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Freitag, 18. Mai 2018

The Surface Breaks

Hallo meine Meerjungfrauen,

wenn ihr wie ich mit dem Originalmärchen der Kleinen Meerjungfrau aufgewachsen seid und den Disney-Film Arielle immer ein bisschen soft fandet, ist dieses Buch vielleicht das richtige für euch. Ich habe mir sehr darauf gefreut und das Buch daher auch direkt bestellt und gelesen, nachdem es veröffentlich war. Hat es sich gelohnt? Finden wir es zusammen heraus.

Die Fakten:
  • Autor: Louise O'Neill
  • Titel: The Surface Breaks - A Reimagining of The Little Mermaid
  • Erschienen: 2018
  • Verlag: Scholastic Childrens Books
  • Seiten: 309
  • Preis: 11,99 Euro
  • Klappentext: "The days of my childhood kept turning over; dissolving like sea foam on the crest of waves. I have been counting them, the days and the nights, the weeks, the months, the years. I have been waiting for this day... Deep benaeth the cold, stormy sea, Gaia is a mermaid who dreams of freedom from her controlling father. On her first swim to the surface, she is drawn towards a human boy. Gaia longs to join his carefree world, but how much will she have to sacrifice? What will it take for the little mermaid to find her voice?"

Zur Handlung: Wir alle kennen das Märchen der kleinen Meerjungfrau, auf die eine oder andere Weise. Doch wir kennen es nicht, wie es hier geschrieben wird. Hans Christian Andersen schrieb eine tragische Geschichte, Disney produzierte einen bunten, fröhlichen Film. Hier bekommen wir nun eine femistische Neuerzählung dieses Klassikers.

Gaia ist nicht glücklich in ihrer Welt. Meerjungfrauen seien nur dazu da, um schön auszusehen. Von ihrem herrischen Vater werden die sechs Schwestern dazu erzogen, immer still und hübsch zu sein, bloß nie zu widersprechen, und auf jeden Befehl eines Mannes zu reagieren. Gaia will mehr vom Leben, vor allem nachdem sie dem Schönling Oliver das Leben gerettet hat. Aber im Leben gibt es nichts geschenkt...

Als kleines Kind bin ich mit all den grausamen, schaurigen Märchen aufgewachsen, die Hans Christian Andersen geschrieben hat. Die kleine Meerjungfrau ist vermutlich eines der bekanntesten aus der Sammlung. Daher habe ich mich wahnsinnig auf dieses Buch gefreut. Dieses Jahr habe ich schon Almost Love von der Autorin gelesen, und ihr Schreibstil gefällt mir sehr gut.

Das Buch ist zunächst von außen wunderschön. Leider kam meine erste Kopie mit eingerissenem Schutzumschlag, nun habe ich aber ein perfektes Hardcover, das mein Regal nie mehr verlassen wird. Auch ohne Schutzumschlag ist das Buch sehr hübsch, dunkelblau und mit einem Schuppenmuster dekoriert, wie von einem Fisch. Also allein fürs Regal ist das Buch eine absolute Empfehlung.

In die Welt, die Louise O'Neill hier für uns kreiert, bin ich sofort abgetaucht. Ich liebe die Beschreibung des Meerreiches, die verschiedenen Schwestern von Gaia, und auch darüber hinaus die Schattenlande, in denen die Meerhexe herrscht. Alles wird sehr eingänglich beschrieben. Der Schreibstil ist einfach wunderbar. Ich war sofort in den Bann gezogen und konnte nicht mehr aufhören zu lesen.

Gaia als Hauptcharakter kann man gut verstehen. Sie ist jung und möchte die Welt sehen. Sie lebt unterdrückt von Männern, die teilweise auch vor sexuellen Übergriffen nicht Halt machen. Sie möchte diesem Leben unbedingt entkommen. Außerdem hofft sie, dass ihre Mutter, die an ihrem 1. Geburtstag verschwand, vielleicht doch noch am Leben ist. Gaia ist in der Öffentlichkeit die brave Tochter, doch es fällt ihr immer schwerer, sich an die mannigfaltigen Regeln ihres Vaters zu halten.

Die besten Nebencharaktere sind für mich die Meerhexe Ceto und Olivers Mutter. Ceto ist kurvig, aber schön, und vor allem ist sie sehr stark. Mental lässt sie sich von Männern nicht unterkriegen, und sie verfügt über magische Fähigkeiten, um sich den Meerkönig vom Hals zu halten. Sie erkennt, was mit Gaia los ist, und bietet ihre Hilfe an. Sie ist hier nicht das Monster oder die Bösewichtin, sondern ein wichtiger Ankerpunkt für die feministische Sicht auf die Geschichte. Olivers Mutter dagegen ist eine starke Frau, die sich in einen schwachen Mann verliebt hat. Sie leidet unter dem unverdienten Hass und den Stimmungsschwankungen ihres Sohnes. Doch auch sie lässt sich nicht unterkriegen und kämpft um das, was ihr wichtig ist. Über diese Figur wird aufgezeigt, wie schwer es Frauen in Positionen haben, die sie laut Männern nicht haben sollten. 

Die Männer in der Geschichte kommen dagegen weniger glorreich weg. Der Meerkönig ist eingebildet und herrschsüchtig. Gaias Verlobter ist absolut widerlich. Oliver ist verwöhnt und schwach wie sein Vater, ruht sich auf den Lorbeeren der Familie auf und badet in Selbstmitleid. Sein bester Freund ist ebenfalls ein ziemlicher Widerling, der den Fehler immer bei anderen sucht und nie bei sich selbst. Mehr möchte ich dazu gar nicht sagen, außer dass sich Gaia langsam all dieser Facetten bewusst wird, und an ihren Entscheidungen zu zweifeln beginnt.

Die Handlung weicht erst ganz am Ende von eigentlichen Märchen ab, auch wenn die Themen durchaus nicht immer gleich sind. Wer also eine große Überraschung erleben will, ist vielleicht enttäuscht. Dennoch gelingt es der Autorin, am Ende ihren eigenen Twist einzubauen. Das Mysterium um das Verschwinden von Gaias Mutter ist ein weiterer Punkt, der vielleicht noch etwas mehr Spannung erzeugt. Es geht aber in diesem Buch vor allem um das Wie, nicht das Was.

Würde ich diese Geschichte meinen imaginären Kindern vorlesen? Ich bin nicht ganz sicher. Die Geschichte ist mitunter blutig und verstörend. Wer aber das Gefühl hat, dass das Kind das abkann, kann es ja versuchen. Ich denke, da ist jedes Kind auch anders. Ich finde die feministische Sichtweise, die hier präsentiert wird, auf jeden Fall wichtig für die Erziehung. Und irgendwie bin ich ja auch mit dem Originalmärchen aufgewachsen, was gleichsam blutig war. Ich denke, vor allem ältere Kinder, Teenager und Erwachsene wissen dieses Buch zu würdigen. 

Alles in allem bin ich wirklich verliebt in das Buch. Es ist von außen betrachtet wunderschön, es ist zauberhaft geschrieben, die Charaktere haben für mich in ihrem Märchensetting Sinn gemacht, Gaia kann die Handlung auf ihren Schultern tragen und entwickelt sich im Laufe der Handlung zu einer reflektierteren Person. Die feministischen Denkanstöße fand ich gut eingebaut und passend für diese klassische Geschichte. Ich kann das Buch nur jedem empfehlen, der darüber nachdenkt, es zu kaufen.

Kennt ihr das Buch schon? Und wie steht ihr zu diesen alten grausamen Märchen?

Bis bald,
Eure Kitty Retro





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