dieses Buch habe ich schon letztes Jahr auf meiner Leseliste im Oktober gehabt, bin aber dann nie richtig in Stimmung dafür gewesen. Dieses Jahr musste es nun aber dran glauben. Frankenstein im Original hatte ich schon vor einigen Jahren gelesen, vielleicht sogar beim ganz ersten Scaralong. Daher passt diese Neuerzählung nun gut in den Oktober.
Die Fakten:
- Autor: Ahmed Saadawi
- Übersetzung: Jonathan Wright
- Titel: Frankenstein in Baghdad (Original in Arabisch)
- Verlag: Oneworld
- Erschienen: 2018 (Original: 2013)
- Seiten: 272
- Preis: 8,42 Euro
- Klappentext: "From the rubble-strewn streets of US-occupied Baghdad, the scavenger Hadi collects human body parts and stitches them together to create a corpse. His goal, he claims, is for the government to recognize the parts as people and give them a proper burial. But when the corpse goes missing, a wave of eerie murders sweeps the city, and reports stream in of a horrendous-looking criminal who, though shot, cannot be killed. Hadi soon realises he has created a monster, one that needs human flesh to survive - first from the guilty, and then from anyone who crosses its path."
Zur Handlung: Eine einsame alte Frau, ein Trunkenbold, der Möbel verkauft, und ein Journalist, der vor der Vergangenheit flieht. Diese drei verbindet der Frankenstein in Baghdad, ein sagenumwobenes Monster, dass ich an denen rächt, die wehrlose Menschen in den Tod geführt haben. Hadi, der Trunkenbold hat es erschaffen, aber Elishva, die einsame Frau, hat es zum Leben erwacht.
Mahmoud, dem Journalist, gelingt ein Interview mit dem Mörder, doch das zieht ihn nur auch noch mit tiefer hinab und das dunkle Schicksal einer Stadt im Krieg mit sich selbst. Doch gibt es dieses Monster tatsächlich, oder ist alles nur der Fantasie entsprungen, ein cleverer Coup?
Zu diesem Buch möchte ich nicht zu viel verraten, andererseits habe ich auch nicht das Gefühl, man könnte viel daran spoilern. Das Buch hat seinen ganz eigenen Erzählstil, es liest sich auf jeden Fall wie arabische Literatur, auch wenn Frankenstein eine Anleihe aus der europäischen Literatur ist. Ich war am Ende leider eher enttäuscht von dem Buch, aber lasst mich etwas ausholen.
Wir folgen drei Figuren in diesem Buch, was ich für die geringe Seitenzahl schon sehr sportlich finde. Vor allem geht es aber um Mahmoud, den Journalisten. Und das fand ich schade. Er ist karriereorientiert und himmelt seinen Chef sehr an. Gleichzeitig liegt er aber auch sehr viel schwitzend in seinem Hotelzimmer und beschwert sich auch gern über das Leben. Und er manövriert sich wunderbar in ziemlich dumme Situationen, wenn man das so sagen darf.
Spannender fand ich die Perspektive von Elishva. Ihre beiden Töchter sind nach Australien gezogen und leben nun da. Elishvas Sohn ist im Krieg verschwunden, aber sie glaubt daran, dass er noch lebt. Daher weigert sie sich Baghdad zu verlassen. Ihre Nachbarinnen sprechen ihr besondere Fähigkeiten zu, da Bomben immer nur dann explodieren, wenn Elishva nicht da ist. Sie spielt die geringste Rolle, aber ich fand ihre Kapitel auch am spannendsten. Sie ist außerdem christlichen Glaubens, was ich eine interessante Perspektive fand.
Hadi schließlich ist ein Lügner, Geschichtenerzähler und Trunkenbold. Er zieht Leute über den Tisch und keiner glaubt seine Geschichten. Ich mochte das bisschen Backstory, was man über ihn erfährt. Das ist dann auch der Ausgangspunkt der Geschichte, der Grund für das Monster. Das Ende fand ich dann etwas schnell für ihn, und irgendwie skurril, aber es lässt auch viele Interpretationen der Geschichte zu.
Das Setting hat mich am meisten fasziniert. Arabische Länder finde ich total spannend, vor allem aufgrund von Architektur, Geschichte und Natur. Daher ist Baghdad natürlich ein tolles Setting für meinen Geschmack. Mit Krieg, Selbstmordattentätern und losen Körperteilen wird es dann aber direkt weniger einladend, und das ist das Baghdad, das wir hier zu sehen bekommen. Mich faszinieren solche Bücher einfach und das fand ich sehr gut beschrieben und umgesetzt.
Das Monster selbst kommt auch an ein paar Stellen zu Wort. Hier wird es dann auch ein bisschen philosophisch, ein bisschen religiös, und ziemlich verwirrend. Fakt ist, das Monster rächt sich zunächst an denen, die den Körperteilen, aus denen es besteht, etwas angetan haben. Aber bestimmte Körperteile müssen ersetzt werden und nach einer Weile ist fraglich, woraus das Monster überhaupt noch besteht. Ich mochte das Gedankenspiel aber gleichzeitig war es auch ein bisschen viel.
Alles in allem hat mich das Buch etwas enttäuscht zurückgelassen. Durch den Schreibstil und die Kürze in Verbindung mit den wenigen Seiten haben ich zu keinem Charakter eine Verbindung aufgebaut. Gleichzeitig fühlt sich das Buch für mich sehr arabisch an in seinem Stil und hat mich an andere Bücher erinnert, die ich bereits gelesen habe. Es ist eben einfach ein bisschen anders als unsere anglo-amerikansich geprägte Literatur der Wahl. Was ich leider gar nicht gefunden habe, war der viel gepriesene Humor, ich glaube, dazu habe ich dann doch zu wenig verstanden an eventuellen Anspielungen und Ironien.
Werdet ihr das Buch lesen? Oder ist arabische Literatur nicht für euch?
Bis bald,
Eure Kitty Retro
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