Diesen Blog durchsuchen

Donnerstag, 28. September 2023

Radikale Zärtlichkeit


Hallo meine Lieblingsleser,

ich stelle euch schon wieder ein Buch vor, direkt nachdem ich es beendet habe. Wer bin ich? Dieses Buch war ein Geschenk und das Cover allein ist schon so toll. Ich war sehr gespannt darauf, wie die Themen Zärtlichkeit, Liebe und romantische Beziehungen hier aufgearbeitet werden. Von der Autorin hatte ich noch nichts gehört oder gelesen, also eine Überraschung.

Die Fakten:

  • Autor: Şeyda Kurt
  • Titel: Radikale Zärtlichkeit
  • Erschienen: 2021
  • Verlag: Harper Collins
  • Seiten: 216
  • Preis: 18,00 Euro
  • Klappentext: "What is love? Ist die Liebe Sinn des Lebens, eine politische Allianz, Illusion oder Selbstzweck? Oder ist sie gar unmöglich, weil wir uns zwischen Zukunftsängsten, überhöhten Ansprüchen und diskriminierenden Strukturen völlig zerreiben? Şeyda Kurt nimmt unsere allzu vertrauten Liebesnormen im Kraftfeld von Patriarchat, Rassismus und Kapitalismus auseinander - und erforscht am Beispiel ihrer eigenen Biografie, wie traditionelle Beziehungsmodelle in die Schieflage geraten, sobald sich bei sicher geglaubten Wahrheiten Zweifel auftun. Wie also wollen wir wirklich lieben? Wen und wie viele? Wie kann er aussehen, ein radikaler Neuentwurf der Zärtlichkeit?"

Es handelt sich hier also um ein nichtfiktionales Werk, dass sich mit Zärtlichkeit und Liebe aus der Sichtweise einer umfassenden Kapitalismuskritik beschäftigt. Es ist keine wissenschaftliche Auseinandersetzung (auch wenn im Klappentext von Forschen geschrieben wird), aber es wird auf viele wichtige Texte und Autorinnen Bezug genommen, vor allem aus dem philosophischen und sozialwissenschaftlichen Bereich. Dadurch kann das Buch auch gute Anreize geben, wo man weiterlesen kann, wenn man denn möchte.

Die Autorin ist in Deutschland geboren, doch ihre Großeltern stammen aus der Türkei. Dadurch schreibt sie nicht nur aus einer weiblichen Sichtweise, sondern auch mit einem besonderen Fokus auf Rassismus. Sie lässt ihre eigenen Erfahrungen zum Thema einfließen, sowohl aus ihrer eigenen Beziehung als auch aus der Beziehung ihrer Eltern. Dabei war vor allem die Scheidung der Eltern für sie ein Moment, in dem viele feste Wahrheiten zu Liebe und Beziehung plötzlich ins Wanken gerieten. Es ist eine sehr spannende Perspektive, um sich diesem Themenfeld zu nähern, und ich habe gern darüber gelesen.

Neben dem Blick auf die Eltern lässt die Autorin aber auch einige Beispiele aus der türkischen Popkultur einfließen, so zum Beispiel Filme, die in den 60/70er Jahren in Istanbul gedreht wurden. Ich fand diese Beispiele sehr erfrischend, weil sie auch einen interessanten Kontrast zu heutigen Hollywood-Produktionen bilden und teilweise ganz offen gefragt haben, was Liebe denn nun eigentlich ist. 

Das Buch hat insgesamt neun Kapitel mit einigen Unterkapiteln. Die Struktur hat sich für mich allerdings nicht immer so klar ergeben. Besonders stark fand ich den Anfang des Buches, wo es um eine historische Einordnung unserer heutigen Vorstellungen von Liebe vor allem auch anhand von philosophischen Strömungen ging. Da war auch einiges dabei, das ist nicht wusste. Auch ihr Blick auf Monogamie und die rassistischen Vorstellungen zu Nicht-Monogamie fand ich sehr interessant. Danach fing das Buch dann aber an etwas auszufizzeln, ohne dass ich am Ende so den großen Knall erlebt habe, den das neue Konzept der radikalen Zärtlichkeit hätte auslösen können.

Ich glaube, die zweite Hälfte des Buches hat für mich dann einfach nicht mehr genug Neues gemacht, wie ich es mir gewünscht hätte. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass sie sich bei diesem Buch sehr stark auf einige wenige andere Schriften bezieht, sodass man sich teilweise beim Lesen fragt, warum man dann nicht einfach zu dieser anderen Schrift gegriffen hat. Da ist einerseits All About Love von bell hooks, und andererseits Warum Liebe Weh Tut von Eva Illouz. Ich habe beide Werke nicht in Gänze gelesen und kann deswegen hier keinen Vergleich anstellen, aber die Nummer der Bezüge und Zitate dazu war schon sehr auffällig.

Alles in allem hat mir das Buch aber gut gefallen. Ich habe einiges Neues gelernt, und werde sicher auch in Zukunft hier und da mal ein Kapitel nochmal lesen. Auch ist meine Neugier auf die anderen beiden genannten Bücher gestiegen. Ich finde, dass Şeyda Kurt hier ein sehr lesbares, durchaus radikales, aber trotzdem nachvollziehbares Buch über Liebe und Romantik geschrieben hat, das uns vermutlich allen gut tun würde zu lesen. Von mir gibt es also eine Leseempfehlung, wenn es euch interessiert.

Bis bald,
Eure Kitty Retro





Meine Bewertung:



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen