist wirklich jemals sicher. Das erzeugt eine unglaubliche Grundstimmung, die man ab der ersten Seite spürt. Und daher hat mich die Reihe auch überzeugt, auch wenn das erste Buch für mich eine Berg- und Talfahrt war. Manche Momente waren grandios und genial, andere Szenen doch etwas langweilig und voller Infos.

Habt ihr die Reihe schon probiert? Morgen berichte ich von Band 2!

Bis dahin,
Eure Kitty Retro




Meine Bewertung:



Sonntag, 8. Mai 2022

ACE - What Asexuality Reveals About Desire, Society, and the Meaning of Sex


Hallo meine Lieblingsleser,

heute kommen wir zu einem Buch, das nicht fiktional ist, sondern uns etwas über die Welt, in der wir leben, beibringen soll. Im Fokus steht dabei das Konzept von Asexualität, das viele als den Buchstaben A bei LGBTQIA+ kennen. Das Buch geht allerdings darüber hinaus uns zu erklären, was Asexualität ist, und zu beschreiben, mit welchen Problemen asexuelle Menschen konfrontiert sind, und präsentiert uns die Idee von erzwungener Sexualität, die uns alle glauben lässt, dass Sex in bestimmten Situationen einfach sein muss.

Die Fakten:

  • Autor: Angela Chen
  • Titel: ACE - What Asexuality Reveals About Desire, Society, and the Meaning of Sex
  • Erschienen: 2020
  • Verlag: Beacon Press
  • Seiten: 188
  • Preis: 27,00 Euro (gebunden)
  • Klappentext: "Many people who hear about asexuality consider it an interesting piece of trivia: it's a little-known sexual orientation, some people identify as asexual, and they should be accepted. Next. After all, if you're not asexual, what more is there to learn? Plenty, especially because misconceptions mean that some people are asexual without knowing it. In every place that sexuality touches society, asexuality does too, and the issues that asexuals struggle with are the same issues that people of every orientation are likely to confront. How much sexual desire is a person supposed to have? What does the amount of desire we experience mean about our politics, personalities, and prospects of relationships? What should it mean? The dividing line between romance and friendship seems clear, but what is the difference when you eliminate sex? How do you work through a mismatch of sexual desire in relationships? The questions may be near universal, but the answers look different from the asexual, or ace, perspective. Aces have had to create our own way of looking at the world, offering new perspectives on identity and invisible inequalities."

Dieses Buch beschäftigt sich also einerseits damit, was Asexualität überhaupt ist und mit welchen Probleme es verbunden sein kann, andererseits will es aber auch darüber hinausgehen und auch für Personen, die nicht asexuell sind, anschlussfähig sein. Dies ist sehr ambitioniert, und das Buch hat wirklich sehr viele wichtige und gute Beiträge zur gesellschaftlichen Debatte über Sexualität und normative Zwänge in unserer (westlichen) Gesellschaft. Dennoch würde ich sagen, dass das Buch es nicht immer schafft, diese Linie zu laufen.

Das ist mir aufgefallen, als ich mir die Frage gestellt habe, ob dieses Buch nun für nicht-asexuelle Leute, sich als asexuell identifizierende Leute oder Leute, die asexuell sind aber es nicht wissen, geschrieben ist. Und irgendwie scheint es fast für alle zu sein. Die ersten beiden Kapitel waren für mich eher langweilig, denn hier beschreibt die Autorin, wie sie selber zu Asexualität gefunden hat. Daneben wird auch historisch beschrieben, wie die Bewegung dahinter begonnen hat (natürlich online). Ich glaube, das ist vor allem für asexuelle Menschen spannend, vor allem für die, die vielleicht noch nicht genau wissen, ob sie es sind, und wissen möchten, wie andere Leute sich "sicher" sein konnten.

Danach geht das Buch aber eher in eine gesellschaftliche Sichtweise, für die ich sehr offen war. Dabei wird beleuchtet, wie Asexualität mit Gender (also dem sozialen Geschlecht), Race (oder der ethnischen Herkunft) und Behinderung zusammenhängt, welche Schwierigkeiten sich in diesen Schnittstellen ergeben, und warum dies alles historisch-gesellschaftlich so geprägt ist. Diese Kapitel fand ich alle sehr interessant, wobei man herausliest, dass die Autorin als Frau und als Person mit Migrationshintergrund/ Person of Color mit diesen Intersektionen mehr eigene Erfahrung hat, während die Perspektive von Personen mit Behinderungen eher sehr wenig Platz im Buch einnimmt. Dennoch sind es unglaublich spannende Diskussionen, die da aufgemacht werden, und alle (meiner Meinung nach) wichtigen Argumente werden zumindest angeschnitten. 

Der dritte Teil des Buches wirkte auf mich dann sehr zusammengewürfelt, was die Überschrift "Others" vielleicht schon andeutet. Zunächst geht es dann um das Konzept von Aromantik. Der Unterschied besteht in dem Gefühl oder Verlangen, das die Personen nicht haben: Verlangen nach Sex vs. Verlangen nach romantischer Liebe. Ich fand das Kapitel interessant, aber im Gesamtkontext hat es auch ein völlig neues Fass aufgemacht, indem beispielsweise die Interviewten angesprochen haben, dass sie lange Angst hatten, dass sie Psychopathen sind, weil sie keine romantische Liebe empfinden. 

Danach widmet sich das Buch auch Fragen von Consent, also der freiwilligen Einwilligung in sexuelle Handlungen. Dabei werden verschiedene Arten von Consent unterschieden, und es geht darum, dass es keine binäre Trennung von Vergewaltigung und Sex gibt, sondern eine Vergewaltigung eine (gewaltsame) Form von Sex ist. Auch hier fand ich alles Gesagte sehr interessant, und auch relevant für Personen, die nicht asexuell sind. Inwiefern eine freiwillige Einwilligung in unserer heutigen Gesellschaft überhaupt möglich ist (vor allem für Personen in Minoritätsgruppen), ist eine der wichtigsten Fragen unserer Gesellschaft. Das Bild wird also einerseits sehr groß, andererseits scheint es hier aber fast einschränkend, dass Angela Chen dem Thema Asexualität verhaftet bleibt.

Am Ende bekommen wir dann auch nochmal einen besonderen Fall detailliert dargestellt: Anna. Während dieses Kapitel die verschiedenen Intersektionen mit Religion und Gender noch einmal gut verdeutlicht, so hat sich mir nicht erschlossen, wie es ins Gesamtbild passt. Am Ende gibt es noch einen Ausblick, was die Bewegung hinter der Orientierung (Aro) Ace für die Gesellschaft noch bringen kann, was sie aber auch selbst tun muss, um inklusiv für alle Ace-Personen zu sein, und wie es insgesamt weitergehen kann. Dabei plädiert die Autorin im gesamten letzten Teil des Buches auch dafür, Beziehungen neu zu denken und uns von klassischen "Rolltreppen" vom Händchenhalten zum Sex zu lösen. 

Inhaltlich finde ich das Buch absolut gelungen und stimme den Einschätzungen der Autorin absolut zu. Ich finde, dass normativ eingeschränkte Konzepte von "der Beziehung", "der Ehe" und "dem Sex" keinem helfen. Ich stimme auch völlig zu, dass Kommunikation immer und überall die Lösung ist. Und ich habe von diesem Buch viel gelernt. Dennoch bleibt mein Kritikpunkt, dass das Buch vielleicht doch ein bisschen zu viel anpackt, und dann auch im Adressaten uneindeutig bleibt. Trotzdem bin ich überzeugt, dass jeder etwas von diesem Buch lernen kann, weswegen ich es euch wärmstens ans Herz lege.

Habt ihr euch schon mal mit der Idee von Asexualität/Aromantik beschäftigt oder hinterfragt, ob es wirklich so "normal" ist, was wir von Sex in Beziehungen erwarten?

Bis bald,

Eure Kitty Retro





Meine Bewertung:



Mittwoch, 4. Mai 2022

Conjure Women


Hallo meine Lieblingsleser,

heute kommen wir zu einem Buch mit einer seltsamen Geschichte bei mir. Ich habe das Buch mal auf einem Youtube-Kanal gesehen und es hat mich angesprochen. Dann habe ich es in der Bibliothek gesehen und gleich eingepackt. Allerdings war es dann leider schon vorbestellt und ich durfte es nicht mitnehmen. Bei der nächsten Gelegenheit ist es dann aber mit heimgekommen. Dann hatte ich es monatelang daliegen, habe es angefangen und bin ganze 40 Seiten weit gekommen, bevor die Bibliothek es wiederhaben wollte. Also habe ich es bei der nächsten Gelegenheit wieder ausgeliehen, nur dass es dann wieder monatelang hier lag. Naja, morgen muss es zurück in die Bibliothek und diesmal habe ich es auch gelesen. :D Habt ihr manchmal solche Erlebnisse mit Büchern?

Die Fakten:

  • Autor: Afia Atakora
  • Titel: Conjure Women
  • Erschienen: 2020
  • Verlag: 4th Estate
  • Seiten: 395
  • Preis: 12,60 Euro
  • Klappentext: "The pale-skinned, black-eyed baby is a bad omen. Rue knows it. But, for once, despite her skill as a midwife, she doesn't know what to do. Times have changed since her mother held the power to influence the life and death of her fellow slaves. Freedom has come. But this new world brings new dangers and when sickness sweeps across her tight-knit community, Rue finds herself th focus of suspicion. What secrets does she keep amidst the charred remains of the Big House? Which spells has she conjured to threaten their children? And why is she so wary of the charismatic preacher man who promises to save them all?"

Zur Handlung: Nachdem die Südstaaten den Bürgerkrieg in den USA gewonnen haben und Sklaverei beendet wurde, versucht Rue ihre Community zu beschützen. Sie leben noch immer auf den Ländereien der Plantage, auf der sie einst als Sklaven schuften mussten. So richtig wissen sie nichts anzufangen mit dieser neuen Freiheit, die sich nicht so viel anders anfühlt als früher. Doch etwas verändert sich in dieser Community, und Rues gutgemeinte Geheimnisse könnten ihr um die Ohren fliegen.

Rues Mutter war dagegen die Heilerin während der Sklaverei-Zeit. Sie genoss gewisse Privilegien, weil sie die anderen Sklaven gesund hielt und half gesunde Nachkommen auf die Welt zu bringen. Doch auch sie war Sklavin und musste so unsägliches Erleiden. Rue hat von ihrer Mutter sehr viel gelernt, auch wenn die Art der Liebe zwischen ihnen nicht immer offensichtlich war. Doch sie muss erkennen, dass auch ihre Mutter schreckliche Geheimnisse hatte.

Dieses Buch verbindet die Zeitebene von Rue nach dem Ende der Sklaverei mit verschiedenen zeitlichen Ebenen während der Sklaverei. Ihr könnt euch vorstellen, dass es dementsprechend kein sehr ermunterndes Buch ist, sondern viele schlimme Szenen beschrieben werden, die nur dadurch noch schlimmer werden, dass wir wissen, dass sie nicht völlig fiktiv sind. Dabei lernen wir immer mehr und mehr über die verschiedenen Geheimnisse, die diese beiden Heilerinnen haben bzw. hatten.

Rue als Hauptfigur hat mir sehr gut gefallen. Wir sehen schon Szenen mit ihr als kleinem Kind, aber vor allem folgen wir ihr als unabhängiger Frau, die versucht ihre Leute zu beschützen. Dabei hatte ich ein sehr gutes Gefühl dafür, wer Rue ist. Ihre verschiedenen Lebensabschnitte haben für mich Sinn gemacht und ich konnte immer nachvollziehen, warum sie sich wie entwickelt. Sie hat viele Facetten, Ängste, Träume, aber vor allem auch Stolz und manchmal Starrsinn. Ich habe sie sehr gemocht und bin ihr gern gefolgt.

Die Beziehung zu Rues Mutter May Belle steht sehr im Zentrum des Buches. Dabei haben sie eine sehr besondere Bindung. Erst sehr spät lernen wir, was May Belles Gefühle waren, als sie mit Rue schwanger war und sie schließlich geboren wurde. Aber dann macht Vieles Sinn. Auch spiegelt die Beziehung etwas wieder, was viele Schwarze Frauen betrifft: sie erlauben sich nicht ihre Kinder auf die gleiche Weise zu lieben oder zu behandeln wie die weißen Kinder, die sie versorgen müssen. Das wird anhand einer Puppe verdeutlicht, die Rue in einem Versteck findet und denkt, es wäre ihr Geburtstagsgeschenk. Die Komplexität dieser Beziehung und ihre außerordentlichen Umstände haben mir sehr gut gefallen.

Darüber hinaus gibt es eine Menge Nebencharaktere, von denen ich zwei betonen möchte. Wir haben einmal Varina, die Tochter des Plantagenbesitzers. Sie ist etwa gleich alt wie Rue und die beiden werden Freundinnen, wobei Rue natürlich den Statusunterschied zwischen ihnen nie vergessen darf. Varina wird für die Handlung sehr essenziell und ich war schockiert davon, welche Dinge ihr im Verlaufe des Buches geschehen. Über Varina wird ein Blick darauf geworfen, dass auch die weiße Frau zu dieser Zeit nicht sicher war, das Thema der Herrschaft der Männer über die Frauen wird aber auch an anderen Stellen sehr sichtbar.

Dazu kommt dann Bean. Er ist das Baby mit den schwarzen Augen, das Rue hilft auf die Welt zu bringen. Die anderen Dorfbewohner sehen in ihm ein schlechtes Omen, das sich zu bewahrheiten scheint, als alle anderen Kinder krank werden und viele sterben. Rue hat jedoch eine sehr seltsame und tiefe Bindung zu diesem Kind und will alles tun um ihn zu schützen. Es gibt dann einige sehr schockierende Wendungen zu diesem Kind, sodass ich nicht mehr sagen möchte.

Rue hat außerdem eine seltsame Konkurrenz zu Bruh Abel, dem Schwarzen Prediger, der alle paar Monate in ihrem kleinen Dorf auftaucht. Dieser beginnt alle möglichen Leute zu taufen, auch kleine kranke Kinder, was Rue nicht zulassen will. Doch er bringt auch etwas Neues in den Ort, vielleicht eine Idee von dieser neuen Freiheit. Und einen neuen Gott, der nicht nur will, dass Schwarze als Sklaven für die Weißen arbeiten. Ich liebe solche Rivalitäten zwischen Frauen, die eher eine naturbasierte Magie verwenden, und Männern, die das Wort Gottes verbreiten. Das ist eines meiner Lieblingsdinge in Geschichten.

In diesem Buch steckt so viel, dass ich am liebsten tagelang darüber schreiben möchte. Aber am besten wäre es natürlich, wenn ihr es selbst lest. Daher komme ich noch kurz zum Ende. Ich konnte das Buch für die letzten 100 Seiten nicht aus der Hand legen. Ich war total gefangen in dieser Geschichte, und es werden dann so viele Geheimnisse ans Licht gebracht und Lügen aufgedeckt, dass plötzlich alles zusammenpasst. Ich fand das wirklich großartig gemacht. Es macht auch völlig den etwas langsamen Start wett. Ich kann das Buch also wirklich nur empfehlen.

Insgesamt haben wir in diesem Buch also eine sehr komplexe aber sympathische Hauptfigur, sehr interessante und von äußeren Umständen beeinflusste Beziehungen zur Mutter, aber auch zu anderen Menschen in der Community, viele schlimme Dinge, die zur Zeit der Sklaverei vermutlich nicht selten waren, und ein Netz aus Lügen und Geheimnissen, das am Ende zusammenbricht. Wenn euch das nicht zum Lesen bewegt, dann weiß ich es auch nicht. Mich hat das Buch voll überzeugt!

Bis bald,

Eure Kitty Retro






Meine Bewertung:



Sonntag, 1. Mai 2022

Listening to the Orchestra


Hallo meine Lieblingsleser,

heute möchte ich nach langer Zeit mal wieder von Kurzgeschichten berichten. Diese habe ich für den Magical Readathon gelesen, weil mir noch ein Buch fehlte und keine Zeit mehr blieb. Das Buch habe ich im Bücherladen für gebrauchte Bücher entdeckt. Ich finde die Autorin sehr talentiert, aber von diesem Buch hatte ich noch nie gehört. Also habe ich es damals mitgenommen.

Die Fakten:

  • Autor: Susan Hill
  • Titel: Listening to the Orchestra and other stories
  • Erschienen: 1996
  • Verlag: Long Barn Books
  • Seiten: 72
  • Preis: nur gebraucht zu kaufen
  • Klappentext: "A seaside resort... afternoon music... a child and a blind man... a city in Europe... a village in Ireland..."

Wie immer sage ich kurz etwas zu jeder Geschichte und dann meine abschließenden Gedanken.

  • Listening to the Orchestra
In dieser Geschichte folgen wir einer Erzählerin, die sich offensichtlich von ihrem Leben abgesetzt hat und nun in einem Hotel an der Küste arbeitet. Dort trifft sie auf Myrna, eine Frau, die sehr viel über sie zu wissen scheint und ihr ein verlockendes Angebot macht. Ich habe ehrlich gesagt nicht wirklich verstanden, worum es geht. Ich mag den Schreibstil sehr und die kreierten Bilder, aber eine Handlung oder Aussage konnte ich nicht erkennen. Ich gebe der Geschichte 3 Sterne.
  • The Brooch
In dieser Geschichte folgen wir einem Mädchen, das regelmäßig ihre Tante und ihren blinden Onkel besucht. Als Kind ist sie fasziniert von der Idee, dass ihr Onkel mit seiner Blindheit so gut leben kann, dass niemand merkt, dass er blind ist. Er ist gut mit Zahlen und hat ein unglaubliches Gedächtnis. Doch als sie erwachsen wird, sieht sie, dass Kinder manchmal alles glauben. Irgendwie mag ich den Ton der Geschichte, sie ist toll geschrieben, aber auch hier fehlt mir wieder ein bisschen Verständnis. Vermutlich sind die Geschichten etwas zu kurz für mich. Ich gebe ihr 4 Sterne.
  • Elizabeth
In dieser Kurzgeschichte folgen wir auch einem jungen Mädchen. Als sie mit ihrem Bruder von der Schule nach Hause geht, erzählt ein Junge ihnen, dass ihre Eltern in der Stadt beim Arzt waren. Das ist eine sehr ungewöhnliche Sache, denn der Arzt ist sehr weit weg und die Familie hat kaum Geld. Doch Zuhause angekommen schlägt der Vater plötzlich einen Urlaub vor. Ich mochte diese Geschichte sehr, sie hätte noch länger sein können, aber ich gebe dennoch 5 Sterne.
  • Antonyin's

Die letzte Geschichte ist die einzige aus Sicht eines Mannes. Dieser nimmt einen unattraktiven Job in einem osteuropäisch-erscheinenden Landstrich an. Dort lebt er zurückgezogen aber nicht unglücklich. Nur das Essen behagt ihm gar nicht. Durch einen Tipp eines Kollegen und eine Verirrung findet er aber ein Café, in dem er sich heimisch fühlt, bis eine seltsame Frau auftaucht, die es scheinbar auf ihn abgesehen hat. Auch hier mochte ich den Ton der Geschichte und dieses Unentrinnbare. Das Ende hat auch irgendwie was, und diese Geschichte kann man sicherlich gut auseinandernehmen und analysieren. Ich gebe ihr 4 Sterne.

Insgesamt hat mir diese Kollektion gut gefallen. Die Geschichten sind zwar etwas zu kurz für meinen Geschmack, aber ich liebe den Schreibstil der Autorin und abgesehen von der ersten Geschichte haben mir alle etwas mitgegeben. Susan Hill schreibt sehr atmosphärisch und mit sehr unattraktiven Charakteren, denen man trotzdem etwas abgewinnen kann. Wenn ihr das Buch mal irgendwo seht, würde ich es empfehlen. Und meine Version ist sogar signiert.

Wie steht ihr zu solchen kleinen Geschichtensammlungen?

Bis bald,

Eure Kitty Retro




Meine Bewertung: