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Samstag, 2. März 2024

Fearing the Black Body


Hallo meine Lesehasen,

wir gehen heute vom Black History Month in den Women's History Month, also lasst uns doch über ein Buch sprechen, dass die Themen race, gender und Körpergewicht miteinander verbindet. Das Buch hat mich schon seit Jahren interessiert, aber jetzt bin ich endlich dazu gekommen es zu lesen.

Die Fakten:

  • Autor: Sabrina Strings
  • Titel: Fearing the Black Body - The Racial Origins of Fat Phobia
  • Erschienen: 2019
  • Verlag: New York University Press
  • Seiten: 212 + Anhang
  • Preis: 32,55 Euro / kostenlos im Audible Abo
  • Klappentext: "Sabrina Strings weaves together an eye-opening historical narrative ranging from the Renaissance to the current moment, analyzing important works of art, newspaper and magazine articles, and scientific literature and medical journals-where fat bodies were once praised-showing that fat phobia, as it relates to black women, did not originate with medical findings, but with the Enlightenment era belief that fatness was evidence of "savagery" and racial inferiority. Fearing the Black Body argues that the contemporary ideal of slenderness is, at its very core, racializied and racist. An important and original work, it reveals that fat phobia isn't about health at all, but rather a means of using the body to validate race, class, and gender prejudice."

Zum Inhalt: In diesem Buch wendet die Aurotin Analysen von historischen Material an, um aufzuzeigen, wie das Narrativ von Körperfett als etwas Schlechtem und moralisch Verwerflichem entstanden ist. Dabei beginnt sie im 16. Jahrhundert, einer Zeit, in der die ersten afrikanisch-stämmigen Sklaven in den wichtigen Häfenstädten Europas sichtbar werden. Dabei geht es einerseits um die Inszenierung von Körpergewicht, andererseits um die Inszenierung von race, und wie beides mehr und mehr miteinander verwoben wird.

Dabei belässt die Aurotin es nicht bei einer Analyse der Unterschiede von schwarz und weiß, sondern greift verschiedene "Rassentheorien" auf und beleuchtet dahingehend auch unterschiedliche Gruppen von Menschen, vor allem auch irische Menschen oder Menschen aus Osteuropa (meist jüdisch), die zu verschiedenen Zeiten große Migrationsgruppen für die USA darstellten und als "andere" markiert wurden. Immer wieder wird dabei die Größe und Schlankheit der anglo-sächsischen bzw. später arischen "Rasse" betont, wohingegen andere Gruppen mit hohem Körpergewicht und damit körperlicher und moralischer Inferiorität verknüpft werden.

Das Buch ist grob in drei Teile unterteilt. Im ersten Teil geht es um das 16. und 17. Jahrhundert und fokussiert vor allem auf Europa, da hier das kulturelle Zentrum der weißen Welt liegt. Zunächst sind nicht-weiße Personen in dieser Zeit einer Neuheit und werden so in der Kunst dargestellt, und es gibt Diskussionen, ob diese genauso als schön gelten können wie weiße (meist Frauen). Dabei gilt zu dieser Zeit ein runder, wohlgenährter und kräftiger (Frauen-)Körper als ideal, das sowohl in weißen als auch in nicht-weißen Körpern gesehen wird. Diese Narrative ändern sich mit der Zeit, wenn Schwarze Körper zunehmend als klein, dürr und schwach beschrieben und damit nicht mehr mit Schönheit verbunden werden.

Der zweite Teil beschäftigt sich dann mit der Zeit, in der die "Rassentheorien" aufkommen. Wir betrachten dann auch mehr als nur Europa, auch wenn hier alles beginnt. Wir gehen dann allerdings auch nach Nordamerika über, wie der schlanke (Frauen-)Körper immer mehr zum Trend wird. Hier wandelt sich nun also das race-Gewichts-Narrativ. Nun sind die abgemagerten, großen weißen Frauen elegant und schön, und hohes Körpergewicht wird immer mehr mit den inferioren "Rassen" verbunden. Dabei kann es sich um Schwarze Körper handeln, aber auch um irische oder südeuropäische, denn diese wurden als "Rassen" mit afrikanischem oder asiatischem Erbe interpretiert. Interessant ist auch immer der mentale Spagat, dass das vermeintlich zu hohe Gewicht bei den weißen, anglo-sächsischen/arischen und damit superioren Körpern nur einer vorübergehenden Verirrung zu verschulden ist, die sich mit viel Bildung und Reform wieder richten lässt, während es bei den anders-gemachten "Rassen" als intrinsischer Fehler des Bluts gesehen wird, der eben beweist, dass sie inferior sind. 

Das Buch endet dann im dritten Teil mit einem Blick auf die Rolle der Medizin in dem Ganzen, die dann doch erschreckend gering ist. Zwar gab es einige Ärzte, die schon früh hohes Körpergewicht als ein gesundheitliches Risiko benannten und wilde Diäten (quasi nur Kuhmilchtrinken) vorschlugen, allerdings was das gesundheitliche Argument nie durchsetzungsfähig. Erst mit der Zeit des Zweiten Weltkriegs und der vermeintlichen Abkehr von Ideen der "Rassentheorien" und Eugenik wird die Bedeutung der Medizin für die Kontrolle von (weiblichen und nicht-weißen) Körpern bedeutender. Besonders spannend war dann auch ein Hinweis auf zwei Studien im Epilog, die ungefähr zur gleichen Zeit veröffentlicht wurden. Während eine zeigte, dass die Mortalität mit Übergewicht geringer ist als bei Normalgewicht, betonte die andere, dass (hohes) Körpergewicht noch tödlicher sei als bisher angenommen - vor allem für Schwarze Frauen. Dass letztere Studie breit durch alle Medien geschleift wurde, während erstere einen intellektuellen Shitstorm auslöste, bestimmte das Narrativ der "Adipositasepidemie" für die nächsten Jahre.

Alles in allem war dieses Buch für mich absolut gelungen. Es ist sehr gut lesbar, auch für Nichtakademiker sehr verständlich geschrieben. Ich mochte die vielen Beispiele aus Kunst, Literatur, Wissenschaft und Quasi-Wissenschaft, Religion und Medien, die hier herangezogen werden um zu zeigen, wie sich über die Jahrhunderte ein Narrativ gefestigt hat: Fett ist schlecht. Dieses Narrativ bestimmt bis heute das Leben von vielen Menschen, vor allem Frauen. Wer sich schon immer gefragt hat, wo diese Idee eigentlich herkommt, der muss dieses Buch lesen.

Ich hoffe, ich konnte euch dafür ein bisschen interessieren. Für mich ist das eines der spannendsten Themen unserer Zeit

Bis bald,
Eure Kitty Retro





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