Hallo meine Lieblingsleser,
heute kommen wir zu einem Buch mit einer seltsamen Geschichte bei mir. Ich habe das Buch mal auf einem Youtube-Kanal gesehen und es hat mich angesprochen. Dann habe ich es in der Bibliothek gesehen und gleich eingepackt. Allerdings war es dann leider schon vorbestellt und ich durfte es nicht mitnehmen. Bei der nächsten Gelegenheit ist es dann aber mit heimgekommen. Dann hatte ich es monatelang daliegen, habe es angefangen und bin ganze 40 Seiten weit gekommen, bevor die Bibliothek es wiederhaben wollte. Also habe ich es bei der nächsten Gelegenheit wieder ausgeliehen, nur dass es dann wieder monatelang hier lag. Naja, morgen muss es zurück in die Bibliothek und diesmal habe ich es auch gelesen. :D Habt ihr manchmal solche Erlebnisse mit Büchern?
Die Fakten:
- Autor: Afia Atakora
- Titel: Conjure Women
- Erschienen: 2020
- Verlag: 4th Estate
- Seiten: 395
- Preis: 12,60 Euro
- Klappentext: "The pale-skinned, black-eyed baby is a bad omen. Rue knows it. But, for once, despite her skill as a midwife, she doesn't know what to do. Times have changed since her mother held the power to influence the life and death of her fellow slaves. Freedom has come. But this new world brings new dangers and when sickness sweeps across her tight-knit community, Rue finds herself th focus of suspicion. What secrets does she keep amidst the charred remains of the Big House? Which spells has she conjured to threaten their children? And why is she so wary of the charismatic preacher man who promises to save them all?"
Zur Handlung: Nachdem die Südstaaten den Bürgerkrieg in den USA gewonnen haben und Sklaverei beendet wurde, versucht Rue ihre Community zu beschützen. Sie leben noch immer auf den Ländereien der Plantage, auf der sie einst als Sklaven schuften mussten. So richtig wissen sie nichts anzufangen mit dieser neuen Freiheit, die sich nicht so viel anders anfühlt als früher. Doch etwas verändert sich in dieser Community, und Rues gutgemeinte Geheimnisse könnten ihr um die Ohren fliegen.
Rues Mutter war dagegen die Heilerin während der Sklaverei-Zeit. Sie genoss gewisse Privilegien, weil sie die anderen Sklaven gesund hielt und half gesunde Nachkommen auf die Welt zu bringen. Doch auch sie war Sklavin und musste so unsägliches Erleiden. Rue hat von ihrer Mutter sehr viel gelernt, auch wenn die Art der Liebe zwischen ihnen nicht immer offensichtlich war. Doch sie muss erkennen, dass auch ihre Mutter schreckliche Geheimnisse hatte.
Dieses Buch verbindet die Zeitebene von Rue nach dem Ende der Sklaverei mit verschiedenen zeitlichen Ebenen während der Sklaverei. Ihr könnt euch vorstellen, dass es dementsprechend kein sehr ermunterndes Buch ist, sondern viele schlimme Szenen beschrieben werden, die nur dadurch noch schlimmer werden, dass wir wissen, dass sie nicht völlig fiktiv sind. Dabei lernen wir immer mehr und mehr über die verschiedenen Geheimnisse, die diese beiden Heilerinnen haben bzw. hatten.
Rue als Hauptfigur hat mir sehr gut gefallen. Wir sehen schon Szenen mit ihr als kleinem Kind, aber vor allem folgen wir ihr als unabhängiger Frau, die versucht ihre Leute zu beschützen. Dabei hatte ich ein sehr gutes Gefühl dafür, wer Rue ist. Ihre verschiedenen Lebensabschnitte haben für mich Sinn gemacht und ich konnte immer nachvollziehen, warum sie sich wie entwickelt. Sie hat viele Facetten, Ängste, Träume, aber vor allem auch Stolz und manchmal Starrsinn. Ich habe sie sehr gemocht und bin ihr gern gefolgt.
Die Beziehung zu Rues Mutter May Belle steht sehr im Zentrum des Buches. Dabei haben sie eine sehr besondere Bindung. Erst sehr spät lernen wir, was May Belles Gefühle waren, als sie mit Rue schwanger war und sie schließlich geboren wurde. Aber dann macht Vieles Sinn. Auch spiegelt die Beziehung etwas wieder, was viele Schwarze Frauen betrifft: sie erlauben sich nicht ihre Kinder auf die gleiche Weise zu lieben oder zu behandeln wie die weißen Kinder, die sie versorgen müssen. Das wird anhand einer Puppe verdeutlicht, die Rue in einem Versteck findet und denkt, es wäre ihr Geburtstagsgeschenk. Die Komplexität dieser Beziehung und ihre außerordentlichen Umstände haben mir sehr gut gefallen.
Darüber hinaus gibt es eine Menge Nebencharaktere, von denen ich zwei betonen möchte. Wir haben einmal Varina, die Tochter des Plantagenbesitzers. Sie ist etwa gleich alt wie Rue und die beiden werden Freundinnen, wobei Rue natürlich den Statusunterschied zwischen ihnen nie vergessen darf. Varina wird für die Handlung sehr essenziell und ich war schockiert davon, welche Dinge ihr im Verlaufe des Buches geschehen. Über Varina wird ein Blick darauf geworfen, dass auch die weiße Frau zu dieser Zeit nicht sicher war, das Thema der Herrschaft der Männer über die Frauen wird aber auch an anderen Stellen sehr sichtbar.
Dazu kommt dann Bean. Er ist das Baby mit den schwarzen Augen, das Rue hilft auf die Welt zu bringen. Die anderen Dorfbewohner sehen in ihm ein schlechtes Omen, das sich zu bewahrheiten scheint, als alle anderen Kinder krank werden und viele sterben. Rue hat jedoch eine sehr seltsame und tiefe Bindung zu diesem Kind und will alles tun um ihn zu schützen. Es gibt dann einige sehr schockierende Wendungen zu diesem Kind, sodass ich nicht mehr sagen möchte.
Rue hat außerdem eine seltsame Konkurrenz zu Bruh Abel, dem Schwarzen Prediger, der alle paar Monate in ihrem kleinen Dorf auftaucht. Dieser beginnt alle möglichen Leute zu taufen, auch kleine kranke Kinder, was Rue nicht zulassen will. Doch er bringt auch etwas Neues in den Ort, vielleicht eine Idee von dieser neuen Freiheit. Und einen neuen Gott, der nicht nur will, dass Schwarze als Sklaven für die Weißen arbeiten. Ich liebe solche Rivalitäten zwischen Frauen, die eher eine naturbasierte Magie verwenden, und Männern, die das Wort Gottes verbreiten. Das ist eines meiner Lieblingsdinge in Geschichten.
In diesem Buch steckt so viel, dass ich am liebsten tagelang darüber schreiben möchte. Aber am besten wäre es natürlich, wenn ihr es selbst lest. Daher komme ich noch kurz zum Ende. Ich konnte das Buch für die letzten 100 Seiten nicht aus der Hand legen. Ich war total gefangen in dieser Geschichte, und es werden dann so viele Geheimnisse ans Licht gebracht und Lügen aufgedeckt, dass plötzlich alles zusammenpasst. Ich fand das wirklich großartig gemacht. Es macht auch völlig den etwas langsamen Start wett. Ich kann das Buch also wirklich nur empfehlen.
Insgesamt haben wir in diesem Buch also eine sehr komplexe aber sympathische Hauptfigur, sehr interessante und von äußeren Umständen beeinflusste Beziehungen zur Mutter, aber auch zu anderen Menschen in der Community, viele schlimme Dinge, die zur Zeit der Sklaverei vermutlich nicht selten waren, und ein Netz aus Lügen und Geheimnissen, das am Ende zusammenbricht. Wenn euch das nicht zum Lesen bewegt, dann weiß ich es auch nicht. Mich hat das Buch voll überzeugt!
Bis bald,
Eure Kitty Retro
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