heute soll es um ein Jugendbuch gehen, dass ich in der Bibliothek entdeckt habe. Dieses Buch kannte ich aus englischsprachigen Videos und habe mich gefreut, dass es bereits auf Deutsch übersetzt wurde und Einzug in meine Bibliothek gehalten hat. Es stand zwar in der Kitsch-Mädchen-Sektion, andererseits wüsste ich auch nicht, wo man es sonst hinstellen könnte.
Die Fakten:
- Titel: Moxie - Zeit zurückzuschlagen
- Autor: Jennifer Mathieu
- Übersetzung: Alice Jakubeit
- Erschienen: 2018
- Verlag: Arctis Verlag
- Seiten: 345
- Preis: 16,00 Euro
- Klappentext: "Vivian hat die Nase voll. Von den blöden Kommentaren der Jungs während des Unterrichts. Von der absurden Kleiderordnung, die nur für Mädchen zu gelten scheint. Von den Lehrern, die nichts dagegen unternehmen. Aber vor allem hat Vivian es satt, den Mund zu halten. Angeregt durch einen alten Flyer ihrer Mutter, eines ehemaligen Punkrock-Riot-Grrrl, beschließt sie, etwas gegen die Ungerechtigkeit zu tun. Heimlich gestaltet sie ihren eigenen Flyer, MOXIE, und verteilt Kopien in ihrer Schule. Die Mädchen sind begeistert und tragen Vivians Botschaft weiter. Und auch Seth, der neue Junge an der Schule, ist schwer beeindruckt. Doch schon bald begreift Vivian, dass sie damit eine Revolution angestoßen hat, die ihr Leben ganz schön ins Wanken bringt..."
Zur Handlung: Viv geht es eigentlich gut. Sie hat tolle Freundinnen in der Schule, eine liebende Mutter, die alles für sie tut, macht keinen Ärger und hat gute Noten. Doch in letzter Zeit geht Viv die Welt ziemlich auf die Nerven, und das liegt nicht nur daran, dass ihre Großeltern immer wieder betonen, was für eine Musterenkelin sie ist. Ihre Mutter war da ganz anders in ihrem Alter...
Doch vor allem eine neue Schülerin, die sich den BS an der Schule nicht gefallen lassen will, inspiriert Viv schließlich, sich den alten Karton mit Relikten der "vergeudeteten Jugend" ihrer Mutter, Stifte und Papier zu schnappen und ihre Wut auf Papier zu bringen. Wie im Traum lässt sie Kopien ihres Werks anfertigen, verteilt diese morgens heimlich auf den Mädchentoiletten der Schule und beginnt damit eine kleine Revolution...
Über das Buch hatte ich viel Positives gehört. Dennoch bin ich mit gedämpften Erwartungen herangegangen, denn ich bin natürlich kein Teenie mehr und kann manchmal mit der Literatur auch nichts mehr anfangen. Die feministischen Untertöne haben mich dann aber doch gelockt. Zu Beginn liest sich das Buch auch wie ein klassisches Jugendbuch mit süßen Jungs, nervigen Jungs und Schulunterricht. Allerdings wurde das Buch besser und besser und konnte mein Herz am Ende erobern.
Viv ist ein ziemlich durchschnittlicher Teenager. Sie hat Freundinnen, davon eine beste Freundin Claudia, lebt schon ihr ganzes Leben in der Kleinstadt in Texas, findet den Unterricht meist langweilig und hat dennoch gute Noten, liebt ihre Familie und ist eher der brave, stille Typ. Damit kann mein Teenage-Ich sich auf jeden Fall identifizieren. Aber sie ist auch mehr und mehr genervt von bestimmten Praktiken und "Traditionen" ihrer Schule, was ich auch gut nachvollziehen kann. Ich denke, hier können sich viele (Mädchen) einfühlen.
Was mir sehr gut gefallen hat, ist, dass Vivs Zines (im Klappentext Flyer) tatsächlich abgedruckt werden. Auf vier Seiten lässt sie dann jeweils ihre Wut heraus und ruft zu kleinen Aktionen auf. Das erfüllt meiner Meinung nach eine sehr wichtige Funktion, denn in den Zines wird haarklein erklärt, warum manche Dinge, die vielleicht gar nicht so schlimm sind, eben doch sexistisch sind und die Geschlechtertrennung weiter aufrecht halten. Hier bekommt man also ein kleines 101 von Feminismus an ganz konkreten Beispielen.
Auf der anderen Seite mochte ich auch die Ideen, die Viv für die Aktionen hat. Es sind alles kleine Sachen, die niemandem schaden, und können zeigen, dass Protest ohne Gewalt, ohne Auge-um-Auge von statten gehen kann. Es wird ein friedliches, unterstützendes und gemeinschaftliches Bild von Feminismus gegeben. Hier geht es nicht darum, Männer zu hassen, sondern andere Frauen* zu unterstützen, ihnen zu helfen oder ihnen auch nur zu zeigen, dass es einem nicht egal ist. Außerdem wird ein inklusiver Feminismus vertreten, d.h. unabhängig von Hautfarbe, Klasse, etc, sind Mädchen willkommen, es wird aber auch thematisiert, dass das nicht selbstverständlich ist.
Mit Vivs Schwarm Seth bekommen wir zu den ganzen sexistischen Idioten noch einen Gegenpol. Als Charakter mochte ich ihn total und bin auch ein bisschen ins Schwärmen gekommen. Äußerlich zwar der klassische Mädchenschwarm ist er sich der sexistischen Praktiken bewusst und stellt sich gegen sie, indem er bei den Moxie-Aktionen teilweise mitmacht oder diese unterstützt. Dabei ist es aber nie so, dass er sich die Aktionen anreißt, sondern eher ein leises aber klares Zeichen der Solidarität. Dennoch macht auch er in Vivs Augen Fehler, und sie hat dann ein sehr schönes Gespräch mit ihrer Mutter, in dem es darum geht, dass Männer eben nicht alles verstehen können, was Frauen durchmachen, aber dass es eben auch um das Versuchen geht. Dass man ein guter Mensch sein kann, auch wenn man Fehler macht. Das fand ich ebenfalls eine schöne Message. Die Auseinandersetzung mit dem Thema und allgemein zu keimende Beziehung zwischen Viv und Seth fand ich gut umgesetzt.
Obwohl das Buch mit Kleinigkeiten beginnt wie dummen Sprüchen auf T-Shirts und ähnlichem, geht es doch auch um schwierige Themen wie sexuelle Gewalt und Nötigung. Einiges davon wird auch expliziter beschrieben, aber immer noch im Rahmen eines Jugendbuchs. Dennoch wollte ich hier eine Triggerwarnung aussprechen. Dadurch zeigt das Buch aber auch, wie aus Kleinigkeiten eine Kultur entstehen kann, in der Jungs denken, dass sie auch bei größeren Vergehen wie Grabschen und Nötigung ungeschoren davon kommen.
Am Ende liefert das Buch eine positive Aussicht, die nicht unbedingt kitschig ist, aber eben ein schönes Gefühl hinterlässt, wenn man die Buchseiten zuklappt. Ich hatte zumindest ein warmes Kribbeln im Bauch und den Wunsch, das Buch ganz schnell zurück in die Bibliothek zu bringen, damit das nächste Mädchen es lesen kann.
Mich hat das Buch also überzeugt und ich möchte es euch gern weiterempfehlen. Habt ihr schon davon gehört und es auf eurem Radar? Habt ihr es vielleicht sogar schon gelesen?
Bis bald,
Eure Kitty Retro
Meine Bewertung:
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen