Hallo meine Lieblingsleser,
heute soll es um ein Buch gehen, bei dem ich immer ein wenig Angst hatte es zu lesen. Viele Leute lieben es, aber einige finden es auch total bescheuert, und die häufigste Kritik ist wohl, dass die Autorin keine Anführungszeichen nutzt. Ich wusste einfach nicht, ob dieses Buch etwas für mich ist, da ich inzwischen auch etwas älter bin als die Protagonisten. Dann habe ich es aber zum Geburtstag bekommen und wollte mich nun nicht länger davor drücken.
Die Fakten:
- Autor: Sally Rooney
- Titel: Normal People (dts. Normale Menschen)
- Erschienen: 2018
- Verlag: Faber & Faber
- Seiten: 266
- Preis: 8,99 Euro
- Klappentext: "Connell and Marianne grow up in the same small town in the west of Ireland, but the similarities end there. In school, Connell is popular and well-liked, while Marianne is a loner. But when the two strike up a conversation - awkward but electrifying - something life-changing begins."
Zur Handlung: Connell ist sehr auf sein Ansehen in der kleinen Community in Irland, in der er lebt, fokussiert und möchte gern von allen gemocht und respektiert werden. Das gelingt ihm als guter Schüler und talentierter Sportler auch. Er hat viele Freunde und einige Verehrerinnen. Was niemand wissen soll, ist, dass seine Mutter für Marianne's Familie putzt und Connell daher immer wieder auf Marianne trifft.
Marianne dagegen schert sich nicht um ihr Ansehen in der Schule. Sie ist unglaublich schlau und hält sich daher für besser als alle anderen. Doch Connell findet sie spannend, und während er auf seine Mutter wartet, die er nach Feierabend abholt, beginnt Marianne Gespräche mit ihm, die meist nicht weit führen. Doch auch Marianne hat ein großes Geheimnis: sie will nicht, dass jemand merkt, wie schlecht sie in ihrem eigenen Zuhause behandelt wird.
Dieses Buch folgt hauptsächlich der komplizierten Beziehung von Marianne und Connell. Dabei betrachten wir schlaglichtartig verschiedene Momente, die meistens ein paar Monate auseinanderliegen, sodass wir in dem recht kurzen Buch doch einige Jahre abdecken. Zu Beginn sind beide noch in der Oberstufe, am Ende geht es darum, was nach dem Bachelorstudium geschieht. Ich bin ja nicht so Freund von Zeitsprüngen, aber der Erzählstil hat trotzdem ganz gut funktioniert.
Marianne als Hauptfigur kann ein bisschen anstrengend sein, gerade am Anfang hält sie sich für sehr überlegen und man weiß nicht so richtig, was mit ihr los ist. Nach und nach erfährt man aber immer mehr darüber, unter welchen Umständen sie aufgewachsen ist, und dass eine reiche Familie keine gute Familie sein muss. Das fand ich dann schon sehr verstörend und wollte einige Charaktere auch gern schlagen. Wo ist Will Smith, wenn man ihn braucht? Trotzdem fand ich es schwierig zu verstehen, warum sich Marianne nie um Selbstständigkeit bemüht, gerade weil sie so eine schlimme Situation hat. Ich will hier nicht zu viel spoilern, aber sie ist einfach sehr passiv, und das macht auch Sinn, aber ist dennoch frustrierend mit anzusehen.
Connell ist dagegen mit seiner alleinerziehenden Mutter aufgewachsen, die sehr schlau und auch liebevoll ist und ihn meines Erachtens gut erzogen hat. Er hat seinen Platz in der Gemeinschaft dieser kleinen Stadt und ist angesehen. Doch die Bekanntschaft mit Marianne öffnet in ihm ein Verlangen vielleicht aus diesem Bahnen auszubrechen. Auf dem College merkt er dann aber, dass er da nicht hinpasst mit seinem sozialen Hintergrund. Trotzdem zeigt er schulisch Höchstleistungen. Auch er hat gegen Ende des Buches ein paar Probleme, die er aber progressiv angeht. Er ist der aktivere Part, was ihn allerdings nicht davor bewahrt manchmal ein Trottel zu sein.
Die Beziehung der beiden ist ein einziges Hin und Her, und darauf sollte man eingestellt sein. Das ist hier ist keine typische Romanze, wo am Ende dann alles gut ausgeht. Die Fehlkommunikation zwischen den beiden ist teilweise auch unglaublich frustrierend. Gleichzeitig sind das hat Leute Anfang 20, die keine Ahnung vom Leben haben, und das merkt man. Nun bin ich sehr froh, diese Phase hinter mir zu haben, und mag nur selten daran erinnert werden.
Ein Fokus des Buches liegt auf mentaler Gesundheit. Bei Marianne sehen wir die (selbst-)zerstörerischen Effekte, die Depressionen mit sich bringen können, was sich auch in ihrem Essverhalten niederschlägt. Aber auch ihre Beziehungen abseits von Connell sind von ihrem schlechten Selbstwertgefühl und ihrer Vergangenheit der Demütigung geprägt. Das ist nicht immer leicht zu lesen, da sie sich immer wieder selbst in Situationen bringt, die absolut ungesund sind, oder diesen nicht zu entkommen versucht. Connell dagegen leidet später im Buch an Angstzuständen und sucht sich dafür dann auch professionelle Hilfe. Allerdings muss ich sagen, dass dies jetzt nicht als etwas Positives oder Erfolgreiches dargestellt wird. Daher würde ich das Buch niemandem empfehlen, der selbst mit seiner mentalen Gesundheit hadert. Ich habe das Buch als triggernd empfunden und war froh, dass ich mental gerade in einem recht guten Zustand bin.
Was ich von dem Buch stärker erwartet hatte, war die Auseinandersetzung um Klasse. Marianne, die reiche Tochter, Connell, der arme Sohn. Leider bleiben solche Diskussionen absolute Randphänomene, die sich auch meist nur auf "Schämst du dich für mich?" oder "Vielleicht bist du nicht gut genug für sie" beschränken. Dabei kämpft Connell sehr stark damit, dass er am College nicht reinpasst durch seine Herkunft, aber es wird nie groß genutzt für eine Auseinandersetzung mit dem Thema. Es ist eher der Grund, warum er sich seltsam verhält oder kein Selbstvertrauen in manchen Momenten hat.
Mein Lieblingscharakter war dann Connells Mutter, die nicht nur die besten Sätze im Buch sagt und manchmal mit sehr viel Geduld sehr dumme Sachen von Connell anhört. Ganz ehrlich, ein Buch über sie hätte mir 10x besser gefallen, sie hat bestimmt einiges zu erzählen. Stattdessen kriegen wir diese beiden weinerlichen, wenn auch teilweise echt traumatisierten Kiddies.
Der Schreibstil des Buches war mir sehr angenehm. Es war leicht zu verstehen und zu folgen, und mir haben auch die Anführungszeichen jetzt nicht gefehlt. Das kann man sich alles über den Zusammenhang erschließen. Trotzdem muss man bei dem Buch einfach sagen, dass häufig Form über Substanz geht, und dieses Buch durch seinen Ausdruck und die angerissenen Themen versucht mehr zu sein, als es ist.
Kann ich das Buch jetzt weiterempfehlen? Nicht wirklich. Ich glaube, diejenigen, die es interessiert, haben es inzwischen gelesen oder die Serie geschaut. Und viele Leute interessiert so eine Geschichte nicht, und das finde ich total nachvollziehbar. Ich bin froh, dass ich es gelesen habe, und mir haben Teile auch gut gefallen, aber einiges bleibt einfach sehr flach. Es ist eben ein Buch für Millenials.
Habt ihr das Buch gelesen? Was waren eure Gedanken dazu?
Bis bald,
Eure Kitty Retro
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