Hallo meine Historienfreunde,
man kann wohl sagen, dass Bücher über die Titanic insofern langweilig sind, als dass man ja weiß, was am Ende passiert. Auf der anderen Seiten kann dies eine ganz besondere Spannung erzeugen, denn während die Charaktere ihr Leben leben und ihre Ziele verfolgen, wissen wir, dass die Uhr tickt. Konnte dieses Buch mich also überzeugen, oder habe ich nur darauf gewartet, dass das Schiff sinkt?
Die Fakten:
- Autor: Stacey Lee
- Titel: Luck of the Titanic
- Erschienen: 2021
- Verlag: G. P. Putnam's Sons
- Seiten: 361
- Preis: 11,99 Euro
- Klappentext: "Valora Luck has two things: a ticket for the biggest and most luxurious ocean liner in the world, and a dream of leaving England behind and making a life for herself as a circus performer in New York. Much to her surprise, though, she's turned away at the gangway: apparently, Chinese people aren't allowed into America. But Val has to get on that ship. Her twin brother, Jamie, who has spent two long years at sea, is on board, as is an influential circus owner. Thankfully, there's not much a trained acrobat like Val can't overcome when she puts her mind to it. As a stowaway, Val should keep her head down and stay out of sight. But the clock is ticking and she has just seven days as the ship makes its way across the Atlantic to find Jamie, audition for the circus owner, and convince him to help get them both into America. Then one night, the unthinkable happens, and suddenly Val's dreams of a new life are crushed under the weight of the only thing that matters: survival."
Zur Handlung: Valora ist ein junges chinesisch-britisches Mädchen mit großen Träumen. Nachdem ihr Vater verstorben ist, will sie unbedingt ihren Zwillingsbruder Jamie wiederfinden und mit ihm ein neues Leben beginnen. Er ist die einzige Familie, die sie noch hat. Sie sieht ihre Chance, als ihre Chefin, eine ältere Dame, beschließt Tickets für die Titanic zu kaufen. Valora weiß, dass ihr Bruder auch an Board des Schiffes ist.
Es gibt nur ein Problem: ihre Chefin verstirbt, bevor die Titanic in See sticht. Trotz ihrer Maskerade gelingt es Valora nicht, auf legitimen Weg auf das Schiff zu kommen. Also muss sie den Weg nehmen, den sie seit ihrer Kindheit perfekt beherrscht: den akrobatischen Weg. Ihr gelingt das Unmögliche - sie ist auf dem Schiff und muss nun irgendwie ihren Bruder finden und ihren Traum wahr machen.
Der Anfang des Buches ist recht spektakulär und hat mich direkt auch ein bisschen an den Film Titanic erinnert, denn wir folgen einer Figur auf das Schiff, die da gar nichts verloren hat. Valora jedoch wählt einen etwas aufregenderen Weg. Mithilfe einer unbekannten jungen Frau kann sie sich schließlich sogar in das teure Zimmer ihrer verstorbenen Chefin schleichen - und wird schließlich auf Umwegen zur Stilikone.
Ihr könnt also erahnen, es ist viel los in dem Buch, und ich habe mich von Anfang an gut unterhalten gefühlt. Valora als Hauptfigur ist abenteuerlustig, draufgängerig und manchmal auch ein bisschen unmenschlich. So sind ihre Verkleidungen dann doch ein bisschen zu gut um wahr zu sein. Aber wenn man darüber hinwegschauen kann, dann hat man viel Spaß mit ihr. Sie weiß, was sie will, und sie kämpft dafür mit allem was sie hat.
Ihr Zwillingsbruder Jamie dagegen ist eher der bodenständige, durchdachte und auch ruhige. Ich mochte, wie die beiden sich ergänzt haben. Im Buch wird das auch mit Yin und Yang verglichen. Besonders gut fand ich, dass zwar darauf verwiesen, dass Yin eher als weiblich und Yang als männlich gesehen wird, dass die beiden aber genau anders herum sind - Jamie ist das Yin und Val das Yang.
Zusammen mit Jamie lernen wir eine ganze Crew von chinesischen Arbeitern kennen. Diese reicht von kleinen Kindern bis hin zu älteren Männern. Besonders ist dabei Jamies bester Freund, mit dem auch Valora sofort eine Bindung spürt. Hier ergeben sich auch ein paar romantische Gefühle, die ich gut dargestellt fand für die Situation. Aber auch die anderen schließen wir mit Valora ins Herz - was natürlich nicht gut gehen kann, da wir wissen, wie alles enden muss.
Valora freundet sich außerdem mit zwei jungen Frauen aus der ersten Klasse an. Einerseits ist da ein Mädchen, das ein Auge auf Jamie geworfen hat und zur Mitwisserin wird. Andererseits haben wir die Unbekannte, die Valora aufs Schiff hilft und sie dann überredet, als geheimnisvolle Witwe die Kleider zu tragen, die sie designt. Das war vielleicht ein bisschen ein unnötiger Sub-Plot, aber ich mochte die junge Frau sehr. Nicht zuletzt, weil sie lesbisch ist und dies auch mehr oder weniger offen lebt.
Natürlich gibt es dann viel Rumgeschleiche auf dem Schiff, Wechsel von erster zu dritter Klasse und zurück, Verstecken und Verkleiden. Hier muss man dann einfach ein bisschen mitgehen und nicht alles hinterfragen. Dann kann man auch Spaß damit haben. Ein bisschen Länge hatte das Buch in der Mitte für mich dann schon, da es dann einen Teil gibt, wo eher geredet wird und wenig passiert. Aber dafür ging es dann am Ende hoch her.
Was das Buch gut aufgreift, sind die Themen Migration und Familie. Da die Zwillinge einen chinesischen Vater haben, haben sie Ausgrenzung erlebt und tun dies immer noch. Sie wissen, dass sie die USA nicht betreten dürfen, wenn das Schiff landet. Dort gibt es nämlich ein Einreiseverbot für Chinesen. Aber auch ihre Familiengeschichte ist dadurch geprägt. Die Mutter wurde von ihrer Familie quasi verstoßen, als sie ich für einen chinesischen Mann entschieden hat. Diese Wahl hat aber für sie noch viel mehr Einschränkungen bedeutet, denn nicht nur die Ethnie ihres Mannes, auch seine Wesenart haben das Leben der Familie stark beeinflusst.
Das wird vor allem zwischen Jamie und Valora diskutiert, denn während Valora ihren Vater immer bewundert und geliebt hat, hegt Jamie ganz andere Gefühle. Er macht seinen Vater vielmehr für den Tod der Mutter verantwortlich, und auch dafür, dass die Zwillinge schon als Kinder dauernd in Parks für Trinkgeld als Akrobaten auftreten mussten, um die Familie irgendwie über Wasser zu halten. Valora sieht ihren Vater als Visionär, Jamie sieht ihn als Träumer. Das fand ich eine spannende Diskussion.
Darüber hinaus wissen wir natürlich, irgendwann kommt der Moment, wo das Schiff sinkt. Der kommt auch. Ab da wollte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen, denn natürlich wollte ich keinen der liebgewonnenen Charaktere im eisigen Wasser sterben sehen. Wie es dann genau ausgeht, das müsst ihr selbst herausfinden. Ich fand das Ende durchaus mutig von der Autorin, aber es hat dann doch nicht die Gefühle ausgelöst, die ich erwartet hatte. Ob das daran lag, dass dann doch irgendwie alles so chaotisch und schnell und zugleich zäh war am Ende - vermutlich so wie der Untergang wirklich war - oder ob ich einfach dann doch zu viele Lesepausen einschieben musste, weil mein Leben zu stressig war, keine Ahnung. Aber vielleicht geht es euch da auch anders.
Alles in allem empfehle ich das Buch, wenn ihr gern abenteuergeladene Bücher über interessante Charaktere lest. Ihr solltet darüber hinwegsehen können, wie gut sich Valora verkleiden und hin und her switchen kann. Und natürlich solltet ihr für das Ende vorsichtshalber Taschentücher bereitstellen. Aber mir hat das Lesen Freude bereitet und am Ende war es auch einfach super spannend.
Habt ihr denn schon Bücher über die Titanic gelesen?
Bis bald,
Eure Kitty Retro
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