heute möchte euch ein Buch vorstellen, dass im englischen Sprachraum viel gehypet wurde. Inzwischen wurde es auch ins Deutsche übersetzt und ich habe es in der Bibliothek gefunden. Ich war dabei eher skeptisch, denn das Buch handelt unter anderem von Poetry Slams, und dieses Modephänomen ist leider völlig an mir vorbeigegangen...
Die Fakten:
- Autor: Elizabeth Acevedo
- Übersetzung: Leticia Wahl
- Titel: Poet X
- Erschienen: 2019
- Verlag: rowohlt
- Seiten: 347
- Preis: 15,00 Euro
- Klappentext: "Xiomara hat ihre Worte immer für sich behalten, so wie ihre strenggläubige Mutter es verlangt. In ihrem Viertel in New York übernehmen stattdessen Fäuste das Reden. Doch X hat Geheimnisse: ihre Gefühle für Aman aus ihrer Klasse; ihr Notizbuch voller Gedicht, das sie unter dem Bett versteckt - und ein Slam-Poetry-Club, der all diese Geheimnisse ans Licht bringen wird. Denn auf der Bühne bricht Xiomara schließlich ihr Schweigen und verlangt, von allen gehört zu werden."
Zur Handlung: Xiomara ist eine Teenagerin in New York City, ihre Familie hat ihren Ursprung in der dominikanischen Republik, allerdings hat sie damit wenig Verbindung. Ihre Mutter ist extrem gläubig und zwingt ihre Kinder dazu, ebenfalls jeden Sonntag in die Kirche zu gehen. Außerdem soll Xiomara bald die Kommunion erhalten.
Xiomara hat außerdem einen Zwillingsbruder. Obwohl beide sehr verschiedene Interessen haben, sind sie doch auf besondere Weise miteinander verbunden. Während Xiomara immer mehr unter den Ansprüchen und Erwartungen erdrückt wird, die an junge Mädchen in ihrer Gemeinde gerichtet werden, ist ihr Bruder das Genie der Familie. Aber auch er hat seine Geheimnisse...
In diesem Buch werden unterschiedliche Problemfelder aufgemacht. Vor allem am Anfang geht es viel darum, dass Xiomara von Jungen und zunehmend Männern in ihrem Viertel als Sexobjekt betrachtet wird, denn sie ist recht kurvig. Sie ist genervt davon, dass Männer zu ihr sagen können, was sie wollen, sie aber dafür verantwortlich gemacht wird, dass sie sexuell anziehend wirkt.
Allerdings zeigt sich mehr und mehr, dass die Beziehung zu ihrer Mutter das größte Problem ist. Diese wollte eigentlich Nonne werden und hat erst sehr spät ihre Kinder bekommen. Xiomara soll nun das jungfräuliche Bild einer Frau sein, aber ihr Körper gestattet ihr das nicht. Dazu kommt, dass Xiomara immer gehorchen und im Haushalt helfen muss - Anforderungen, die ihren Bruder nicht treffen. Und ihre Mutter kann ihre vergangenen Träume von einem keuchen gottliebenden Leben auf sie projizieren.
Zu allem Überfluss treffen wir Xiomara zum Beginn eines neuen Schuljahres, in dem sie sich in ihren Bio-Laborpartner Aman verliebt. Obwohl sie weiß, dass sie keine Zeit mit Jungen verbringen darf, finden die beiden kleine Momente, die sie nutzen, um Musik zu hören oder zu reden. Doch Xiomara weiß, dass diese Beziehung keine wirkliche Zukunft haben kann.
Schließlich gründet sich zum Schulbeginn ein neuer Club, bei dem Schüler*innen sich ihre Gedichte vortragen und gemeinsam daran arbeiten. Ziel ist es, diese bei einem großen New Yorker Poetry Slam vorzutragen. Xiomara kann allerdings an den Treffen nicht teilnehmen, da sie zu der Zeit im Religionsunterricht ihrer Kirche ist.
Es geht als, grob zusammengefasst, um erste Liebe, Probleme mit dem eigenen Körper und Männern, die diesen interpretieren und bewerten, Familienprobleme und konkret einen Mutter-Tochter-Konflikt, und schwindenden Glauben an Gott. Das Thema Homosexualität wird ebenfalls angerissen, aber nicht weiter vertieft.
Das besondere an diesem Buch ist nun, dass es im Stil von Poetry Slams geschrieben ist. Die Gedichte reimen sich also nicht, aber sind formal auffällig. Mit diesem Stil kann ich ehrlich wenig anfangen, auch wenn einige Seiten gut gemacht waren. Es gab auch einige Zeilen, die ich wirklich toll fand. Im Großen und Ganzen haut mich das aber nicht vom Hocker. Stattdessen hat man sehr wenig Zeit mit den Charakteren und ihren Geschichten - am Ende habe ich kaum 4 Stunden am Buch gelesen. Dadurch hat mir doch manchmal auch die Tiefe in der Handlung gefehlt und manche Dinge werden übersprungen oder nur in Ausblick gestellt.
Dennoch sehe ich, dass dies ein wichtiges Buch für junge Mädchen und Menschen ist. Es geht um die Emanzipation von den Eltern und um Probleme, die mit der Pubertät unweigerlich aufkommen. Aber es geht auch im die Probleme, die sehr spezifische Gruppen treffen, zum Beispiel Kinder von sehr gläubigen Eltern. Und ich fand die Auflösung am Ende gut gelungen und realistisch. Dennoch habe ich mir einfach mehr Tiefe gewünscht - oder auf eine andere Weise.
Negativ bewerten würde ich die deutsche Übersetzung. Ich denke, manche Dinge lassen sich einfach nicht gut ins Deutsche übertragen, aber manches war tatsächlich auch falsch übersetzt. Auch die Übersetzung eines Textes, der auch in Spanisch abgedruckt war, war mehr als frei, was mich vermuten lässt, dass hier die englische Übersetzung nochmals ins Deutsche übersetzt wurde. Die Übersetzung hat dazu geführt, dass das Buch mir noch weniger gefallen hat. Die beste Variante ist vermutlich das englische Hörbuch, das von der Autorin selbst gelesen wird.
Alles in allem handelt dieses Buch also von wichtigen Themen der Pubertät und ist für diese Zielgruppe sicherlich auch sehr wichtig. Ich selbst habe mich aber doch häufig durch das Format des Textes distanziert gefühlt und konnte mit den Charakteren nicht immer gut mitfiebern. Das Buch ist doch sehr kurz, wenn man die Zeit betrachtet, die man zum Lesen braucht. Aber das sind alles persönliche Gründe und jeder sollte sich das Buch einfach mal anschauen. Wirklich kritisch fand ich nur die deutsche Übersetzung - da sie von einer Poetry Slammerin gemacht wurde und nicht von einer professionellen Übersetzerin.
Kennt ihr das Buch schon? Was denkt ihr darüber?
Bis bald,
Eure Kitty Retro
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