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Mittwoch, 17. Februar 2016

Versteckt wie Anne Frank

Hallo meine Lesefreunde,

zum Geburtstag habe ich mir dieses etwas andere Buch gewünscht. Der zweite Weltkrieg und die schreckliche Behandlung von Juden während dieser Zeit haben mich immer sehr bewegt. Als ich neulich auf einem anderen Blog, an den ich mich leider nicht mehr erinnere, dieses Buch gesehen habe, war ich sofort neugierig. Denn dieses Buch beschreibt 14 Geschichten, die ähnlich der von Anne Frank sind. Unterschied: Die entsprechenden Kinder haben überlebt und können uns heute ihre Geschichten erzählen. Diese Geschichten sind zwar hochdramatisch und etwas, das keinem Menschen auf der Welt angetan werden sollte, aber dennoch sind es auch Geschichten von Hoffnung, denn sie hatten Hilfe, Familie und Freunde, die alles riskiert haben für sie. Und deswegen finde ich dieses Buch bewundernswert.  Jeder sollte es lesen. Ich kann auch die dazugehörige Homepage sehr empfehlen.
  • Zuerst erzählt uns Rita Degen von verschwundenen Sternen auf 16 Seiten. Sie war sehr jung, als der Krieg begann. Die Eltern schafften sie zu anderen Familien und tauchten für sich unter. Dadurch ist ihre Geschichte ganz anders als die von Anne Frank. Außerdem war sie blond, wodurch sie von den Deutschen als deutsches Kind wahrgenommen wurde. Da sie noch so jung war, sind Schreibstil und Handlung eher unbedarft und für junges Publikum gut geeignet. Ich hätte mir die eine oder andere weitere Ausführung gewünscht. Dieser Geschichte würde ich 3 von 5 Sternen geben.
  • Auf 20 Seiten erzählt uns Jaap Sitters die Geschichte seiner Familie. Auch er wurde zunächst getrennt von den Eltern untergebracht, musste dann aber zu ihnen zurück. Er hatte ebenfalls vor allem Glück. Ich fand diese Geschichte wesentlich ergreifender, denn man bekommt an so vielen Stellen mit, wie viele den Nazis zum Opfer gefallen sind. Jaap hatte unglaubliches Glück und einen cleveren Vater. Auch diese Geschichte ist dennoch für junges Publikum gut geeignet, denn es wird nichts grafisch beschrieben, nur angedeutet. Dennoch hat er wesentlich schrecklichere Dinge zu berichten. Diese Geschichte verdient 5 von 5 Sternen, denn einem wird beim Lesen doch ganz anders.
  • Bloeme Emden war zum Ende des Krieges etwa 19 Jahre alt und erzählt auf ca. 15 Seiten von ihrer Odyssee. Da sie kein Kind mehr war, hat sie viele Vorgänge anders wahrgenommen und dadurch sind ihre Schilderungen auch anderer Natur. Ich hätte mir noch mehr Details gewünscht, denn ihr Schicksal ist wirklich ergreifend. Viele Menschen in ihrer Umgebung sind Opfer des Holocaust geworden und nur durch viel Glück hat sie es geschafft. Von ihrer Zeit in Auschwitz schreibt sie nichts. Wäre dies kein Kinder- und Jugendbuch, hätte ich darauf unbedingt bestanden. So gibt es von mir ebenfalls 5 von 5 Sternen, denn dieses Schicksal hat mich zu Tränen gerührt. Ich finde auch den kurzen Ausblick auf ihr restliches Leben schön.
  • Die nächste Geschichte ist auch etwa 15 Seiten lang und berichtet von Jack Eljon, der 3 Jahre alt war, als der Krieg ausbrach. Diese Geschichte geht einfach unter die Haut. Sie ist so entsetzlich traurig und vollkommen nachvollziehbar. Man kann kaum glauben, wie hier einige Menschen reagieren - gut und schlecht. Sicher ist, dass kein Kind so aufwachsen müssen sollte - 5 von 5 Sternen.
  • Die Geschichte von Rose-Mary Kahn ist im Vergleich zu den Vorgängern fast schon harmlos, aber das darf nicht täuschen. Dies belegt der letzte Satz, der mir eine Gänsehaut verursacht hat. Auf knapp 10 Seiten berichtet sie, wie viel Glück im Unglück ihre Familie hatte, vor allem auch ihr Vater. Dennoch hat dieses vergleichbar leichte Schicksal sie sehr geprägt, und das sieht man in diesem Bericht. Auch dieser bekommt 5 von 5 Sternen von mir.
  • Lies Elion war etwa 15, als der Krieg über sie hereinbrach. Auf fast 20 Seiten erzählt sie von ihren Erlebnissen und ihrer mutigen Schwester, die allerdings für ihren Mut teuer bezahlen musste. Wieder einmal sehen wir ein Schicksal, das vom Trauma der eignen Eltern geprägt ist. Anders als andere Kinder in diesem Buch wurde Lies nicht sehr lang von ihren Eltern getrennt untergebracht. Dennoch hat der Krieg ihr Leben schrecklich verändert. Dieser Geschichte gebe ich 4 von 5 Sternen, und ich würde zu gern das beschriebene Poesiealbum lesen.
  • Auf 10 Seiten erzählt uns Maurice Meijer dann von einer Zeit, an die er sich selbst kaum erinnern kann, denn er war erst 3 Jahre alt. Allerdings ist auch seine Kindheit traumatisiert von den Erlebnissen, von denen vielen Versteckwechseln. Ich finde es schön, dass er uns daran teilhaben lässt, wie es nach dem Krieg für ihn, seine Familie und seine Pflegefamilie weiterging. Diese Geschichte zeigt die unglaubliche Bindung, die durch die Unmenschlichkeit der Nazis zwischen den Verfolgten und ihren Helfern entstehen konnte. Darum gebe ich noch einmal 5 von 5 Punkten für diese Geschichte.
  • Anschließend berichtet Sieny Kattenburg, die um die 20 war während des Krieges, auf knapp 20 Seiten von den Strapazen während und nach des Krieges. Hier sehen wir die Sicht von einem Mädchen, welches aktiv daran beteiligt war, hunderte Kinder zu verstecken, bevor sie selbst mit ihrem Ehemann untertauchen musste. Spannend finde ich vor allem auch, dass sie an einigen Stellen andeutet, wie schlimm es erst nach der Befreiung war. Indem die Todesangst wegfiel, realisierte sie erst, was sie alles verloren hatte. Dafür gibt es 5 von 5 Punkten, die ihre Geschichte bietet eine neue Perspektive auf die bisherigen Berichte.
  • Die nächsten 10 Seiten gehören Leni de Vries, die während des Krieges noch sehr klein war, sich allerdings an erstaunlich viele Dinge erinnert. Sie wurde beim Untertauchen sowohl von ihren Geschwistern als auch ihren Eltern getrennt. Als Älteste hatte sie als einziges Kind nach dem Krieg eine Art Beziehung zu ihren Eltern. Und auch sie spricht davon, wie der Krieg etwas in ihr zerbrochen hat, obwohl von ihrer Familie, von den Großeltern abgesehen, alle überlebt haben. Ich gebe der Geschichte 5 von 5 Punkten, denn so betont nochmal bereits gehörtes aus einer etwas anderen Perspektive, ohne zu repetitiv zu sein.
  • Die Geschichte von Benjamin Krosses bringt noch einen völlig neuen Blickwinkel, denn endlich erfahren wir von einem jungen Mann, während des Krieges Anfang 20, der den Krieg überstanden hat und uns davon erzählen kann. Ich kann mir gut vorstellen, dass junge Männer es, wie auch auf der Titanic, am schwersten hatten. Denn mit Kindern und jungen Mädchen hat man Mitleid, aber mit jungen Burschen? Das sieht man ja auch in der Flüchtlingsdebatte, die will keiner. Daher hat mir diese Geschichte sehr gut gefallen, und es gibt sogar ein Happy End. Daher nochmal 5 von 5 Punkten.
  • Michel Goldsteen wiederum war erst um die 10 Jahre während des Krieges. Das Ende seiner Geschichte hat mich definitiv zum Weinen gebracht. Er drückt etwas aus, was man sich als normaler Mensch gar nicht vorstellen kann. Allein dafür gibt es 5 von 5 Sternen, dass er es so sagen und schreiben kann. 
  • Neben ihrer Leidensgeschichte hat Lowina de Levie auch eine tragische Liebesgeschichte zu erzählen. Sie war ein Teenager während des Krieges. Ihre erste Liebe hat den Krieg nicht überstanden. Ich finde diese Geschichte so berührend, denn wir können uns sicher alle daran erinnern, wie es war, das erste Mal verliebt und dann auch getrennt zu sein. Auch das Leben als Quasi-Scheidungskind kann ich mehr als nachvollziehen. Daher kann ich diese etwa 15seitige Geschichte im Besonderen nachempfinden. Von mir gibt es 4 von 5 Punkten, denn hier hätte noch deutlich mehr erzählt werden können. 
  • Auf etwa 10 Seiten erzählt uns Johan Sanders von seltsamen Situationen, die durchs Untertauchen entstehen. Auch hier begegnen uns wieder Dinge, die wir bereits aus anderen Geschichten kennen. Dabei hat es Johan noch vergleichsweise gut getroffen. Dennoch beschreibt auch er, wie traumatisiert und verwirrt ein Kind in und nach einer solchen Situation ist. Einzigartig ist auch die Geschichte seines Vaters, die jedoch nur am Rande erzählt wird. Daher gibt es von mir nur 4 von 5 Sternen.
  • Die letzten etwa 10 Seiten gehören Donald de Marcas und seiner Geschichte. Auch er war während des Krieges noch sehr jung. Einerseits hatte er das Glück, bei vernünftigen Menschen untertauchen zu können, andererseits hat aber auch er die Beziehung zu seiner eigenen Familie verloren, als es noch sehr wichtig für seine Entwicklung war. Man kann sich einfach nicht vorstellen, wie das sein muss. Zum Glück für uns. Ich gebe nochmal 4 von 5 Sternen.
Wir ihr seht, finde ich dieses Buch durchgängig lesenswert. Keine Geschichte hat mich enttäuscht. Natürlich ist dies eine Thematik, die eine Bewertung äußerst schwierig macht. Dennoch sind alle Geschichten relevant, ansprechend geschrieben und aufbereitet. Die meisten Geschichten bringen einen einzigartigen Aspekt in das Gesamtwerk ein. Prinzipiell ist jedoch jede Geschichte in dieser Richtung erzählwürdig. Die ganze Menschheit darf niemals vergessen, was damals passiert ist.

Ich finde es gut, dass die Thematik in diesem Buch (auch) für junges Publikum aufbereitet wurde. Dadurch kann man hier sein Kind bilden, ohne dass der Inhalt zu grafisch oder dramatisch wird. Alles wird eher sachlich beschrieben, doch man kann an vielen Stellen wesentlich mehr hineindeuten. Einige Geschichten überragen die anderen mit besonders rührenden Gedanken. Dennoch denke ich, dass Kinder ab 12 Jahren (so die Empfehlung am Buch) mit dem Inhalt gut umgehen können. Ich habe selbst Anne Franks Tagebuch gelesen, als ich etwa in dem Alter war.

Alles in allem würde ich dieses Buch jedem empfehlen, denn ich denke, jeder Mensch sollte sich damit auseinander setzen. Und jeder, der Hass gegen andere in dieser Welt streut, der sollte sich erst recht damit beschäftigen. Wir müssen unseren Kindern zeigen, dass der Hass kein Weg ist, diese Welt zu beschreiten.

Wie seht ihr das? Ich bin wirklich gespannt, eure Meinung dazu zu hören. Kann man zu jung sein, um diese Geschichten zu hören? Wo die Erzähler damals teilweise kaum selbst 12 Jahre alt waren? Und habt ihr ähnliche Empfehlungen?

Bis bald,
Eure Kitty


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