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Sonntag, 22. November 2020

Stories of Your Life and Others


Hallo meine SciFi-Freunde,

diese Kurzgeschichtensammlung hat mich sehr gespannt gemacht. Soweit ich es sehen kann, ist diese Ausgabe gerade neu erschienen, aber an sich sind die Kurzgeschichten alle schon älter. Aufgeregt war ich vor allem, weil hier die Kurzgeschichte enthalten ist, die einen meiner absoluten Lieblingsfilme inspirierte: Arrival. Und ich dachte mir, wenn die anderen Geschichten so gut sind wie diese, was für eine geniale Sammlung wird das sein?!

Die Fakten:
  • Autor: Ted Chiang 
  • Titel: Stories of Your Life and Others
  • Erschienen: 2020 (erstmals 2014)
  • Verlag: Picador
  • Seiten: 338
  • Preis: 9,29 Euro
  • Klappentext: "With Stories of Your Life and Others, his masterful first collection, multiple-award-winning author Ted Chiang deftly blends human emotion and scientific rationalism in eight remarkably diverse stories, all told in his trademark precise and evocative prose. From a soaring Babylonian tower that connects a flat Earth with the firmament above, to a world where angelic visitations are a wondrous and terrifying part of everyday life; from a neutral modification that eliminates the appeal of physical beauty, to an alien language that challenges our very perception of time and reality, Chiang's rigorously imagined fantasias invite us to question our understanding of the universe and our place in it."

Zunächst sage ich etwas zu jeder Geschichte und dann gebe ich euch meine abschließende Bewertung:
  • Tower of Babylon
In dieser Geschichte über etwa 30 Seiten folgen wir Hillalum, einem Minenarbeiter, der mit seinen Kollegen nach Babylon kommt. Seit Jahrhunderten wird dort an einem Turm gebaut, der ein Tor zum Himmel werden soll. Inzwischen hat dieser Turm das Ende des Himmels erreicht, wo eine Granitdecke den Zugang zum Himmel verbirgt. Die Minenarbeiter sollen nun gemeinsam mit Baumeistern aus Ägypten einen Weg durch den Granit bahnen. Hillalum macht sich an die monatelange Reise den Turm hinauf und beginnt seine Arbeit. Was er am Ende findet, ist nicht das, was er gesucht hat. Ich liebe ja ein gutes Wüstensetting und ich mag diese Art die Geschichte vom Turm von Babel neu zu interpretieren. Außerdem entsteht in dieser Version ein ganz anderes Bild von Gott, der nämlich genau wusste, was für Menschen er da schuf. Und ich mochte die Darstellung der alten Techniken des Steinbearbeitens. Ich gebe der Geschichte 4 von 5 Sterne.
  • Understand
Diese Geschichte mit knapp 50 Seiten folgt einem ähnlichen Konzept wie der Film Lucy (2014). Allerdings würde der Autor das vielleicht nicht als Kompliment auffassen. Wir folgen einer Person, die eine Art Unfall hat und dadurch große Verletzungen im Gehirn erleidet. Mit einem neuen Medikament kann sie jedoch geheilt werden, denn dieses Medikament sorgt dafür, dass sich Neuronen neu bilden und neu verzweigen. Schnell zeigt sich jedoch, dass es Nebeneffekt der Behandlung ein rasanter Anstieg der Intelligenz ist. Ich fand es faszinierend, wie man der Geschichte mit der Zeit immer schlechter folgen kann, da der Protagonist so stark an Intelligenz gewonnen hat. Am Ende kann man kaum mehr greifen, was eigentlich geschieht. Am Ende geht es aber um die Frage, was könnte ein Mensch alles tun, wenn er seinen Verstand auf so eine erhöhte Ebene brächte... Ich gebe auch dieser Geschichte 4 Sterne. Im Anhang schreibt der Autor, dass dies die älteste Geschichte in der Sammlung ist.
  • Division by Zero
In dieser eher kurzen Geschichte von etwa 25 Seiten geht es um eine Mathematikprofessorin, der es gelingt zu beweisen, dass Mathematik inkonsistent ist, und die mit diesem Wissen nicht mehr weiterleben kann. Ich muss sagen, diese Geschichte hat mir nur noch mehr gezeigt, dass ich Mathe einfach nicht mag - für mich ist das abgehobener Kram, der an den wahren Problemen der Welt vorbeigeht. Ich weiß, viele werden das anders sehen. Aber es ist einfach nicht für mich. Die Geschichte war trotzdem sehr interessant, aber ich fühle mich ein bisschen dumm für sie. Daher gebe ich sehr hohe 3 von 5 Sternen.
  • Story of Your Life
Ohne zu übertreiben kann ich sagen, dass dies die beste Kurzgeschichte ist, die ich je gelesen habe. Auf 70 Seiten entspinnt Ted Chiang eine Geschichte über "Aliens", die angelehnt vermutlich an den Klassiker War of the Worlds Heptapods genannt werden und zur Erde kommen. Aufgrund ihrer anderen Wahrnehmung der Welt gibt es für sie keine Unterscheidung zwischen Vergangenheit und Zukunft, und damit im klassischen Sinne auch keinen freien Willen. Wer Arrival gesehen hat, hat eine gute Vorstellung davon, worum es geht. Ich liebe alles an der Geschichte. Sprachlich ist sie spannend, da häufig Formulierungen verwendet werden wie "I remember [...], you will do [...]", was im Rahmen der Geschichte so viel Sinn macht. Inhaltlich finde ich die Diskussion total spannend, ob das Konzept von freiem Willen Sinn macht. Und es sind einfach so interessante Verknüpfungen mit Physik und Philosophie und Kognition und Sprache darin. Ich würde dieser Geschichte 100 von 5 Sternen geben.
  • Seventy-Two Letters
 In dieser ziemlich langen Geschichte werden Sprache, Mathematik und Magie miteinander verwoben. Der Hauptcharakter lebt in einer Welt, in der mit Sprache magische Dinge vollbracht werden können, allerdings nicht mit Sprache wie wir sie kennen, sondern mit einer hochanalytischen Sicht auf Sprache, die eher an Mathe erinnert. Dabei fühlt sich das Setting eher historisch an, was ich in Sci-Fi irgendwie cool finde. In dieser Welt nun gerät der Protagonist in eine Art Geheimgesellschaft, die die Menschheit mit dieser Technik retten möchte, denn ihr Aussterben steht kurz bevor. Ich fand die Geschichte total spannend und es wurden so viele wichtige Themen darin aufgeworfen. Ich gebe ihr 5 Sterne.
  • The Evolution of Human Science
 Diese sehr kurze Geschichte wurde für das Magazin Science geschrieben. Hierin beschäftigt sich Chiang mit der Frage, wie Wissenschaft in der Zukunft aussehen könnte, und welche Rolle der Mensch darin eigentlich noch spielen kann. Da ich selbst in der Wissenschaft arbeite, war seine Vision schon angsteinflößend, aber da die Geschichte so kurz ist, ist die Idee nicht sehr weit ausdifferenziert und als Leser kann man dann selbst weiterdenken. Ich gebe der Geschichte 4 Sterne.
  • Hell is the Absense of God
Diese Geschichte war schon namensgebend für eine Kollektion von Geschichten des Autors. Hier geht es um eine Welt, in der Engel tatsächlich zur Erde kommen und Segen verteilen. Allerdings sind diese Erscheinungen immer von Naturkatastrophen verbunden, sodass vielleicht 4 Personen geheilt werden durch den Engel, 10 aber verletzt und weitere 5 getötet werden. Wir folgen drei Protagonisten durch diese Welt und ich fand die Idee total spannend. Ich gebe der Geschichte 5 Sterne.
  • Liking What You See: A Documentary
 Diese letzte Geschichte ist wie ein Transkript einer Dokumentation gestaltet. Wir befinden uns in einer Welt, in der eine Technik es erlaubt, dass Menschen Gesichter zwar erkennen, aber nicht in ihrer Attraktivität bewerten können. Diese Technik heißt Calli umgangssprachlich. Wir folgen hauptsächlich einem Mädchen, dass in einer Schule aufgewachsen ist, in der alle Calli aktiviert hatten. Jetzt kommt sie ans College und denkt daran, Calli deaktivieren zu lassen, um zu sehen, wie die Welt "wirklich" aussieht. Gleichzeitig gibt es an dem College eine Initiative Studierender, um Calli für alle zur Norm zu machen. Das wollen aber bestimmte Industrien nicht zulassen. Ich fand diese Geschichte auch so interessant, vor allem weil sie bereits 2001 veröffentlicht wurde. Es geht um den Einfluss von Werbung und der Beauty-Welt auf unsere Vorstellungen von Attraktivität - ein Thema, dass mich auch aus wissenschaftlicher Sicht sehr interessiert. Es gibt aber von mir ganz persönlich Punktabzug, weil die Soziologie-Professorin in dieser Geschichte so blöd dargestellt wurde. Das kann ich nicht auf mir sitzen lassen. Daher 4 Sterne für diese Geschichte.

Zusammengefasst war dies ein unglaubliches Werk. Ich bin sehr froh, dass ich mir für die einzelnen Geschichten immer viel Zeit genommen habe und das Buch nicht hintereinander weg gelesen habe. Dadurch konnten die einzelnen Ideen wirklich wirken. Außerdem sind die Geschichten auch mit großen Time-Gaps geschrieben worden, sodass es Sinn macht, sie ein bisschen zu trennen. 

Die Geschichten sind alle völlig individuell, keine gleicht der nächsten, und alle Konzepte sind genial. Es gab nicht eine Geschichte, die mir nicht wenigstens ein bisschen gefallen hat, obwohl es natürlich ganz klare Favoriten gab. Besonders schön fand ich, dass am Ende des Buches zu jeder Geschichte ein kurzer Kommentar des Autors steht, wie die Geschichte entstanden ist und ähnliches. Ich kann nur sagen, dass Ted Chiang ein Meister des Sci-Fi-Genres ist, und ihr solltet diese Geschichten unbedingt lesen, wenn ihr das Genre interessant findet.

Kennt ihr den Autoren schon? Oder wusstet ihr gar nicht, dass Arrival auf einer Kurzgeschichte basiert? 

Bis bald,
Eure Kitty Retro





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