Hallo meine Lieblingsleser,
es scheint ganz so, als würde das Bloggen mit unseren Leben im Moment auf keinen grünen Zweig kommen. Für mich persönlich ist es so, dass ich gerade an meinem eigenen Buch arbeite - allerdings eine wissenschaftliche Publikation - und dadurch Einblick erhalte, wie anstrengend und aufwühlend es ist, ein Buch zu veröffentlich. Natürlich wollte das gute Stück erstmal geschrieben werden, und jetzt will es nochmal überarbeitet werden, und da war für mich die Vorstellung hier auch noch zu schreiben einfach nicht attraktiv.
Heute hat mich jetzt aber mal wieder die Lust gepackt. Ich habe eine riesige Liste mit vielen vielen Büchern, die ich euch vorstellen könnte, aber ich habe beschlossen mit etwas Aktuellem anzufangen, nämlich meinem letzten beendeten Hörbuch. Es handelt sich hierbei um Literary Fiction passend zum Asian Readathon. Außerdem ist das Buch recht neu erschienen.
Die Fakten:
- Autor: Gina Chung
- Sprecher: Jeena Yi
- Titel: Sea Change
- Erschienen: 2023
- Verlag: Random House Audio
- Dauer: 8 Std 14 min (ungekürzt)
- Preis: 9,95 Euro (im Abo)
- Klappentext:
"Ro is stuck. She's just entered her thirties, she's estranged from her mother, and her boyfriend has just left her to join a mission to Mars. Her days are spent dragging herself to her menial job at the aquarium, and her nights are spent drinking sharktinis (Mountain Dew and copious amounts of gin, plus a hint of jalapeño). With her best friend pulling away to focus on her upcoming wedding, Ro's only companion is Dolores, a giant Pacific octopus who also happens to be Ro's last remaining link to her father, a marine biologist who disappeared while on an expedition when Ro was a teenager. When Dolores is sold to a wealthy investor intent on moving her to a private aquarium, Ro finds herself on the precipice of self-destruction. Wading through memories of her youth, Ro realizes she can either lose herself in the undertow of reminiscence, or finally come to terms with her childhood trauma, recommit to those around her, and find her place in an ever-changing world."
Zur Handlung: Unsere Erzählerin Aurora, kurz Ro, hat es gerade nicht leicht im Leben. Ihr Partner hat sie verlassen, um an einer neuen Marsmission teilzunehmen und in ihrem Job geht es gerade nicht vorwärts. Sie arbeitet in einem Aquarium, in dem ein Riesentintenfisch lebt, den einst ihr Vater aus einem der verschmutztesten Teile des Pazifiks mitgebracht hat, bevor er auf einer Mission verschwand. Doch dieser Tintenfisch, Dolores genannt, soll nun verkauft werden, um die missliche finanzielle Lage des Aquariums aufzubessern.
Durch ihre akutelle Misere muss sich Ro die Frage stellen, wer sie ist und wer sie sein will. Diese Frage wird sich nicht beantworten lassen, ohne dass sie sich auch einen Blick darauf erlaubt, wer sie war und was sie geprägt hat. Dabei ist ihre Vergangenheit geprägt von den Streitigkeiten ihrer Eltern, ihrem Gefühl nie unkonditional geliebt worden zu sein und ihrer nie eingestandenen Trauer darüber, ihren Vater verloren zu haben, die hinter ihrer Hoffnung, dass er noch irgendwo da draußen ist, versteckt liegt.
Da ich es in einer negativen Rezension zu diesem Buch gelesen habe, möchte ich zu Beginn ganz klar machen: das hier ist kein Buch über den Klimawandel. Auch wenn an einigen Stellen die Veränderungen unserer Erde angesprochen werden und z.B. die geplante Marskolonie der Rettung der Menschheit vor der Klimakrise dienen soll, spielt das Buch leicht in einer etwas stärker verschmutzten Zukunft, aber es geht vorrangig um die innere Lebenswelt unserer Protagonistin.
Ro als Hauptfigur fand ich sehr interessant. Sie hat viele seelische Wunden, die sie eher vor sich selbst versteckt und durch ein Abschotten von der Welt auch versucht vor anderen zu verstecken. Die Trennung von ihrem quasi-perfekten Freund hat sie noch mehr in die Defensive gebracht, da sie nun erst recht nicht weiß, was sie mit ihrem Leben machen soll. Aber auch die Beziehung selbst war für sie nicht nur Liebe, sondern ein weiterer Bereich ihres Lebens, der ihre vermeintlichen Unzulänglichkeiten für sie hervorgehoben hat.
Ro ist in diesem Sinne eher eine unsichere Person. Ihr Rückzug erscheint ihr vielleicht erstmal als eine sinnvolle Strategie, um nicht weiter damit konfrontiert zu werden, dass sie nicht die Version ihrer selbst ist, die sie sein möchte oder von der sie denkt, dass andere sie haben wollen. Doch zwischen Alkohol und ihrem Job, der ihr keine Zukunft bieten kann, muss sie sich schließlich doch fragen, wer sie denn nun eigentlich ist. Das kann natürlich anstrengend zu lesen sein, wenn man solche Charaktere nicht mag oder solche Fragen die eigene Lebenswelt nicht mehr beeinflussen, aber mir hat das zugesagt.
Wir bekommen im Buch dann auch Ros Familiengeschichte erzählt, die von vielen traurigen Events geprägt ist. Hier würde ich im Zweifel dringend empfehlen content warning nachzuschauen. Ros Eltern sind aus Korea in die USA eingewandert. Ihr Vater war ein erfolgsversprechender Wissenschaftler, ihre Mutter wollte Musiklehrerin werden. Allerdings wurde dann Ro geboren, und beide Eltern trafen Entscheidungen die mehr Stabilität und Sicherheit bieten sollten, gleichzeitig aber auch zu sich kumulierenden negativen Gefühlen beitragen. So ist die Familie in Ros Leben von viel Streit und wenig gegenseitigem Verständnis geprägt.
Eine besondere Rolle in dem Ganzen spielt dann Dolores, der Oktopus. Sie ist ein besonders riesiges Exemplar, das in einem besonders verschmutzten Teil des Pazifiks entdeckt wurde. In diesem Teil führen die Chemikalien im Wasser dazu, dass alle Meerestiere viel größer werden als anderswo. Ros Vater hat damals Dolores mitgebracht und sie lebt seit vielen Jahren in dem Aquarium. Für Ro stellt sie die letzte Verbindung zu ihrem verschwundenen Vater da, von dem sie nicht glauben kann, dass er tot ist. Dolores ist in diesem Sinne symbolisch viel mehr für Ro als ein Tier, das sie versorgt. Hier würden sich sicherlich einige wünschen, dass man noch etwas mehr Tintenfisch im Buch bekommt. Aber mir haben die Szenen mit ihr auf jeden Fall gefallen und ein paar spannende Fakten über die Tiere wurden auch eingebaut.
Am Ende muss Ro sich fragen, ob sie wirklich so weiterleben will, wie sie es gerade tut. Und welche Schritte vielleicht dazu führen können, dass sie mit sich und ihrem Leben zufriedener wird. Dazu muss sie bestimmte Dinge auch gehen lassen und sich eingestehen. Besonders schön fand ich, dass ihre Kindheitsfreundin am Ende dabei eine große Rolle spielt.
Alles in allem hat mir das Buch gut gefallen. Es werden viele tragische, aber wichtige Themen angesprochen. Ich mochte Ro als Hauptfigur, zumal sie auch an einer ähnlichen Stelle im Leben ist wie ich. Die Familiengeschichte war spannend und traurig, und hat sehr gut erläutert, warum Ro ist, wie sie ist. Und auch wenn ich gern etwas mehr Dolores gesehen hätte, fand ich es schön, dass hier mal ein etwas anderes Tier im Zentrum steht als die klassische Auswahl an Säugetieren.
Habt ihr schon Oktopus-Bücher gelesen? Oder findet ihr sie eher gruslig? Ich bin ein großer Fan.
Bis bald,
Eure Kitty Retro
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