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Sonntag, 17. Februar 2013

Justine



Mein liebsten Leser,

heute möchte ich euch vom Schicksal der Justine berichten, vom Missgeschick der Tugend. Bevor ich es vergesse, sind hier die Daten:


  • Autor: Marquis de Sade
  • Titel: Justine oder vom Mißgeschick der Tugend
  • Verlag: Ullstein Buchverlage GmbH & Co. KG
  • Erschienen 2005 (Original: 1791)
  • Seiten: 172
  • Preis: kostenlos für den Kindle oder für wenig Cent gebraucht bei Amazon


Justine ist eine von zwei Schwester, die, wie ihr im Klappentext schon lesen konntet, unterschiedlicher nicht sein können. Juliette, die andere Schwester, lernt nach dem Tod ihrer Eltern schnell, wie sie im Frankreich des 18. Jahrhunderts zurechtkommt. Justine dagegen ist eine treue Seele, die an Gerechtigkeit, Vorsehung und Gott glaubt. Sie will ihr Leben sittsam durchstehen. Mit dem wenigen Geld, dass sie erhält, sucht sie also ihr Glück.

Doch von Anfang an gerät sie immer wieder an die Falschen. Ein geiziger Mann bezichtigt sie des Raubes, obwohl dieser nur inszeniert war als Rache dafür, dass Justine für ihn nicht stehlen wollte. Eine Horde Verbrecher hilft ihr bei der Flucht aus dem Gefängnis und will sie dann vergewaltigen, weil sie die Mithilfe an weiteren Verbrechen verweigert. So geht es weiter, als sie im Wald zwei Männer beobachtet, die sich unsittlich verhalten. Sie wird dabei entdeckt und muss zur Strafe für die Mutter des einen arbeiten. Diese soll schließlich ermordet werden, Justine weigert sich allerdings wieder und wird am Ende dieses Mordes bezichtigt und muss wieder fliehen.

Jedes Mal, wenn sich das Blatt zu wenden scheint, erwischt es Justine nur noch schlimmer. Die Geschichte ist eine Erzählung aus ihrer Sicht, und obwohl durchaus auch sexuelle Praktiken erwähnt werden, würde Justine diese niemals offen aussprechen. Deswegen sind viele, die aufgrund des Rufs vom Marquis erwarten, dass es heiß hergeht in diesem Buch, eher enttäuscht. Allerdings hat dieses Buch einige Qualitäten, die ich euch nicht vorenthalten mag.

Eingebettet ist die Geschichte in ein Gespräch, dass Justine und Juliette führen. Allerdings haben sie sich zu diesem Zeitpunkt viele Jahre nicht gesehen und sie erkennen sich nicht, haben aber ein merkwürdiges Gefühl der Verbundenheit. In einem Gasthaus treffen sich die beiden, Justine als Gefangene und zum Tode Verurteilte, Juliette als Frau eines reichen Herrn, selbst wunderschön und reich. Justine wird aufgefordert, ihre Geschichte zu erzählen. Sie gibt sich jedoch als Sophie aus, um ihre wahre Herkunft zu verschleiern.

Das Buch sollte vorrangig philosophisch betrachtet werden. Sicher muss man eine gewisse Disposition für sadistische und masochistische Verhaltensweisen haben, denn sonst ist das Buch wahrscheinlich ein bisschen… schwer zu verdauen. Wenn man allerdings problemlos von Schlägen und Peitschen lesen kann, dann kann man das Buch auch auf den Grund durchsteigen. Marquis de Sade war sicher nicht einfach ein Perverser, der Geschichten geschrieben hat. Und wenn er es war, so hat er das doch zumindest in diesem Buch fabelhaft versteckt. Stattdessen sehe ich vor allem eine Kritik am gesellschaftlichen Wandel des 18. Jahrhunderts, der in Frankreich von Statten ging.

Angeklagt werden Libertins, Korruption und allgemein die Sittlosigkeit, die sich großer Beliebtheit erfreut. Das Buch endet so auch mit einem Appell, dass man erkennen soll, dass das wahre Glück nur im Herzen der Tugend liegt. So erkennt auch Juliette am Ende ihre Verfehlungen und, aufgerüttelt durch die Geschichte ihrer Schwester, tritt ins Kloster ein.

Man kann dieses Buch natürlich sehen, wie man will. Ich finde es ungewöhnlich, spannend, anregend (aber eben nur, wenn man so etwas gut findet) und tiefgründig. Wie viel man dann am Ende selbst an Bedeutung hineininterpretiert, bleibt jedem überlassen. Ich möchte es aber nicht nur als sado-masochistische Geschichte sehen, sondern als ein Werk, dass man gelesen haben sollte.

Obwohl ich die anderen Bücher de Sades noch nicht ausführlich kenne, bin ich doch der Meinung, dieses ist das wichtigste. Vielleicht ändere ich diese Meinung irgendwann noch.

Empfehlen kann ich es vor allem den Menschen, die eher masochistisch eingestellt sind, und Menschen, die auch zwischen den Zeilen lesen können.

Bis bald,

Kitty Retro

Meine Bewertung:


- Dieses Buch ist Buchstabe J meiner ABC-Challenge-Teilnahme. -

2 Kommentare:

  1. Liebe Kitty,

    vielen Dank für diese schöne Rezi, auf die ich mich schon sehr gefreut hatte.

    Wenn man, wie ich, die 120 Tage von Sodom bereits gelesen hat, kommt man bei deinen Worten fast nicht drum herum, zu denken, dass sich der Marquis beinahe an Justines Pech erfreut (auch in den 120 Tagen werden die treuen, sittsamen Charaktere bestraft, die ruchlosen belohnt).

    Ob man darin eine Gesellschaftskritik oder einfach nur eine Eigenart von de Sade sieht, sei mal dahingestellt :D

    Ich finde es toll, dass ihr fernab vom Mainstream rezensiert! Weiter so!

    Liebste Grüße
    Prusse

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  2. Vielen Dank. Ich hab das Buch hier stehen, aber ich hab es noch nie geschafft, es zu lesen. Allerdings stimme ich dir natürlich zu, dass er sicher dieses Unglück auch ein bisschen genießt. Und die letzten Worte sind sicher auch mit einer gewissen Ironie geschrieben. Dennoch denke ich, dass die Gesellschaftskritik da ist. Wahrscheinlich ist sie heute nur schwerer zu verstehen, da wir ja in gänzlich anderen Zeiten leben. Gerade Korruption kommt bei ihm ja aber sehr schlecht weg. Auch das Justizsystem. Bemerkenswert ist auch, dass eine Figur, die Justine maßgeblich hilft, auf einer wahren Person beruht, die der Marquis getroffen hatte, der eben dieses korrupte System nicht duldete.

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