Hallo meine Lieblingsleser,
für den Magical Readathon im letzten Monat hatte ich eine Leseaufgabe, die mir sehr schwer gefallen ist: ein Buch mit einem Schild auf dem Cover. Nach vielem Stöbern in meinen Regalen habe ich dann dieses Buch gefunden, dass ich vor Jahren aus dem Bücherregal meiner Mutter stibitzt hatte. Und es passte einfach perfekt.
Die Fakten:
- Autor: Gretel und Wolfgang Hecht
- Titel: Deutsche Heldensagen
- Erschienen: 1969
- Verlag: Insel-Verlag
- Seiten: 409
- Preis (einer aktuellen Ausgabe): 16,00 Euro
- Klappentext (einer aktuellen Ausgabe): "Ob Dietrich von Bern oder Wieland der Schmied, ob Walther und Hildegunde oder Hilde und Kudrun: »Die Gestalten der großen deutschen Heldensagen sind keine Individuen, keine Charaktere im modernen Sinne des Wortes.« Die Sagen selbst gehören aber zum Kanon der überlieferten Weltliteratur, auch wenn wir ihre Autoren nicht kennen. Die »Recken« mit ihren mythischen Waffen und Tarnkappen eignen sich nicht als moralische Vorbilder oder nationale Heroen, ihre Geschichten, Kämpfe, Intrigen und Liebeswirren erzählen vielmehr beispielhaft von der menschlichen Sehnsucht nach Ruhm, Liebe und Anerkennung."
Meine Meinung zu den einzelnen Sagen:
- Dietrich von Bern
Die ersten 90 Seiten füllen die Geschichten rund um Dietrich von Bern, wir beginnen die deutschen Sagen also im heutigen Italien (denn Bern steht wohl für Verona). An sich mag ich den Schreibstil und die distanziertere Erzählweise von Sagen. Allerdings ist es inhaltlich teilweise nur zum Lachen, teilweise macht es aus heutiger Sicht überhaupt keinen Sinn, vor allem wenn man alle Geschichten nacheinander liest. Vor Jahrhunderten wurden diese Sagen ja sicherlich in einzelnen Episoden erzählt, und so mussten sie inhaltlich nicht übergreifend Sinn machen. Es gibt so viele Personen, die Dietrich erst hasst, dann zu seinen treusten Gefährten macht, und einige davon sind dann wiederum Verräter und Dietrich tötet sie. Die Rolle von Frauen ist auch völlig haarsträubend und erklärt viel, womit wir uns heute noch herumschlagen. So ist eine Königin, die ihren Verehrer ausschickt, um Dietrich an ihren Hof zu holen, damit sie den Helden persönlich treffen kann, und dem sie ihre Hand verspricht, wenn er erfolgreich ist, natürlich schuld an dessen Tod, nicht Dietrich, der den anderen mit dem Schwert tötet. Und Dietrich reitet auch mit dem Kopf extra nochmal zu dem Hof, tötet auch noch den Bruder des anderen, um der Königin zu sagen, dass sie ihren Verehrer getötet hat.... klar. Auch das Heldenhafte hat mich in so vielen Momenten die Augenbrauen hochziehen lassen: ein Dorf von einem Riesen befreien, der es tyrannisiert, ist nicht ehrenvoll genug, lieber einen anderen Helden sonstwo zum Kampf auffordern. Soll das Dorf doch sehen, wo es bleibt. Auch die Rückeroberung seines Reiches macht absolut keinen Sinn. Dietrich gewinnt eine große Schlacht, danach verschwindet er für 30 Jahre zu den Hunnen und lässt sein Volk weiter unter den Besatzern leiden, bis alle seine Mannen getötet sind und er beschließt nach Hause zu gehen, weil hier ist ja jetzt nix mehr für mich... Ähhhh... ja, also diese Geschichte zeigt mir vor allem, dass die Mächtigen und Berühmten schon immer machen konnten, was sie wollten, und die Helden ihrer Geschichte waren. Ich denke, das ist für mich eine 2-Sterne-Geschichte.
- Die Nibelungen
Die nächsten fast 100 Seiten widmen sich dem Nibelungenschatz. Diese Geschichte kannte ich in Grundzügen schon, und während sie durchaus stringenter ist als die vorhergehende Sage, haben wir doch die gleichen Themen von mächtigen Männern, die immer Helden sind, egal was sie tun, und Frauen, die nie im Recht sind, egal was ihnen angetan wurde. Wie sich der Hass von Brünhild auf Kriemhild fokussiert, obwohl ihr Ehemann und Siegfried sie betrogen und ihre Freiheit und ihr Reich genommen haben... wie die Brüder Kriemhilds zu einem Lehensmann wie Hagen halten, der das Leben ihrer Schwester zerstört... da muss man eben Lust drauf haben. Auch gab es hier ein bisschen zu viele Charaktere, sodass ich dann doch bei den Unwichtigeren den Überblick verloren habe. Trotzdem würde ich der Sage noch 3 Sterne geben.
- Wieland der Schmied
Ok, diese Sage von rund 30 Seiten ist wirklich die ekelhafteste bisher. Wir folgen Wieland, der der Vater von Witege ist, den wir bereits aus der vorherigen Sage kennen, und auch seine Waffe und sein Pferd kommen hier bereits vor. Ich fand es daher ein wenig seltsam, dass die Sage jetzt erst im Buch ist und sie nicht chronologisch sind. Was diese Geschichte so eklig für mich macht, ist, dass die Rache Wielands daraus besteht zwei Kinder zu ermorden und eine junge Frau zu vergewaltigen, die dann für das Happy End natürlich noch seine Ehefrau wird. Da kann ich nur 1 Stern geben.
- Walther und Hildegunde
Diese mit etwa 30 Seiten auch eher kurze Sage fängt eigentlich ganz gut, wir ahnen schon eine Liebesgeschichte im Kern des Ganzen. Leider verliert sie sich dann aber am Ende in eine Aufzählung, wer jetzt wen wie tötet. Hier bekommt man allerdings eine andere Sicht auf Hagen als im Nibelungenlied, deswegen frage ich mich auch hier, warum die Anordnung der Sagen nicht chronologisch geschehen ist. Ich gebe 3 Sterne.
- Ortnit und Wolfdiertrich
Mit etwa 70 Seiten ist diese Sage wieder etwas länger. Diese Geschichte hat mir tatsächlich ganz gut gefallen, auch wenn die Struktur etwas seltsam ist, da wir erst von einem Königreich, dann von einem anderen Königreich lernen. Aber immerhin gab es (fast) keine Vergewaltigung (immerhin eine aus Mitleid???) und die Frauen wurden auch nicht für Dinge verteufelt, die sie nicht getan haben. Auch mit den Drachen und so fühlte es sich einfach nach der Art Sage an, die ich hier eigentlich suche, deswegen gebe ich 4 Sterne. Mir ist allerdings nicht ganz klar, wann diese Geschichte zeitlich spielt, weil es glaube ich schon Verbindungen zu den anderen gibt, zumindest mit dem Schauplatz des Lampartenlandes?
- Hilde und Kudrun
Und die letzte Sage nochmal etwa 60 Seiten. Diese letzte Geschichte mochte ich, da sie sich viel stärker um Frauen dreht als die anderen. Allerdings ist sie auch unglaublich repetititv, vor allem, wenn man vorher schon die Geschichten über alle entführten Jungfrauen und ihre sturen Väter gelesen hat. In dieser Geschichte werden nämlich gleich zwei Frauen entführt, weil ihre Väter sie nicht verheiraten wollen. Da ich mich leider dann doch sehr gelangweilt habe, weil alles so nach Schema F läuft, gebe ich 3 Sterne.
Insgesamt kann ich es nicht empfehlen, diese Sagen so wie ein anderes Buch zu lesen. Es ist extrem repetitiv, weil die Motive immer wieder die gleichen sind, nur mit verschiedenen Charakteren und Orten. Aber es war schon trotzdem interessant, es bisschen darüber zu lesen, und vor allem die Anmerkungen der Autoren am Ende haben mir sehr gut gefallen. Ich hätte mir gewünscht, dass diese entweder als Vorwort oder als Notizen zu den einzelnen Sagen direkt im Buch gestanden hätten.
Wie steht ihr denn zu alten Sagen? Total spannend oder alt und verstaubt?
Bis bald,
Eure Kitty Retro
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