Hallo meine kritischen Leser,
heute wenden wir uns noch einem Buch zu, dass nicht fiktiv ist. Es handelt auch wie Why I No Longer Talk To White People About Race von Rassismus und Rassismus-Erfahrungen. Dabei fokussiert dieses Buch stärker schwarze Personen in Deutschland und thematisiert die koloniale Vergangenheit als Trauma-Erfahrung aus einer psychologischen (freudianischen?) Perspektive. Ich habe auch dieses Buch für den Harry Potter-Readathon gelesen.
Die Fakten:
- Autor: Grada Kilomba
- Titel: Plantation Memories - Episodes of Everyday Racism
- Erschienen: 2016
- Verlag: Unrast
- Seiten: 154
- Preis: 16,00 Euro
- Klappentext: "Plantation Memories is a compilation of episodes exploring everyday racism as a psychological reality. The combination of these two words, `plantation´ and `memories´, describing racism as not only the restaging of a colonial past, but also as a traumatic reality. Everyday racism, argues Grada Kilomba, is experienced as a violent shock that suddenly places the Black subject within a colonial scence where, as in a plantation scenario, one is imprisoned as the subordinate and exotic `Other´. "What a beautiful N.! Look how nice the N. looks. I want to be one too" says a girl to Kathleen. Kathleen is shocked, for she did not expect to be perceived as the inferier `Other´. This moment of surprise and pain describes everyday racism as a mise-en-scéne where whites suddenly become symbolic masters and Blacks, through insult and humiliation, become figurative slaves. Unexpectedly, the past comes to coincide with the present and the present is experienced as if one were in that agonizing past, as the title Plantation Memories conveys."
Zum Inhalt: In den ersten Kapiteln beschreibt die Autorin verschiedene Aspekte von Kolonialismus und verbindet diese mit dem Begriff des Traumas. Sie schreibt darüber, wer wann wie sprechen darf und dabei auch gehört wird. Alles wird durch eine starke Machtperspektive gesehen. Danach beginnt sie im vierten Kapitel bestimmte Themen, die in den Interviews besprochen wurde, wie beispielsweise "Haar" oder "Sexualität" zu erläutern und mit Trauma in Verbindung zu setzen. Zum Schluss beschreibt sie auch Aspekte des Heilens und der "Dekolonialisierung".
Zunächst ist wichtig, dass es sich bei diesem Buch durchaus um einen eher wissenschaftlichen Text handelt. Wer erwartet, dass er hier Allgemeinplätze zum Thema Rassismus in Deutschland erfährt, ist an der falschen Adresse (wie ich es war). Es geht tatsächlich eher um die Perspektive auf Rassismus durch die Trauma-Theorie. Dabei wird viel auf Freud Bezug genommen.
Es gibt nur eine sehr geringe Einordnung des Themas - historisch oder sozial - die über ein paar Grundfakten hinausgehen. Dabei wird das Unwissen über das Thema Schwarze in Deutschland aber durchaus als ein Anzeichen für Rassismus genannt. Leider weiß ich - trotz Geschichte-Leistungskurs - auch nicht sehr viel darüber, was ihre These stützt aber mich als Leser natürlich nicht abholt.
Als Wissenschaftlerin tue ich mich tatsächlich immer ein bisschen schwer mit psychologischen Sichtweisen. Leider klicken diese mit mir nicht so richtig, da ich das Leben und die Welt eben eher durch meine eigene (sozialwissenschaftliche) Brille sehe. Darum fand ich ganz persönlich die Art der Auswertung des Materials hier auch nicht besonders interessant und kann auch nicht beurteilen, inwieweit das Beschriebene neue Erkenntnisse sind.
In einem Kapitel schreibt die Autorin auch, dass sie von Abstraktionen absehen wird, sondern mehr die Daten und damit die interviewten Schwarzen Frauen für sich sprechen lassen wird. Dann wird aber jedes Kapitel sehr stark abstrahiert in meinen Augen, denn alles wird immer wieder auf Trauma und Freud und ähnliches hochgehoben. Das hat mich etwas irritiert.
Vor allem bin ich aber davon verwirrt, dass nur zwei von sechs Interviews in diesem Buch ausgewertet werden. Ich bin nicht so firm in dieser Forschungsrichtung, darum weiß ich nicht, ob das Usus ist. Es wird behauptet, die anderen Interviews sehen in gleiche Richtungen gegangen aber nicht so schön ausformuliert. Trotzdem muss ich das der Autorin einfach glauben und hoffen, dass sie mir nicht nur die Ergebnisse präsentiert, die zu ihrer eigenen Erfahrung und ihren Annahmen passen.
Insgesamt habe ich aus dem Buch leider nicht wirklich etwas gelernt. Die Ausschnitte aus den Interviews waren sehr interessant, davon hätte ich gern mehr gelesen (eben auch von den anderen Interviewten). Ich hatte mir vom Buch einen Fokus auf Deutschland gewünscht, den ich allerdings auch nur bedingt bekommen habe, da deutsche Besonderheiten fast keine Rolle spielen und eine der beiden Interviewten eigentlich Amerikanerin ist, die scheinbar eine Weile in Deutschland wohnte. Wissenschaftlich hat mir das Buch leider nicht gut geschmeckt. Ich hatte stattdessen das Gefühl, dass das Buch dezidiert für andere Schwarze Frauen (und Psychologen?) geschrieben ist, was ich an sich ok finde, es dann aber im Marketing ein bisschen stärker machen würde.
Leider kann ich das Buch aber einer breiten Masse nicht empfehlen, habe zum Lesen echt lange Zeit gebraucht und war sehr froh, als es endlich geschafft war. Wirklich etwas gelernt habe ich nicht.
Kennt ihr das Buch? Wie steht ihr dazu und hättet ihr an einem Buch, das stärker auf die Historie und Lebenswelt von Schwarzen (Frauen) in Deutschland eingeht? Mich würde das brennend interessieren.
Bis bald,
Eure Kitty Retro
Meine Bewertung:
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen